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Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)
Autoren: Erica O'Rourke
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Schwärze, und ich blinzelte, bis sie verschwand. In einer Ecke des Raums stand ein Typ, der wie ein Arzt gekleidet war, die Hände in die Taschen seines Kittels gesteckt; er lehnte an einem Versorgungswagen.
    Lautlos und geschmeidig trat er näher ans Kopfende des Bettes heran, blieb ein paar Zentimeter entfernt stehen. Obwohl ich solche Schmerzen hatte, dass mir sogar die Backenzähne wehtaten, konnte ich sehen, dass er ganz schön scharf war– bis auf die Verschwommenheit war mit meinem Augenlicht alles in Ordnung. Er sah viel zu jung aus, um Arzt zu sein, bis auf seine Augen, die uralt und… irgendwie zornig wirkten. Sie waren betörend grün, wie man es in einem Märchen lesen könnte. Aber dieser Kerl war kein Prinz– wahrscheinlich war er Medizinstudent. Allerdings spielte es keine Rolle, wie er aussah. Er hätte auch Hörner und einen Dreizack haben können– das war mir gleich, solange er nur wusste, wo Verity war.
    » Ich muss meine Freundin suchen«, flüsterte ich. Weiter unten im Gang konnte ich die Füße von Blaue Hose auf und ab gehen sehen. » Können Sie mir helfen?«
    Irgendetwas– vielleicht Mitleid– huschte über sein Gesicht. » Lehn dich zurück«, sagte er und legte die Hände sanft um meine pochende Schulter. » Schließ die Augen.«
    » Ich muss sie wirklich finden.« Ich lehnte mich zurück, als seine Fingerspitzen federleicht meine Stirn streiften. Er murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte, und es war mir auch nicht wichtig.
    » Sie heißt Verity Grey. Haben Sie sie gesehen?«, fragte ich. Seine Hände hielten in ihrer Bewegung inne; meine Haut war dort, wo er sie berührt hatte, angenehm warm, der Schmerz weniger stechend. Ich öffnete die Augen. Sein Gesichtsausdruck war wie versteinert, mit verkniffenem Mund und halb von den Lidern verdeckten Augen.
    » Verity ist tot«, sagte er knapp.
    » Was? Nein. Nein. Nein. « Meine Stimme wurde lauter, verwandelte sich in ein Jaulen, und er presste mir eine Hand auf den Mund. Ich wehrte mich gegen ihn, versuchte ihm zu erklären, warum er sich irrte. Sie war nicht tot. Sie war der lebendigste Mensch, den ich kannte– die lachende, schlaue, charmante Verity, klug und mutig und oft waghalsig genug für uns beide. Sie konnte nicht tot sein, weil es keine Welt ohne sie geben konnte. Ich schüttelte den Kopf gegen den Druck seiner Finger auf meinen Lippen; meine Tränen spritzten über seine Hand. Wenn ich oft genug nein sagte, würde Verity noch am Leben sein. Das hier würde nicht Wirklichkeit sein. Ich würde nicht allein sein.
    Seine Augen blickten in meine, und ich zuckte vor der Wut in ihnen zurück. » Oh doch. Hör mir zu. Verity ist gestorben.«
    Ein Geräusch– der grässliche Aufschrei eines verletzten Tieres– erfüllte das Zimmer. Das war ich, wie mir aufging, aber er redete einfach weiter. » Sie war schon tot, bevor sie hier angekommen ist, und wenn du ihr jetzt helfen willst, wenn du ihre Freundin sein willst, dann musst du den Mund halten. Nick, wenn du mich verstehst.«
    Ich biss ihm kräftig in den Finger, und er riss die Hand weg. » Verdammt, ich versuche dir zu helfen!«
    » Wer sind Sie?«
    » Ein Freund. Und ich habe nicht gerade viel Zeit, also pass auf. Verity ist tot, und der Rest ist einfach zu hoch für dich, Mouse.«
    Die Luft rauschte mir jählings aus der Lunge, und der Raum verschwamm erneut. Nur Verity nannte mich Mouse.
    Bevor ich ihn danach fragen konnte, nahm er meine verletzte Hand und wickelte den Mull rasch davon ab. Aus einem großen Riss quer über meine Handfläche sickerte Blut, und ich wandte den Blick ab. Es hätte wehtun sollen, aber alles, was ich spürte, waren seine Worte, jedes wie ein Schlag.
    » Binnen weniger Minuten wird dieses Zimmer von Leuten wimmeln, die dich alle fragen werden, was in dem Durchgang passiert ist.« Seine Finger schwebten über der verletzten Haut, drückten mein Handgelenk, und er murmelte wieder etwas, das über das Rauschen in meinem Kopf hinweg unmöglich zu verstehen war. » Sag es ihnen nicht. Sag, es sei ein Raubüberfall gewesen, sag, es sei eine Bande gewesen… Sag, du würdest dich nicht erinnern.«
    » Das ist die Wahrheit.« Größtenteils. Ich musterte ihn stirnrunzelnd und fuhr mir mit der freien Hand über die Augen.
    Er blickte einen Moment lang zustimmend auf. » Sag es genau so. Dann kommst du vielleicht doch noch aus alledem heraus.« Er wickelte meine Hand wieder ein und trat zurück.
    Aus was herauskommen?, versuchte ich zu fragen, aber
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