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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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Augsburg maßgeblich dazu beigetragen, daß zwischen dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg und unserem Herzog ein Waffenstillstand entstehen konnte. Von Eurer Gewitztheit und Zuverlässigkeit künden heute noch die Protokolle der damaligen Verhandlungen. Das empfiehlt Euch in meinen Augen mehr als nur ein wenig.«
    »Das war vor mehr als zehn Jahren«, rief ich. »Damals war ich ein junger Mann.«
    »Um so besser, wenn mit den Jahren auch noch die Reife zu Eurem Geschick hinzugekommen ist«, erwiderte er ernst. Er zögerte einen Augenblick, dann fuhr er fort: »Zudem weiß ich von Herrn Altdorfer, daß Ihr in solchen … Dingen Erfahrung habt. Hatte Euch Bischof Peter von Augsburg vor dem Krieg nicht dem Untersuchungsrichter beigestellt, damit Ihr in denjenigen Rechtssachen ermittelt, die möglicherweise die Kirche angingen?«
    »Ich hatte nicht erwartet, daß er es weitererzählen würde!« rief ich aus. Altdorfer senkte den Kopf und wurde rot.
    »Ihr solltet die Idee vergessen«, sagte ich ruhiger. »Auch wenn Ihr die Gespenster der Vergangenheit weckt, könnt Ihr mich nicht überzeugen.«
    »Wir bitten Euch nur um Eure Hilfe. Nicht in unserem Namen, sondern um ein großes Unheil abzuwenden, das unser Herzogtum treffen würde, wenn diese Hochzeit nicht stattfindet.«
    »Warum kümmert Ihr Euch nicht selbst darum?« Der Kanzler seufzte tief.
    »Seht mich an«, sagte er. »Ich bin direkt aus meiner Studierstube hierher gekommen, wo ich bis vor kurzem noch gearbeitet habe. Und das ist kein Ausnahmefall. Der gesamte Hofstaat des Herzogs steht seit einem halben Jahr köpf. Der Rentmeister, der Burgpfleger, der Vertreter des Stadtoberrichters, der Oberst der Wappner – sie und ich und viele andere gehören dem Hochzeitskomitee an und bemühen uns, die Feierlichkeiten zu organisieren. Herr Alber, mein Beirat, hat selbst die Taufe seiner jüngsten Tochter vergessen und seither zu Hause den Teufel am Hals. Seht Euren Freund an, den Stadtkämmerer. Für ihn gilt das gleiche; er ist für die Vorgänge in der Stadt verantwortlich, soweit sie die Hochzeit betreffen. Tatsächlich haben wir zusammengesessen, um unsere Tätigkeiten aufeinander abzustimmen. Doktor Mauerkircher, der Propst von Altötting, und ich haben im vorigen Jahr diese Hochzeit eingefädelt; ich habe Briefe an Kaiser Friedrich geschrieben, um für unseren Herzog um Fürsprache zu bitten, und den Propst und den Reichskanzler von Polen nach Rom senden lassen, um den Dispens von Papst Sixtus zu erlangen. Ihr wißt vielleicht, daß die Eheleute verwandt sind – Herzog Ludwig und Königin Elisabeth, die Mutter der Braut, sind Vetter und Base. Jetzt muß das Fest vorbereitet werden. Glaubt Ihr, ich kann diese Arbeiten ganz allein durchführen? Ohne die Hilfe des Herrn Altdorf er wäre ich schon längst zusammengebrochen.«
    »Peter«, sagte Hanns Altdorfer fast flehentlich. »Wir arbeiten Tag und Nacht. Ich habe selbst mein Haus zur Verfügung gestellt, damit der junge Herzog sein Domizil und sein Brautgemach darin aufschlagen kann. Ich übernachte seit Tagen im Rathaus, wenn ich überhaupt etwas Schlaf bekomme.«
    Ich starrte ihn an. Der Kanzler ergriff wieder das Wort.
    »Der ungestüme Edelmann hier würde lieber heute als morgen den Anlaß liefern, die Hochzeit platzen zu lassen«, sagte er hastig auf bayrisch. »Ihm ist es egal, ob eine Posse oder ein blutiger Krieg daraus entsteht.«
    »Sprecht Latein!« bellte Moniwid. Doktor Mair nickte.
    »Wie wollt Ihr Euch entscheiden?« fragte er.
    Ich wandte den Blick von seinem Gesicht ab und starrte auf den Boden.
    »Ihr habt eine Menge Wappner«, murmelte ich. »Ihr habt den Richter und seinen Justizapparat. Weshalb wendet Ihr Euch nicht an ihn?«
    Der Richter räusperte sich und sagte in seinem dialektgefärbten Latein: »Es ist kein zuverlässiger Mann darunter, und ich selbst kann die Ermittlungen nicht durchführen. Mein Stellvertreter ist voll und ganz in die Hochzeitsvorbereitungen eingebunden; ich habe seine Arbeit mit zu erledigen.«
    »Woher wollt Ihr wissen, daß ich zuverlässig bin?«
    »Wir vertrauen dir«, sagte Hanns Altdorfer, und ich schnitt ihm eine Grimasse.
    »Zu gütig«, sagte ich sarkastisch.
    »Peter, bitte«, murmelte er verletzt.
    Ich sah den Männern wieder in die Gesichter. Ihre Augen drängten mich zu einer Entscheidung. Plötzlich hatte ich das Gefühl, ich müsse mich bewegen; ich stapfte in der Grube umher und suchte nach Worten.
    »Ich habe keine Ahnung, wo ich überhaupt anfangen
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