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Der verschwundene Gast - Ani, F: verschwundene Gast

Der verschwundene Gast - Ani, F: verschwundene Gast

Titel: Der verschwundene Gast - Ani, F: verschwundene Gast
Autoren: Friedrich Ani
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»Der Schwarze Ritter« mit Elizabeth Taylor wiederholt worden.
    Als ihr Mann abends nicht nach Hause gekommen sei, habe sie sich zwar gewundert, »aber nicht übermäßig«. Sie habe wieder ferngesehen und sei dann vor Mitternacht ins Bett gegangen. Erst am nächsten Morgen »beschlich mich ein mulmiges Gefühl«, bevor sie sich, wie sie in der Polizeiinspektion erklärte, zu einer Anzeige »durchgerungen« habe.
    Vermutlich – die Zweiundvierzigjährige war sich nicht sicher – trug Leimer eine dunkelblaue Hose, ein braun gestreiftes Hemd, ein graues Sakko und einen Lodenmantel, dazu braune Halbschuhe. Wie viel Geld er bei sich hatte, blieb unklar. Von den Nachbarn hatte ihn niemand weggehen sehen, in den Lokalen, die er außer dem Weinbauern, der am Sonntag Ruhetag hatte, relativ regelmäßig besuchte, war er nicht aufgetaucht. Ein Taxi hatte er, zumindest von der Ohmstraße aus, nicht gerufen. Einen Flug hatte er nicht gebucht. Anrufe bei den städtischen Krankenhäusern und einigen Kliniken in der näheren Umgebungbrachten ebenso wenig Ergebnisse wie die Datenabgleichungen bei INPOL.
    Richard Leimer war aus unerklärlichen Gründen verschwunden.
    Zumindest aus der Sicht der Ehefrau und seiner Bekannten waren die Gründe unerklärlich.
    Am Tag nach seiner Begegnung mit Margret Grotwohl las Tabor Süden in seinem Büro in der Bayerstraße noch einmal in den Akten seiner Kollegen.
    Im Grunde unterschied sich der Fall kaum von den rund 1500 Vermissungen, die Süden pro Jahr zu bearbeiten hatte. Die meisten davon erledigten sich in weniger als drei Tagen. Dann schickte er einen Widerruf ans LKA, und die Daten wurden gelöscht. Hauptgründe für das Verschwinden Erwachsener waren Freitodabsicht und – so lautete die polizeiliche Formulierung – Entweichen aus einer Klinik. Darüber hinaus landeten die Daten hunderter meist älterer Menschen auf Südens Schreibtisch, die hilflos herumirrten und oft erst nach Tagen gefunden wurden. Viel häufiger als einer Straftat fielen Vermisste einem Unfall zum Opfer.
    Bei Richard Leimer schloss Süden einen Suizid nicht aus, obwohl der Arzt, von dem Leimer sich ab und zu untersuchen ließ, beteuerte, er halte seinen Patienten für seelisch stabil und eher positiv gestimmt. Der Arzt erinnerte sich an ein Gespräch mit Leimer, in dem dieser durchblicken ließ, er plane trotz seiner Schulden und der hohen Mietpreise die Eröffnung eines neuen Geschäfts. Einzelheiten habe Leimer aber nicht verraten wollen.
    Und auch wenn der gelernte Schneider eine Beziehung mit einer neuen Frau hatte, ließen seine täglichen Gasthausbesuche, bei denen er mit niemandem außer der Bedienung und sporadisch dem Wirt ein paar Worte wechselte, eher auf einen in sich abtauchenden Menschen schließen, der eine Fassade aufrecht erhielt, damit niemand ihm zu nahe kam und bedrohliche Fragen stellte.
    Richard Leimer war achtundvierzig, aber auf den Fotos, die Süden betrachtete, sah er aus wie Ende fünfzig. Sein Gesichtsausdruck war auf jedem Bild derselbe: Ein Mann hinter einer Wand aus Glas, der die Blicke des Betrachters verachtete.
    Seine Frau sagte nicht die Wahrheit. Genauso wie seine Geliebte.
    Das fünfseitige Fax von der Netzbetreiberfirma lag vor Tabor Süden auf dem roten Aktendeckel.
    Auf Margret Grotwohl waren zwei Handys angemeldet, von einem wurde das andere angerufen, mindestens einmal am Tag. Süden vermutete, dass Leimer dieses Gerät benutzte, das ihm Margret geliehen oder geschenkt hatte. Sie selbst rief ihn nie an, jedenfalls nicht nach den Telefonlisten des letzten Monats, die Süden ebenfalls vorlagen.
    Am vergangenen Freitag hatte Leimer zum letzten Mal mit dem Handy telefoniert.
    Margret behauptete, ihre Beziehung wäre seit einem halben Jahr zu Ende.
    Sie log. Warum hätte Leimer sie dann trotzdem fast täglich anrufen sollen?
    Doch warum hatte er seit fünf Tagen nicht mehr mit ihr telefoniert? Auch sonst hatte nach Auskunftdes Betreibers seit Freitag niemand dieses Handy benutzt.
    Stattdessen hatte Margret die Nummer ihres zweiten Handys angerufen. Siebzehn Mal. An einem einzigen Tag. Am Samstag, dem dritten März. Danach nicht mehr. Aber an diesem Tag hatte sie unermüdlich versucht, ihren Geliebten zu erreichen.
    Am Freitagabend, das stand fest, saß Richard Leimer wie gewöhnlich beim Weinbauern, von etwa 18 Uhr bis kurz nach halb elf. Dann war er nach Hause gegangen und auch dort angekommen, wie seine Frau bestätigte.
    Und am Samstag war er unerreichbar gewesen.
    Am Sonntag
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