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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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vollständig zu übertragen und ihn so vor dem Vergessen zu bewahren; denn sein mit eigener Hand geschriebenes Buch drohte zu zerfallen.
    Das Gesamtwerk der Kolrydanaë wuchs im Verlauf des Vierten und Fünften Zeitalters an. Der Textsammlung wurden nach und nach weitere Bücher beigegeben, bis zuletzt im Zweiten Gilwenkrieg die letzte aller Gilwen entkräftet wurde und die Kolrydanaë durch einen Bericht Londirs des Beherzten ihren Abschluss fand. Die Kolrydanaë enthält damit einen vollständigen Bericht über alle Ereignisse der Gilwenzeit.
    Die Kolrydanaë verwahrte man lange Zeit in Caras Gahawya. Immer wieder wurden von königlichen Schreibern Abschriften des umfangreichen Textes erstellt, jedenfalls solange das Königtum in Gahan fortbestand. Einige dieser Abschriften gelangten mit derZeit auch in den Süden, und von Daelbheragan aus verbreiteten sie sich bis in die entlegensten Gegenden. Etwa vierhundert Jahre nach Londirs Tod und damit dem Ende der Gilwenzeit wurde im Westlichen Meer die Insel Tarrelith durch einen gahanischen Seefahrer namens Imganor wiederentdeckt. Die einstmals von dem unglückseligen Sorongil gegründete und später verlassene Stadt Caras Camlande wurde neu errichtet.
    Nahebei in den Bergen, in einer wohl eigens dafür geschaffenen Kammer, übergab man zwölf seltsame weiße Steingefäße der langen Stille unter dem Gipfel. Die unversehrten und luftdicht versiegelten Gefäße enthielten vollständige Abschriften; sowohl in Caeredwaine als auch in Gahadwaine. Fast 18   850 Jahre später wurde die Kolrydanaë   – und damit auch die Cethlion-Handschrift   – in luftdicht verschlossenen Gefäßen tief unter Tonnen von Felsgestein auf einer abgelegenen Insel gefunden.
    Als kostbarstes Fundstück allerdings erwiesen sich dabei nicht die Texte selbst, sondern ein von unbekannter Hand beigefügtes Bild-Wörterbuch, das jeden aufgeführten Begriff mit einer eindeutigen und klaren und teilweise kolorierten Zeichnung erläuterte und sogar die Aussprache gestisch-mimisch darstellte.
    Es war das erklärte Ziel jener, die das Wörterbuch schufen, die Taten von einst lebendig zu erhalten, auf dass sie irgendwann gefunden und erinnert würden.
    RMT

SIL BARÁ
    A M A NFANG WAR ES nur ein fernes Rauschen, das über den Wipfeln hing wie ein aufkommender Nachtwind unter raschen, westwärts ziehenden Wolken.
    Dann strich etwas dahin   – ein schwarzer Schemen, ein vorübergleitender Schatten.
    Breite Schwingen teilten fauchend den düsteren Nebel über dem Tal, ihre Spitzen berührten beinahe die oberen Äste des den Hang bedeckenden Waldes.
    Ein scharfes Schnalzen zerriss die Dunkelheit   … voller Schrecken duckten sich die kleineren Tiere im Versteck der Zweige. Eichhörnchen huschten stammabwärts und flohen. Schlafende Vögel zuckten zusammen. Ein Häher krächzte warnend. Ein Fuchs verharrte.
    Das herannahende Rauschen geriet zu einem anschwellenden Sausen. Dann änderte sich das Geräusch, das fauchende Schlagen verstummte, wandelte sich zu einem Pfeifen, dann einem Summen, als die Flügel ihren Winkel veränderten. Schnell wie ein Pfeil flog eine Gestalt vorüber: ein Flecken aus flatternder, jagender Finsternis, der sich in der Luft schräg stellte, ehe er sich in das tiefere Schwarz des Tales stürzte. Ein gellender Schrei hallte von den Talwänden wieder. Als der Schatten entlang der Baumwipfel abwärts schoss, rasend und dennoch erhaben, erklang er abermals   – ein langgezogenes Iiii-Iiiiööh! , das jedem, der es hörte, unweigerlich die Kälte in die Adern trieb.
    Doch wer hätte es hören sollen?
    Verlassen lag das Land unter dem Schemen.
    Einst hatten Dirin aus Benutcaer hier oben gesiedelt, doch das war lange her. Nur die ältesten Bäume mochten sich ihrer erinnern, nur sie und die geduldig wartenden Felszacken, die jenseits der Bäume hervorlugten, bleich wie Zähne, die sich in die Hügel verbissen. Alles Getier und alle Wesen, die dachten, hatten dieeinstige Anwesenheit der Menschen längst vergessen. Einzig letzte Reste von Mauern, moosbewachsen und schrundig, sowie Stümpfe von Säulen, fahl wie Knochen, erinnerten als graue Boten an die vergangene Zeit, als der Schatten vorbeihuschte.
    Der Flecken aus flatternder Finsternis, der auf dem Schemen ritt, spähte aufmerksam nach unten. Er teilte die Nacht, während er nach Lichtern, nach Feuer, nach dem vereinbarten Zeichen suchte. Sechs hatte er vorausgeschickt, jetzt kam er als siebter, um seinen Auftrag zu erfüllen. Nur
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