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Der Weg zur Hölle

Der Weg zur Hölle

Titel: Der Weg zur Hölle
Autoren: Kaspar Dornfeld
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ausdenken zu müssen. Wir werden sehen. Aber wenn ich Ihnen noch einen letzten Rat geben darf: Besuchen Sie Venedig! Es ist fast schon Gesetz unter Geistern, einmal nach Venedig zu reisen. Sterben und Venedig sehen heißt es bei uns.«
    Damit ließ ich ihn stehen und flog davon. Ich habe Eduard Koss nicht wieder gesehen.
    *
    Einige Tage später streiften Arnulf Kesselbachers toter Hund und ich durch den Park.
    Medchenwunder war inzwischen aufgewacht, hatte aber darauf verzichtet, sich von seinem früheren Leben erzählen zu lassen. Auch eine Möglichkeit. Sollte er es sich je anders überlegen: Ich bin da. Ich bin immer da.
    Es hatte angefangen zu schneien, zum ersten Mal in diesem Herbst.
    Schnee kann ich nicht leiden. Er ist wie Regen, der versucht, schön zu tun. Aber heute war es mir egal.
    Ich ließ die großen Flocken, die auf die Erde fielen und sofort schmolzen, einfach durch mich hindurch fallen.
    Ich streckte sogar die Arme aus, während ich langsam durch den Park schwebte, der schwanzwedelnde Hund einen guten Meter hinter mir.
    Plötzlich hörte ich eine Stimme, die mir bekannt vorkam.
    »Urglh!«
    Ich sah herab und lächelte.
    Am Boden saß, in sich zusammen gekauert, Hans-Jochen Meyer, mein Wandertoter. Er war also nicht sehr weit gekommen.
    Er zitterte und starrte mich an.
    »Da bist du also«, sagte ich.
    Ich wollte gerade zu ihm hinschweben, als ein schwer besoffener, stinkender Mann heran geschwankt kam und sich mitten in mich hinein stellte.
    Mein Ex-Therapeut hat mal die Behauptung aufgestellt, dass es einen Zusammenhang gebe zwischen dem Charakter eines Lebenden und der Häufigkeit, mit der es ihm nach seinem Tod passiert, dass Menschen sich in ihn hinein stellen. Er meinte, nur Leute, die es immer zugelassen hätten, dass man auf ihnen herumtrampelt, seien anfällig für dieses Phänomen. An dem Tag habe ich ihm gesagt, dass nichts von dem, was er mir erzählt hat, jemals hilfreich gewesen sei. Er hat nur mit den Schultern gezuckt und gefragt, was ich denn auch von einem toten Reaktortechniker aus der Ukraine erwarte. In dem Moment beschloss ich, ihn in Zukunft nicht mehr aufzusuchen, und ich glaube, er war mir sogar dankbar dafür.
    Der Geruch des Säufers war widerlich, aber ich trat nicht zur Seite. Er sah nach oben, und die Schneeflocken rieselten ihm ins Gesicht.
    »Mach weiß«, brüllte er Himmel und Herrgott an. »Mach weiß! Mach hübsch hier!«
    Vielleicht bin ich jemand, auf dem zu seinen Lebzeiten immer herumgetrampelt worden ist. Und vielleicht sorgte das, was ich jetzt tat nur dafür, dass es noch mehr Geister wie meinen Ex-Therapeuten geben würde: boshaft und verbittert. Aber das war mir egal. Ich war ein Toter mit einer Aufgabe! Wie viele Geister können das wirklich von sich sagen?
    Ich schaute an mir herunter auf den stinkenden, abgerissenen und kaputten Penner in mir. Dann sah ich Meyer an, der genauso wenig ein intakter Mensch gewesen war. Nur dass es jetzt keine Rolle mehr spielte.
    »Sehe ich gut aus?«, fragte ich.
    »Urglh!«
    Durchaus eine passende Antwort.
    »Du kommst jetzt in den Keller. Und wenn du aufwachst, habe ich dir einiges zu erzählen.«
    Ich packte ihn und erhob mich weit in die Luft.
    »Besser wird's nicht«, sagte ich, pfiff den Hund heran und begann, Meyer in Richtung Marzahn zu schieben.
    »Besser wird es einfach nicht.«
    * * * * *

DANKSAGUNG
    Vielen Dank an Sumy, Willem, Vicky, Daniela, Sascha, Moni, Heiner, Doreen und Nico, für das Zusprechen von Mut, an Helmuth, Wiltrud, Matthias und Aljona für die zahlreichen Angebote, mir Platz und Ruhe zum Arbeiten zu bieten, an David, der mich mit nötiger Computertechnik unterstützte und an Richard für den bierseligen Abend, an dem er mir half, die Knoten in meinen Gedanken aufzulösen, als es um die Entwicklung der Handlung ging, an Kriminaloberrat Jörg Dessin, der mir Einblicke in den Aufbau und die Arbeitsweise einer Mordkommission gewährte, auch wenn er über die vielen künstlerischen Freiheiten, die ich mir genommen habe, im besten Fall den Kopf schütteln wird, an Regina, Uwe und Christian-Viktor, die sich durch die Vorlektoratsfassung gequält haben, um Unstimmigkeiten aufzuspüren und den Moralingehalt zu verringern. Wie jedes Mal geht mein Dank an meine Kinder Lilli, Franz und Luzie, die inzwischen viel zu viel über Geduld haben lernen müssen und natürlich an Susel, die meine Abwesenheit immer wieder auffing und sich obendrein noch die Zeit nahm, mir beim Feinschliff des Textes zu
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