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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan
Autoren: Heinrich Mann
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Zwischenfall« (4. Kapitel). Die größeren Streichungen im Manuskript betreffen in erster Linie Passagen, die der Figurencharakterisierung dienten; ihr Wegfall könnte in einer Straffungsabsicht des Autors begründet sein. Darüber hinaus sind aber bei den Korrekturen auch politische Milderungen festzustellen.
    Für den Vorabdruck des Untertan in der Münchner Zeitschrift ›Zeit im Bild‹ vom 1. Januar bis 13. August 1914 hat Heinrich Mann im Manuskript Korrekturen angebracht. Es handelt sich dabei besonders um Streichungen im »Fall Lück«, in denen der Kaiser direkt angegriffen und für die Erschießung des Arbeiters verantwortlich gemacht wird. Bemerkenswert bleibt, daß Heinrich Mann diese Streichungen keineswegs unleserlich machte, sie aber in späteren Buchausgaben nicht wieder aufnahm, wie überhaupt die gedruckten Ausgaben an keiner Stelle die politischen Aussagen verschärfen.
    Vor diesen Streichungen und Korrekturen muß eine maschinenschriftliche Abschrift des Manuskripts angefertigt worden sein, die nicht erhalten ist. Sie lag wohl auch der russischen Übersetzerin, Adele Polotsky, vor. Denn gleichzeitig mit der Veröffentlichung in ›Zeit im Bild‹ erschien Der Untertan vollständig in der Petersburger Monatsschrift ›Sowremennij Mir‹ von Januar bis Oktober 1914 in russischer Sprache (die Nummern 7 und 8, Juli und August 1914, waren ausgefallen). Diese Übersetzung überlieferte bis in die fünfziger Jahre einen Romantext, der von dem deutschen verschiedentlich abwich — ohne die entschärfenden Korrekturen für ›Zeit im Bild‹ und späteren Korrekturen Heinrich Manns für die Buchausgabe von 1918. Die russische Buchausgabe des Untertan erschien drei Jahre vor der deutschen: 1915 kam der Roman bei Zuckermann in Petersburg in zwei Bänden heraus.
    Die Druckgeschichte des Untertan in Deutschland verlief in mehreren Phasen, die durch die zeitgeschichtlichen Umstände zunächst äußerst verzögert, später rasant befördert wurden. Zunächst erschienen einige Romanepisoden in sechs Zeitschriftenvorabdrucken, hauptsächlich im ›Simplicissimus‹.
    Bereits am 25. März 1913 hatte Heinrich Mann mit der ›Neuen Deutschen Verlagsgesellschaft m.b.H.‹, München, einen Vertrag für den Vorabdruck in ›Zeit im Bild‹ geschlossen, der eigentlich spätestens am 1. November 1913 beginnen sollte. Im Oktober bewirkte Heinrich Mann durch seinen Rechtsanwalt Maximilian Brantl einen Aufschub bis zum 1. Januar 1914. Hätte also — so könnte man spekulieren — der Vorabdruck planmäßig beginnen können, wäre es vermutlich nicht zu dem durch den Kriegsausbruch politisch motivierten Abbruch gekommen. Am 1. August 1914 nämlich wandte sich die Redaktion von ›Zeit im Bild‹ an Heinrich Mann, sie wolle den Vorabdruck des Untertan einstellen. Der Autor stimmte mit der Auflage zu, daß keine redaktionelle Notiz zum Abbruch des Vorabdrucks erscheinen dürfe. So kam es, daß die letzte Fortsetzungsfolge mit der Schilderung des vom alten Buck angestrengten Prozesses gegen den Herausgeber der ›Volksstimme‹ mit der Angabe »Ende« abschloß und die Leser den Eindruck haben mußten, als sei dies der ganze Roman.
    Eine weitere Zwischenstation der Druckgeschichte bildet der Privatdruck des Untertan, den 1916 — mitten im Krieg — Kurt Wolff veranstaltete und der auf der Seite nach dem Titel folgende Anmerkung enthält: »Von diesem Buch, dessen Herausgabe während des Krieges nicht beabsichtigt ist, wurden auf Veranlassung von Kurt Wolff im Mai 1916 zehn Exemplare hergestellt und — nur zur persönlichen Kenntnisnahme — übersandt an: Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen und bei Rhein / Karl Kraus / Fürstin Mechtild Lichnowsky / Oberstleutnant im Generalstab Madlung / Helene von Nostiz-Wallwitz / Jesko von Puttkamer / Peter Reinhold / Fürst Günther zu Schönburg-Waldenburg / Joachim von Winterfeldt, M.d.R. / Elisabeth Wolff-Merck / Alle Rechte vorbehalten / Nachdruck jeder Art verboten«.
    Die Forschung konnte inzwischen nachweisen, daß mindestens zwölf, wenn nicht sogar mehr Exemplare hergestellt wurden. Textgeschichtlich steht der Privatdruck dem Manuskript noch näher als die erste öffentliche Buchausgabe.
    Nach Aufhebung der Zensur im Dezember 1918 konnte schließlich die reguläre Buchausgabe erscheinen und erreichte dank des geschickten Managements von Georg Heinrich Meyer, dem Verlagsdirektor des Kurt Wolff Verlages, innerhalb von sechs Wochen in sieben Auflagen 100000 Exemplare. Die breite
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