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Der Wandler

Der Wandler

Titel: Der Wandler
Autoren: Dominik Spreigl
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Anzugbeleuchtung sah ich etwas auf mich zukommen. Brutus legte langsam, aber sicher den Rückwärtsgang ein. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut.
    »Raus da, Kleiner!«, meldete sich urplötzlich Ego.
    »Sofort raus da! Dreh dich um und renn um dein Leben!!«
    Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen. Ich rief Brutus, machte auf der Stelle kehrt und rannte den Weg zurück, aus dem ich gekommen war. Das nahm ich jedenfalls an, ganz sicher konnte ich mir bei der Dunkelheit aber nicht sein.
    Ich versuchte den Pfad der Zerstörung, den ich bei meinem Herkommen hinterlassen hatte, zurück zu verfolgen. Das gelang mir mehr oder weniger gut.
    Gelegentlich riss ich auch mal ein zweites Loch in eine Wand. Egal, es gab Wichtigeres. Zum Beispiel nicht bei lebendigem Leib von diesem Monster verschlungen zu werden.
    Brutus rannte neben mir her. Das Flackern der Lämpchen in meiner Eisenhaut sagte mir, dass das Wesen aus dem Gang immer noch dicht hinter mir war.
    Ich betete zu Gott, dass die Stromversorgung meines Anzugs nicht komplett ausfiel. Dann müsste ich ihn verlassen! Vollkommen schutzlos wäre ich einfache Beute für das, was dort draußen lauerte.
    »Schnapp dir Brutus und dann scharf links in den offenen Aufzugschacht! Wir nehmen eine Abkürzung!«
    Im Rennen langte ich runter und packte Brutus unter meinen Arm. Vor mir tauchte der Schacht auf. Ich sprang direkt hinein.
    Über den bodenlosen Abgrund des Aufzugschachts segelte ich hinweg, aktivierte im Flug den Kletter-Modus des Anzugs und klammerte mich mit den nun krallenbewehrten Eisenhänden und Füßen an der gegenüberliegenden Wand fest. Durch die Wucht des Aufpralls gruben sich meine Hände tief in die Wand. Steinbrocken brachen heraus und fielen in die bodenlose Dunkelheit, um irgendwo tief unten aufzuschlagen.
    Wie ein riesenhafter, stählerner Affe kletterte ich mit Hilfe meiner freien Hand und der Füße rasend schnell den Schacht empor. Unter mir regnete es Schutt und Teile der Wand hinab.
    »Schneller, um Gottes Willen schneller!«, trieb Ego mich hektisch an.
    Mit einem dumpfen Knall krachte unter mir mein Verfolger in den Schacht.
    Was auch immer es war, ich wollte es erst gar nicht zu Gesicht bekommen. Wenn schon Ego, den sonst Nichts aus der Ruhe brachte, so eine panische Angst hatte...
    Es ging um Leben und Tod, dessen war ich mir bewusst.
    Würde es mich in seine Klauen bekommen, ich wäre Hackfleisch.
    Ich konzentrierte all meine Kräfte darauf, so schnell wie irgendwie möglich an die Oberfläche zu gelangen.
    Der Aufstieg dauerte eine gefühlte Ewigkeit.
    Endlich entdeckte ich über mir die Tür zum Erdgeschoss. Sie war verschlossen.
    »Verschlossen! Verdammte Scheiße!!«
    Es würde mich wertvolle Zeit kosten sie zu öffnen.
    Zeit, die ich vielleicht nicht hatte.
    Zeit, die es meinem furchterregenden Verfolger ermöglichen würde, mich einzuholen.
    »Warte einen Moment, genau jetzt!«, schrie Ego, immer noch furchtbar aufgebracht in meinem Kopf.
    »Worauf ?! Das verdammte Ding hat mich gleich!«
    Ein lauter Knall ertönte, begleitet von einem grellen Feuerball. Die Aufzugtüren flogen in den Schacht hinein, wie von riesenhaften Fäusten eingeschlagen. Haarscharf segelten sie an mir vorbei in die Dunkelheit.
    »Weiter, weiter! Beeil dich schon!«
    Mit kräftigen Sprüngen setzte ich meinen Weg fort.
    An der Tür angekommen, wollte ich gerade aus dem Schacht klettern, als mich urplötzlich etwas an meinem Bein packte und nach unten zog. Mit letzter Kraft stemmte ich mich dagegen, es half nichts. Ich rutschte immer weiter in den Schacht zurück. Schnell schob ich Brutus durch die Tür um beide Hände frei zu haben.
    »Der verfluchte Dreckssack hängt an meinem Bein!«
    »Dann werd ihn gefälligst los!«, schrie Ego zurück.
    Ich hing jetzt nur noch an der Kante der Tür zum Erdgeschoss und wurde unaufhaltsam weiter in den Schacht gezerrt. Meine Krallen hatten tiefe Kratzer im Betonboden hinterlassen. Was auch immer mich festhielt, es hatte übermenschliche Kräfte.
    »Dieses Scheißviech soll sich was anderes zum Fressen suchen!«
    So fest ich nur konnte, trat ich mit meinem freien rechten Bein gegen den Kopf meines Widersachers. Ich konnte ihn im Aufzugschacht kaum erkennen, aber er gab einen dumpfen Schmerzenslaut von sich. Ich musste ihn getroffen haben, er ließ mein Bein los.
    Ich hechtete ins Erdgeschoss. Brutus und ich sprinteten, so schnell wir konnten, vom Schacht weg.
    Als ich den Kopf hob, erblickte ich Wächter. Im Halbkreis standen
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