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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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Schließlich braucht jede Kriminalgeschichte ein paar Bösewichte, und Ulrich Ebran von Wildenberg, der in Anton Nagels Stück zuletzt von seinem Komplizen Mang schmählich eine hohe Mauer hinabgestürzt wird, bot sich dafür an. Auch an ihn, sollte es ihn wirklich gegeben haben, richte ich meine Bitte um Vergebung.
    Womit uns die Schilderung der im wesentlichen historisch belegten Personen zu dem führt, was Johannes Reckel (im übrigen ein fiktiver Charakter) sein Leben lang verfolgt hat: der Bürgeraufstand in Landshut und mit ihm der Beginn der Geschichte der drei reichen Herzöge.
    Die Stadt Landshut hatte am Ende des vierzehnten Jahrhunderts eine erstaunliche Rechtsstellung erreicht; sie besaß die volle Stadtfreiheit, das Recht der Gesetzgebung und die Polizeigewalt innerhalb ihrer Grenzen. Neben diesen politischen Rechten hatten die Bürger der Stadt auch das nötige Geld; der Neubau der Martinskirche belegt dies eindrucksvoll. Die Finanzkraft des Bürgerstandes im Deutschen Reich war im übrigen ganz allgemein beeindruckend: Die Notwendigkeit einer Kleiderordnung, die von den eifersüchtigen Adligen und Klerikern für die prunkvoll und selbstbewußt auftretenden Patrizier verfaßt wurde, legt hierfür weiteres Zeugnis ab.
    Mit seinem Amtsantritt als Jüngling, der unter Vormundschaft stand, hoffte Herzog Heinrich, die von seinen Vorgängern verschuldete Leere in seiner Schatzkammer auszugleichen. Er nahm Geld von den Bürgern auf und gewährte ihnen im Gegenzug weitere Rechte; nur die Bestätigung aller Stadtfreiheiten verweigerte er.
    Sein Vorgehen muß aus seiner Sicht nur verständlich sein; er hatte die Aufgabe, das Land finanziell zu sanieren, und die Konzentration aller Macht in seinen Händen, der der Freiheitswille der Bürger entgegenstand, war für ihn nicht nur ein natürliches, sondern auch vollkommen legitimes Ansinnen.
    Im Jahre 1408 kollidierten die verschiedenen Interessen des Herzogs und seiner Bürger zum erstenmal gewaltsam; auf die Drohung des Stadtrats, sich bei Kaiser Ruprecht über ihn zu beschweren, ließ Heinrich in einem Gewaltstreich die angesehensten Bürger verhaften. Die Einflußreichsten unter ihnen, Mitglieder sowohl des äußeren als auch des inneren Rates, verloren ihr Vermögen und mußten die Stadt verlassen.
    Nach diesem Schlag gegen das Patriziat wurde die Opposition jedoch in den Zünften und der Gemeinde fortgesetzt. Eine geplante Verschwörung, die mit der Festsetzung des Herzogs und einiger seiner hohen Beamten enden sollte, wurde jedoch verraten und mit beinahe biblischer Strenge niedergeschlagen. Das Strafgericht um Ostern 1410 umfaßte etwa fünfzig Familien und verübte Hinrichtungen, Blendungen, Landesverweise und Vermögenseinzüge. Die zu Tode erschrockenen Bürger unterwarfen sich in allen Wünschen ihrem Herzog, änderten ihre Stadtverfassung, unterstellten sie dem Herzog und kamen demütig seinen Auflagen nach. Von dem städtischen Selbstverständnis blieb nichts mehr erhalten.
    Im übrigen scheint es, als ob beide Seiten das jeweilige Vorgehen bedauert hätten. Wie es heißt, hat Herzog Heinrich als Sühne für sein Blutgericht die Kirche Heilig Blut auf dem heutigen Hofberg errichten lassen.
    In dem uns überlieferten Bild wird Herzog Heinrich überwiegend negativ dargestellt. Seine Härte gegen die Aufständischen, sein Geiz und seine Auseinandersetzungen mit Ludwig dem Bärtigen von Ingolstadt stehen in allen Berichten im Vordergrund. Auf einem zeitgenössischen Porträt in einem Fenster der Kirche in Jenkof en sieht man ihn, drei Jahre vor seinem Tod, in voller Rüstung niederknien: Ein Mann mit langem gelockten Haupthaar, gefurchter Stirn und markanten Gesichtszügen, dem man es zutraut, seinem Wahlspruch »Wolt got« selbst des öfteren kräftig nachgeholfen zu haben.
    Am 30. Juli 1450 erlag Herzog Heinrich in Landshut der Pest und überließ die Regierungsgewalt seinem Sohn Ludwig, damals bereits ein erwachsener Mann von dreiunddreißig Jahren. Auch er begann sein Amt mit einer Gewaltmaßnahme, indem er die jüdischen Bewohner Landshuts zuerst zwangsbesteuerte und dann aus dem Land verwies. Er versöhnte sich mit seinem Münchner Vetter Albrecht, dem sich sein Vater Heinrich entfremdet hatte, brach aber gleichzeitig Feindseligkeiten mit seinem fränkischen Nachbarn Markgraf Albrecht Achilles vom Zaun. Beide unterstützen die auf dem Türkentag zu Regensburg 1455 geborene Idee, wegen der politischen Untätigkeit Kaiser Friedrichs einen deutschen
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