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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann
Autoren: Philip K. Dick
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Möndchen
hinein, die traurigen, trotz ihres Scheiterns immer noch
fortbestehenden frühen >Kolonie<-Satelliten, die vor von
Einems Durchbruch und der Entdeckung Fomalhaut IXs, das jetzt Walmaul
genannt wurde und heute die Kolonie war, gekommen waren.
Zu schade, dachte Matson schalkhaft, daß Georg Hoffmann nicht
mehr Planeten in mehr Sternensystemen entdeckt hat, die für uns
bewohnbar wären, den vergänglichen Bedürfnissen jener
lebenden, fühlenden, verstandesbegabten, aufrechtgehenden,
biochemischen Zweibeiner entsprächen, die wir Mensehen sind.
Hunderte und aber Hunderte von Planeten, aber . . .
Statt dessen Temperaturen, die Hitzezünder schmelzen ließen. Keine Luft. Kein Erdreich. Kein Wasser.
Von solchen Welten konnte man wirklich nicht sagen — Venus hatte
sich dafür als typisches Beispiel erwiesen - , daß es sich
dort angenehm leben ließe. In Wirklichkeit beschränkte sich
das Leben auf solchen Welten auf homöostatische Kuppeln mit
eigener Atmosphäre, eigenem Wasser und selbstregulierender
Temperatur.
Belegung pro Kuppel: vielleicht dreihundert fühlende Seelen. Eine
ziemlich geringe Zahl, wenn man bedachte, daß die Einwohnerzahl
Terras in diesem Jahr bei sieben Milliarden stand.
»Hier«, sagte Freya, während sie sich mit gekreuzten
Beinen auf den dickflorigen Echtwollteppich neben Matson sinken
ließ. »Das Dossier über H.B.« Sie schlug es aufs
Geratewohl auf. Die Feldagenten der Lies Incorporated hatten saubere
Arbeit geleistet: hier fanden sich viele Daten, die über die von
den UN sorgfältig gehüteten Info-Medien nie die
Öffentlichkeit erreicht hatten, nicht einmal die sogenannten
>kritischen< Kommentatoren und Kolumnisten. Dem Gesetz nach
konnten sie nach Herzenslust kritisieren, den Charakter, die
Gepflogenheiten, Fähigkeiten und Rasiergewohnheiten Herrn Bertolds
. . . nur daß ihnen natürlich die grundlegenden Fakten
vorenthalten wurden.
Das galt jedoch nicht für Lies Incorporated, die Lügen-AG
— ein ironischer Spitzname angesichts der gesicherten Natur der
Daten, die jetzt vor ihrem Eigentümer lagen.
Es war eine herbe Lektüre. Sogar für ihn.
Horst Bertolds Geburtsjahr: 1964. Kurz vor Beginn des Welt-
raumzeitalters; wie Matson Glazer-Holliday war Horst ein
Überbleibsel der alten Welt, als noch alles, was man am Himmel
erspähte, >Fliegende Untertassen< hieß, eine falsche
Bezeichnung für eine Raketenabwehrwaffe der US Air Force, die sich
in der kurzen kriegerischen Auseinandersetzung von 1992 als unwirksam
erwiesen hatte. Horst war ins mittelständische Berlin
hineingeboren worden — West-Berlin hatte man es damals genannt,
weil — und es fiel manchmal schwer, sich daran zu erinnern -
Deutschland in jenen Tagen geteilt gewesen war . . . Eltern: seinem
Vater hatte ein Fleischmarkt gehört — sehr passend,
überlegte Matson, wenn man bedachte, daß Horsts Vater
SS-Offizier und früheres Mitglied einer Einsatzgruppe gewesen war,
die Tausende von unschuldigen Personen slawischer und jüdischer
Herkunft ermordet hatte . . . was allerdings keine negativen
Auswirkungen auf Johann Bertolds Fleischmarktgeschäft in den 60er
und 70er Jahren gehabt hatte. Und dann, 1982, im Alter von achtzehn
Jahren, war der junge Horst selbst ins Rampenlicht getreten
(unnötig zu erwähnen, daß inzwischen längst die
Verjährungsfrist seines Vaters abge- laufen war, den die
westdeutsche Gerichtsbarkeit ohnehin nie für seine Verbrechen in
den 40er Jahren verfolgt hatte und der auch erfolgreich den
israelischen Kommandoeinheiten entgan- gen war, die es 1980 aufgegeben
hatten, die ehemaligen Mas- senmörder aufzuspüren). 1982 war
Horst bereits ein Führer in der Reinholt-Jugend gewesen.
Ernst Reinholt aus Hamburg hatte an der Spitze einer Partei gestanden,
die für die Wiedervereinigung Deutschlands eintrat; der geplante
Handel sollte so aussehen, daß Deutschland in Zukunft als
militärische und ökonomische Macht zwischen Ost und West
neutral sein würde. Es hatte noch weitere zehn Jahre gedauert,
aber in den Wirren von 1992 hatte Reinholt von den USA und der UdSSR
endlich bekommen, was er wollte: ein geeintes, freies Deutschland unter
seinem gegenwärtigen Namen — und rappelvoll mit Schneid und
Machtbewußtsein. Und unter Reinholt hatte das Neue Einige
Deutschland von Anfang an ein unsauberes Spiel gespielt. Aber niemand
war davon wirklich überrascht; Ost und West waren viel zu sehr
damit beschäftigt, Zelte aufzustellen, wo sich einmal große
Bevölkerungszentren — wie etwa Chicago und
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