Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel
Autoren: Tom Harper
Vom Netzwerk:
das Unvermeidliche hinauszuzögern.
    «Würde es Ihnen etwas ausmachen, in einer Stunde wiederzukommen?», sagte er entschuldigend. «Es wird nicht lange dauern.»
    Der Student, der sein Glück kaum fassen konnte, nahm seinen Essay und verließ hastig den Raum. Kurz darauf führte der Pförtner den Besucher herein, einen jungen Mann in blauem Anzug, der sich auf die vordere Kante des Sofas setzte und seinen Hut in beiden Händen hielt.
    «Wright», stellte er sich vor. Sein Gesicht war eher gutmütig als hübsch, doch in seinen Augen lagen eine lebhafte Intelligenz und ein Ausdruck von subtilem Humor. «Danke, dass Sie mich empfangen, Professor.»
    Reed winkte gnädig ab.
    «Es geht um einen meiner Kollegen, einen Mann namens Muir. Soweit ich informiert bin, hatten Sie mit ihm zu tun.»
    «Ich habe im Krieg mit ihm zusammengearbeitet. Vor ein paar Wochen kam er zu mir und wollte, dass ich ihm helfe, ein antikes griechisches Artefakt zu finden. Ich glaube, er arbeitete mit den Amerikanern zusammen.»
    «Das sind auch unsere Informationen.» Wright drehte seinen Hut zwischen den Händen. «Viel mehr konnten wir allerdings nicht herausfinden. Muir war ein eigentümlicher Zeitgenosse. Offen gesagt besteht der Verdacht, dass er in gewisse seltsame Machenschaften verstrickt war.»
    Reed gab sich alle Mühe, desinteressiert zu wirken. «Er war schon immer ein wenig … unorthodox. Was hat er nun wieder angestellt?»
    «Tja, das ist es, was wir herauszufinden versuchen. Sie müssen wissen, er ist verschwunden. Wir hatten gehofft, Sie könnten etwas Licht in die Angelegenheit bringen.»
    Wrights Besuch dauerte eine Stunde. Reed beantwortete seine Fragen, so gut er konnte – anders ausgedrückt, er bemühte sich, so wenig wie möglich zu sagen, was eindeutig gelogen oder leicht zu widerlegen war. Wright machte sich eifrig Notizen und runzelte die Stirn in seiner Anstrengung, sich nichts entgehen zu lassen.
    «Wir versuchen auch, diesen Mr.   Grant aufzuspüren.»
    «Ja», erwiderte Reed, «das denke ich mir. Ich bezweifle allerdings, dass Sie ihn finden werden.»
    «Haben Sie irgendeine Ahnung, wo er sich möglicherweise …»
    «Eigentlich nicht. Mir ist, als hätte er einmal Kanada erwähnt.»
    Wright machte ein überraschtes Gesicht. «Oh. Das ist uns allerdings neu. Vielen Dank.»
    Er stand auf und schüttelte Reed die Hand. An der Tür blieb er noch einmal zögernd stehen. «Dieses … homerische Artefakt – Sie glauben doch nicht, dass an der Sache etwas dran war, oder? Ich meine, es besteht nicht vielleicht die Möglichkeit, dass es noch auftaucht?»
    Reed lächelte. «Das kann ich mir nicht vorstellen.»

    Das Flugzeug flog durch die Nacht nach Südwesten, hoch über dem Meer, das so viele Götter und Heroen überdauert hatte. Grant steuerte die Maschine. Hinter ihm lag Marina unter einer Decke auf dem Boden, das Bein in einer Schiene.
    Reed kam nach vorn und zwängte sich auf den Kopilotensitz. «Wo sind wir gerade?»
    Grant schaute auf die Uhr. «Kurz hinter den Dardanellen. In ein paar Stunden müssten wir Athen erreichen.»
    Reed drehte sich auf seinem Sitz herum und richtete den Blick nach hinten in die Kabine. Vom Heck des Flugboots, mit Gurten an einem Stahlspant befestigt, starrte der geschundene Schild zurück. Daneben lag ein Segeltuchsack, gefüllt mit allerlei seltsam geformten Gegenständen.
    Grant bemerkte seinen Blick. «Stellen Sie sich vor, wie sich die Sachen im British Museum machen würden?»
    Reed seufzte. «Sie wissen, dass wir sie nicht behalten können. Die Amerikaner würden sie im Handumdrehen an sich bringen.»
    Grant neigte das Flugzeug ein wenig nach links. «Glauben Sie wirklich, man könnte daraus eine Bombe machen?»
    «Sind Sie bereit, das Risiko einzugehen?»
    Grant erwiderte nichts. Sie flogen ein paar Minuten lang schweigend weiter. Dann zeigte Reed auf eine kleine Lichtinsel in der Dunkelheit unter ihnen. «Das muss Lemnos sein.»
    «Vielleicht sollten wir dort landen und den Schild in dem Tempel verstecken, den wir gefunden haben. So lange, bis über die ganze Angelegenheit Gras gewachsen ist.»
    «Nein. Selbst dort würde ihn früher oder später jemand finden.»
    «Jemand wird ihn ohnehin finden. Man kann einen Fund nicht ungeschehen machen.»
    «Er war bereits seit dreitausend Jahren verschollen. Wenn er für weitere dreitausend Jahre verschollen bliebe, würde ich mich nicht beklagen.»
    Grant starrte ihn überrascht an. «Aber der Schild ändert alles. Er beweist, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher