Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
Autoren: Erika O'Rourke
Vom Netzwerk:
schließlich beigebracht. Aber wenn ich einfach verschwand, würde mein Onkel den einen Menschen anrufen, den ich nicht anlügen konnte. Den einen Menschen, der mich so gut kannte, dass er gewissermaßen über eine Straßenkarte meiner Seele verfügte. Colin, der sofort wissen würde, dass, wer auch immer mich entführt hatte, mehr mit Magie als mit der Mafia zu tun hatte.
    Und er würde stinksauer sein.
    Ich versuchte mir zurechtzulegen, was ich ihm erzählen würde: Die Magie ist über Veritys Schwester hergefallen, also habe ich Luc angerufen, nicht dich, und er hat mich an irgendeinen heißen Ort verschleppt. Ich schaute nach oben, nahm den Anblick der bemoosten Bäume und den feuchten, fauligen Geruch der Luft in mich auf. Heiß und sumpfig. Louisiana, wie ich annahm. Lucs Zuhause, obwohl er besser ins glamouröse New Orleans als in den Bayou passte.
    Die grünen Fensterläden, von denen die Farbe abblätterte, schlugen gegen die Wände. Ein Krachen zerriss die Luft, und ich rechnete schon damit, die Hütte zusammenbrechen zu sehen, aber in der Stille, die folgte, bog ein Paar um die Ecke des Häuschens. Die beiden spazierten über die Lichtung. Flammen säumten ihren Weg wie ein roter Teppich bei einer Preisverleihung und erloschen harmlos, sobald die beiden weitergegangen waren. Anscheinend handelte es sich um wichtige Persönlichkeiten, die auch wollten, dass alle das bemerkten.
    Die Frau trug ein schlicht geschnittenes, weinrotes Kleid aus schönem Leinen und einen hauchdünnen Schal. Ihre Fingerspitzen ruhten leicht auf dem Arm des Mannes, der sie durch das überwucherte Gelände führte. Trotz der drückenden Hitze wirkten sie beide kühl und frisch. Der Mann zog den Hut, als sie auf mich zutraten, und ich stand auf und versuchte, mir die Bluse glattzuziehen. Meine schmutzige, blutbefleckte, etwas angesengte Bluse. Ich warf den ruinierten Pullover diskret hinter den Baumstumpf.
    » Du musst das Gefäß sein«, sagte der Mann schleppend. Seine Haut hatte die Farbe dunkler, glänzender Pekannüsse, und seine Gesichtszüge waren markant und aristokratisch. » Nicht wahr?«
    Ich war weitaus mehr als das Gefäß. Es wäre schön gewesen, wenn das einem der Bögen aufgefallen wäre. Ich machte mir nicht die Mühe, den scharfen Unterton aus meiner Stimme herauszuhalten. » Ich bin Mo Fitzgerald.«
    » Das Gefäß«, sagte er erneut mit leicht amüsiertem Gesichtsausdruck, aber in erwartungsvollem, leicht herausforderndem Ton. Ich hatte den Eindruck, dass hier mehr als meine Identität überprüft wurde.
    Die Frau – zierlich und vogelähnlich, das dunkle Haar zu einem komplizierten Knoten aufgesteckt – zupfte an seinem Arm. » Dominic«, sagte sie tadelnd, » natürlich ist sie es. Wen sonst würde Luc herbringen?«
    Dominic. Der Name weckte den Hauch einer Erinnerung, und ich folgte ihr zurück zu Ereignissen, die ich zu vergessen versucht hatte. Ja, Dominic hängt am Althergebrachten, nicht wahr? Er hat gewiss schon einen hohen Preis dafür gezahlt, hatte Evangeline spöttisch und triumphierend gesagt.
    Ich starrte ihn an und schämte mich angesichts der Erkenntnis, dass ich gerade frech zu einem der mächtigsten Menschen in der Welt der Bögen gewesen war. Ebenso gut hätte der Präsident der Vereinigten Staaten an einer Sitzung des Schülerrats teilnehmen können. Wenn Dominic DeFoudre vorbeikam, hieß das, dass etwas sehr, sehr schiefgegangen war. » Sie sind Lucs Vater? Er hat seinen Vater gerufen?«
    Wir steckten in noch viel größeren Schwierigkeiten, als ich angenommen hatte.

Kapitel 4
    Väter waren etwas, womit ich so gut wie keine Erfahrung hatte – zumindest keine gute. Lucs Vater war ein Mitglied der Quartoren, des Rats, der über die Gesellschaft der Bögen herrschte, und der Patriarch seines Hauses, der die Verantwortung für alle Bögen trug, die auf die Feuerlinien zurückgriffen. Und ich war magisch für immer an seinen Sohn gebunden.
    » Ich bin Mo«, sagte ich und zwang mich, es auszusprechen: » Ich bin das Gefäß.«
    » Das freut mich zu hören«, sagte er und ließ rasch den Blick zu der Hütte hinüberwandern. » Dominic DeFoudre. Ich warte schon ein Weilchen auf dich, Maura Fitzgerald. Hätte nicht gedacht, dass wir uns so kennenlernen würden.«
    Ein heißer, heulender Wind kam auf und peitschte mir das Haar ums Gesicht. Das Moos, das von den Bäumen hing, drehte sich und schwang hin und her. » Constance!« Ich wandte mich dem Haus zu. Sogar auf diese Entfernung brannte mir die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher