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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dann um. Abu Dun hatte Tepesch in die Höhe gezerrt und das Messer aus seiner Schulter gerissen. Tepesch blutete heftig, wehrte sich aber trotzdem nach Kräften, aber der hünenhaf-te Schwarze hielt ihn so mühelos fest, wie ein Kind eine Glieder-puppe gehalten hätte.
    »Wache!«, brüllte Tepesch.
    »Wache! Hierher!«
    »Gib dir keine Mühe«, sagte Andrej kalt.
    »Es ist niemand mehr da.« Er zog seinen Dolch aus dem Gürtel und trat näher. Abu Dun schlug ihm das Messer aus der Hand.
    »Nein! Mehmed will ihn lebend!« Er lachte grollend.
    »Falls es dir ein Trost ist - er wäre dir vermutlich dankbar, wenn du ihn töten würdest. Mehmed weiß, was er Selic und seinen Männern angetan hat.« Andrej wusste, dass er Recht hatte. Der Sultan hatte ihnen nicht aus Barmherzigkeit befohlen, ihnen Vlad Tepesch lebendig zu übergeben. Wenn er Rache wollte, dann bestand seine furchtbare Aufgabe darin, Dracul an die Türken auszuliefern. Die Grausamkeit der Muselmanen war bekannt. Und trotzdem kostete es ihn seine gesamte Kraft, sich nicht auf Tepesch zu stürzen und ihm das Herz aus dem Leib zu reißen.
    »Fessele ihn«, sagte er.

    »Und stopf ihm das Maul, damit ich sein Gewimmer nicht hören muss.« Abu Dun machte sich die Sache einfacher: Er schlug Tepesch die geballte Faust in den Nacken. Der brach bewusstlos in seinen Armen zusammen.
    »Bring ihn raus«, sagte Andrej.
    »Ich kann ihn nicht mehr sehen! « Frederic erwachte kurze Zeit spä-
    ter. Seine Wunden hatten sich geschlossen und sein Gesicht hatte nicht mehr dieses schreckliche Totenweiß. Als er die Augen öffnete, wirkte sein Blick verloren; dann kehrte die Erinnerung in seine Augen zurück - und damit der Schmerz.
    »Was …?«, begann er.
    »Bleib einfach liegen«, unterbrach ihn Andrej. Er versuchte aufmunternd zu lächeln, spürte aber selbst, dass es ihm nicht überzeugend gelang.
    »Du wirst noch eine Weile brauchen, um dich zu erholen.«
    »Es hat wehgetan«, flüsterte Frederic.
    »So … entsetzlich weh.«
    »Ich weiß«, antwortete Andrej.
    »Aber nun ist es vorbei.«
    »Du hast ihn getötet«, vermutete Frederic. Andrej zögerte einen winzigen Moment.
    »Nein sagte er dann.
    »Aber er wird dir nichts mehr tun. Abu Dun hat ihn weggebracht.«
    »Wohin?«
    »Der Sultan will ihn haben«, antwortete Andrej.
    »Lebend. Ich könnte mir vorstellen, was er mit ihm anstellen wird, aber ich glaube, ich will es lieber nicht.« Frederic versuchte sich aufzurichten. Er brauchte drei Ansätze dazu, aber Andrej unterdrückte den Impuls, ihm zu helfen. Frederic war durch die Hölle gegangen und tat es vermutlich noch, aber das war ein Weg, den er allein gehen musste.
    »Er hat gesagt, dass … dass er mein Geheimnis ergründen will«, sagte er. Sein Blick war ins Leere gerichtet, aber es musste eine von Pein und unvorstellbarem Leid erfüllte Leere sein..
    »Indem er dich foltert?«
    »Es war meine Schuld«, flüsterte Frederic.
    »Ich habe es ihm verraten.«
    »Was?«
    »Unser Geheimnis.« Frederics Stimme zitterte leicht.
    »Dass man sterben muss, um ewig zu leben. Er sagt, dass … dass der Schmerz der Bruder des Todes ist. Er wollte so werden wie ich.
    Er … er hat gesagt, dass … dass er das Geheimnis ergründen wird, wenn … wenn … « Seine Stimme versagte.
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Andrej.
    »Hat er Recht?«, fragte Frederic.
    »Er ist vollkommen wahnsinnig«, sagte Andrej.

    »Keine Angst. Er wird nie wieder jemandem Leid zufügen.« Er machte eine aufmunternde Kopfbewegung.
    »Kannst du aufstehen?« Statt zu antworten, versuchte Frederic es.
    Es bereitete ihm Mühe, und er stand im ersten Moment ein wenig wackelig auf den Beinen, aber er stand.
    »Was ist mit Maria?«
    »Sie ist in Sicherheit«, antwortete Andrej knapp.
    »Komm.« Frederic sah ihn kurz und verwirrt an. Vielleicht war ihm der sonderbare Ton aufgefallen, in dem Andrej geantwortet hatte, aber wahrscheinlich wusste er, was geschehen war. Sie verließen den Keller. Frederic konnte sich nur langsam bewegen. Auf der Treppe musste Andrej ihm schließlich doch helfen, obwohl Frederic es weiter hartnäckig ablehnte. Er erholte sich nur langsam. Was Tepesch ihm angetan hatte, musste fast zu viel gewesen sein. Aus einem entfernten Teil der Burg wehte noch immer Kampflärm heran, aber Waichs war bereits gefallen. Gut die Hälfte von Mehmeds Kriegern hatte sich bereits wieder im Hof versammelt. Etliche von ihnen waren verletzt, aber soweit Andrej es beurteilen konnte, schienen sie keine
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