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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare
Autoren: Stanislaw Lem
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und plötzlich in Verwunderung und Zorn erstarrten. Erst jetzt hatten sie begriffen, jetzt erst würden sie fluchen.
    »Erdprozedur dritten Grades läuft, Astrogator«, sagte er, ohne den alten Mann anzusehen. Der blickte zu ihm hinüber und verzog unvermutet die Mundwinkel zu einem Lächeln.
    »Das ist doch bloß der Anfang, Rohan. Vielleicht machen wir noch lange Spaziergänge bei Sonnenuntergang, wer weiß …«
    Er entnahm dem flachen Wandschränkchen ein dünnes, hohes Buch, schlug es auf, legte es auf das hebelgespickte Pult und fragte: »Haben Sie das gelesen?«
    »Ja.«
    »Das letzte, von der siebenten Hyperrelaisstation registrierte Signal erreichte vor einem Jahr die Proximalboje im Bereich der Basis.«
    »Ich kann den Inhalt auswendig. ›Landung auf Regis 111 beendet. Wüstenplanet vom Typ Subdelta 92. Gehen mitzweiter Prozedur in Äquatorzone des Kontinents Evana an Land.‹«
    »Ja, aber das war nicht das letzte Signal.«
    »Ich weiß, Astrogator. Vierzig Stunden später registrierte die Hyperrelaisstelle eine Impulsfolge, die gemorst schien, aber völlig zusammenhanglos war, und danach mehrmals wiederkehrende, merkwürdige Laute. Haertel nannte sie ›Kreischen von Katzen, die am Schwanz gezogen werden‹!«
    »Ja, ja …«, sagte der Astrogator, aber er hörte offensichtlich gar nicht mehr zu. Er stand wieder vor dem Bildschirm. Dicht über dem unteren Rand des Gesichtsfeldes waren die scherenförmig ausgefahrenen Träger der Rampe zu erkennen, auf denen in gleichmäßigen Abständen, wie bei einer Parade, die Energoboter hinabglitten, dreißig Tonnen schwere Maschinen mit feuerfestem Silikonpanzer. Während sie hinunterkrochen, öffneten und hoben sich langsam ihre Hauben. Sie verließen die Rampe und sanken tief in den Sand ein, aber sie kamen gut voran und arbeiteten sich durch die Düne, die der Wind bereits um den »Unbesiegbaren« aufgeweht hatte. Nacheinander schwenkten sie rechts und links ein, und zehn Minuten später war das ganze Schiff von einer Kette metallener Schildkröten umgeben. Wenn ein Energoboter seinen Platz erreicht hatte, dann wühlte er sich gemächlich in den Sand ein, bis er darin verschwand und nur noch die glitzernden Kuppeln der Dirac-Emitoren gleich weit entfernt voneinander aus den roten Dünenhängen hervorlugten.
    Der schaumgummiverkleidete Stahlfußboden der Steuerzentrale erzitterte unter den Füßen der Männer. Blitzartig durchfuhr ein kaum spürbarer Schauer ihre Körper. Einen Augenblick noch durchrieselte er ihre Kiefermuskeln, das Bild verschwamm ihnen vor den Augen. Die Erscheinung dauerte keine halbe Sekunde. Abermals trat Stille ein, dievon dem fernen, aus den unteren Stockwerken heraufdringenden Summen der anlaufenden Motoren unterbrochen wurde. Die Wüste, die schwarzroten Felshalden, die träge dahinkriechenden Sandwellen nahmen auf den Bildschirmen wieder schärfere Umrisse an, und alles war wie zuvor, nur hatte sich über den »Unbesiegbaren« die unsichtbare Kuppel des Kraftfeldes gestülpt und verwehrte den Zugang zum Raumschiff.
    Da erschienen plötzlich Metallkrabben mit Antennen links und rechts, die wie Mühlenflügel kreisten, und schritten die Rampe hinunter. Diese Inforoboter waren bedeutend größer als die Feldemitoren, sie hatten einen abgeplatteten Rumpf und gebogene, seitwärts gespreizte Metallstelzen. Die Gliederfüßler blieben im Sand stecken, zogen unwillig die tief einsinkenden Extremitäten daraus hervor und verteilten sich auf die Zwischenräume in der Energoboterkette. Während die Schutzmaßnahmen weiterliefen, flammten auf dem mattierten Hintergrund des Zentralpults in der Steuerzentrale die Kontrollämpchen auf, und die Zifferblätter der Impulszähler überzogen sich mit grünlichem Glanz. Es war jetzt, als starrten Dutzende großer Katzenaugen die beiden Männer an. Die Zeiger standen überall auf Null: Nichts versuchte den unsichtbaren Wall des Kraftfeldes zu durchbrechen. Nur am Energieverteilungsmesser rückte der Pfeil höher, über die roten Gigawattstriche hinaus.
    »Ich gehe nach unten und esse etwas. Führen Sie den Stereotyp aus, Rohan«, sagte Horpach plötzlich mit müder Stimme und riß sich von dem Bildschirm los. »Ferngesteuert?«
    »Wenn Ihnen daran liegt, können Sie jemanden hinausschicken oder selbst gehen.»
    Mit diesen Worten schob der Astrogator die Tür auseinander und verließ den Raum. Einen Augenblick noch sahRohan sein Profil im schwachen Licht des Fahrstuhls, der lautlos abwärtsglitt. Er warf
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