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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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verwandelte Doc sich in Mr Hyde und landete fauchend und fluchend in einem Johannisbeerstrauch. Ich versuchte sein Katerherz mit einem Schälchen Milch zu besänftigen, aber er wollte davon nichts wissen und blieb den ganzen Tag lang Mr Hyde. Jims’ neueste Heldentat ist, dass er das Kissen auf dem großen Sessel im Empfangszimmer mit Sirup voll geschmiert hat. Bevor es jemand bemerkte, kam Mrs Fred Clow in irgendwelchen Rotkreuz-Angelegenheiten zu Besuch und setzte sich drauf. Ihr neues Seidenkleid war ruiniert. Dass sie sich darüber geärgert hat, kann ihr keiner übel nehmen. Aber sie musste gleich aus der Haut fahren und ganz gemeine Sachen sagen.
    Das ging so weit, dass sie behauptete, ich würde aus Jims einen »verzogenen Fratz« machen, und da bin ich fast auch übergekocht. Aber ich riss mich am Riemen und wartete, bis sie davongewatschelt war. Dann explodierte ich.
    »Dieses fette Ungeheuer!!, schrie ich, und das tat richtig gut! »Sie hat drei Söhne an der Front«, sagte Mutter vorwurfsvoll. »So, und deswegen muss man ihr alles durchgehen lassend, schimpfte ich. Aber dann schämte ich mich. Es stimmt ja, dass alle ihre Söhne gegangen sind, und sie war dabei sehr standhaft und tapfer. Und dem Roten Kreuz ist sie eine mächtige Stütze. So viele Heldinnen gibt es in dieser Zeit - die kann man sich nur schwer alle merken. Jedenfalls war das ihr zweites neues Seidenkleid in einem Jahr, und das, wo doch alle versuchen zu sparen und zu dienen. Zumindest sollte das jeder tun.
    Neulich musste ich wohl oder übel meinen grünen Samthut wieder ausgraben, jetzt wo es Winter ist. Dabei hatte ich mich so lange wie möglich an meinen alten Matrosenhut geklammert. Wie ich diesen grünen Samthut hasse! Er ist so fein und fällt richtig auf. Ich verstehe gar nicht, wie der mir jemals gefallen konnte. Aber ich habe fest versprochen ihn zu tragen, also trage ich ihn auch.
    Heute Morgen sind Shirley und ich zum Bahnhof gegangen, um dem kleinen Monday einen Weihnachtsschmaus zu bringen. Monday wartet und wacht dort immer noch und ist immer noch voller Hoffnung und Zuversicht. Manchmal lungert er am Bahnhof herum und unterhält sich mit den Leuten, ansonsten hockt er vor seiner Hundehütte und behält ständig die Bahngleise im Auge. Inzwischen versuchen wir schon gar nicht mehr ihn wegzulocken; wir wissen, es hat keinen Sinn. Erst wenn Jem zurückkehrt, dann wird Monday mit ihm nach Hause kommen; und wenn Jem nie mehr zurückkehrt, dann wird Monday dort so lange auf ihn warten, wie sein treues Hundeherz schlägt.
    Gestern Abend war Fred Arnold hier. Er ist im November achtzehn geworden und will sich zum Kriegsdienst melden, sobald seine Mutter die Operation hinter sich hat. Er ist in letzter Zeit sehr häufig hier gewesen. Das beunruhigt mich, obwohl ich ihn ganz gern habe. Womöglich denkt er noch, er bedeutet mir etwas. Von Ken habe ich ihm nichts erzählt -außerdem, was gäbe es da schon zu erzählen? Und doch widerstrebt es mir, mich kühl und distanziert zu verhalten, wenn er bald fortgeht. Komisch ist das. Dabei dachte ich immer, wie lustig es sein müsse, dutzende von Verehrern zu haben, und jetzt mache ich mir solche Sorgen, weil mir zwei schon zu viel sind.
    Ich lerne jetzt kochen. Susan bringt es mir bei. Vor langer Zeit habe ich es schon mal versucht - nein, das stimmt nicht, Susan hat versucht es mir beizubringen, und das ist etwas ganz anderes. Irgendwie ist mir nie etwas gelungen und ich habe immer gleich den Mut verloren. Aber jetzt, wo die Jungen weggegangen sind, möchte ich wenigstens in der Lage sein, einen Kuchen für sie zu backen, also habe ich noch mal von vorn angefangen, und diesmal klappt es überraschend gut. Susan sagt, das käme bloß daher, dass ich dabei den Mund halte, und Vater sagt, dass mein Unterbewusstsein jetzt wohl so lernbegierig sei, und ich muss sagen, sie haben beide Recht. Immerhin kann ich jetzt erstklassigen Butterkuchen und Rosinenkuchen backen. Letzte Woche hat mich so der Ehrgeiz gepackt, dass ich mich an Windbeutel herangewagt habe, aber die sind mir kläglich misslungen. Platt wie Flundern kamen sie aus dem Ofen. Ich dachte, vielleicht würden sie wieder aufgehen, wenn ich sie mit Sahne fülle, aber nichts da. Ich glaube, Susan war insgeheim ganz froh darüber. Sie beherrscht die Kunst des Windbeutelmachens meisterhaft, und es würde ihr das Herz brechen, wenn irgendjemand aus der Familie das genauso gut könnte wie sie. Womöglich hat Susan heimlich - nein, das will ich
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