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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf
Autoren: Emmy von Rhoden
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Anordnungen vortrefflich und als er seinen Blick über die junge Mädchenschar hingleiten ließ, mußte er seine Freude aussprechen, wie gesund und fröhlich fast alle aussahen. 
    Ilse sah auch umher, aber es waren nicht die fröhlichen und gesunden Gesichter, die sie interessierten, sondern die Schürzen. Jede Einzelne trug ein solches von ihr verachtetes Ding, und Fräulein Raimar sah nicht aus, als ob sie eine Ausnahme bei ihr gelten lassen würde. 
    Nach dem Gebete wurden die Speisen aufgetragen. Dieselben waren kräftig und gut gekocht, und Herr Macket konnte sich überzeugen, daß sein Kind auch in dieser Hinsicht gut versorgt sein werde. 
    Nach dem Essen verabschiedete er sich bald, und Ilse durfte ihn begleiten. Nellie hatte kaum davon gehört, als sie wie der Wind die Treppe hinaufflog, um gleich darauf mit Ilses Hut und Handschuhen zurückzukommen. 
    Diese dankte ihr dafür, und Herr Macket reichte ihr die Hand. 
    »Leben Sie wohl, mein Fräulein,« sagte er herzlich, denn Nellie hatte durch diese kleine Aufmerksamkeit ihn sofort für sich eingenommen, »und haben Sie Geduld mit meinem kleinen Wildfang.« 
    »O ja,« entgegnete Nellie, »ich werde mir schon gern von sie annehmen.« 
    »Nun, Ilse, wie gefällt dir das Institut?« fragte der Oberamtmann, als sie auf der Straße gingen, »ich gestehe, daß ich sehr befriedigt von hier abreise, ich weiß, ich lasse dich in guten Händen.« 
    »Mir gefällt es gar nicht hier!« erklärte Ilse höchst verstimmt. »Es ist mir alles so fremd, und vor dem grauen Fräulein mit dem blonden, glatten Scheitel fürchte ich mich. Sie ist so hart, so ungefällig! Du sollst sehen, Papa, sie ist nicht gut gegen mich. Warum soll ich Bob nicht behalten?« 
    »Du hast gehört, weshalb nicht, nun mußt du auch nicht mehr so hartnäckig auf deinen Wunsch zurückkommen,« verwies er sie leicht. 
    »Nun fängst auch du an, mit mir zu zanken! Niemals hast du so böse mit mir gesprochen,« rief Ilse schmerzlich beleidigt. Und sie fühlte sich in dem Gedanken, daß kein Mensch, selbst der Papa nicht, sie leiden möge, so unglücklich, daß das große Mädchen auf offner Straße zu weinen anfing. 
    Der Oberamtmann nahm ihren Arm und legte ihn in den seinigen. Des Kindes Thränen machten ihn so weich. 
    »Aber Kleines,« sagte er zärtlich und versuchte zu scherzen, »was machst du denn? Sollen dich die Leute auslachen, wenn das große, kleine Mädchen weint?« 
    Er führte sie zurück in das Hotel und dort fanden sie bereits Bob. Freudig bellend begrüßte er Ilse, und diese nahm ihn hoch und liebkoste ihn unter lautem Schluchzen. 
    Um fünf Uhr reiste der Oberamtmann wieder zurück in die Heimat. Die wenigen Stunden bis dahin vergingen schnell und stürmisch. Je näher der Abschied rückte, desto aufgeregter wurde Ilse, und es bedurfte seiner ganzen Festigkeit, um ihrem Wunsche, sie wieder mit nach Moosdorf zu nehmen, entgegenzutreten. 
    »Sei doch verständig!« Wie oft bat er sie in dringendem Tone darum, wenn sie in leidenschaftlicher Erregung allerhand Drohungen ausstieß, wie: 
    »Ich laufe heimlich davon,« oder »ich werde so ungezogen sein, daß mich das böse Fräulein wieder fortschickt!« Er wußte, sie werde beides nicht thun, aber es machte ihm doch Kummer, seinen Liebling so trostlos zu sehen. 
    Sie wollte ihn wenigstens zur Bahn begleiten, auch das litt Herr Macket nicht. 
    »Ich fahre dich zurück in das Institut und dann allein zur Bahn. So ist es am besten. Nun komm, Ilschen,« fuhr er fort, als der Wagen unten vorfuhr, und nahm sie zärtlich in den Arm, »und versprich mir ein gutes, folgsames Kind zu sein. Du sollst einmal sehen, wie bald du dich eingewöhnt haben wirst.« 
    Sie hing sich an seinen Hals und mochte sich nicht von ihm trennen. Es fiel ihr mit einemmal schwer auf das Herz, wie sehr sie den Papa gequält hatte in den letzten Stunden. 
    »Sei mir gut, mein lieber, lieber Papa!« bat sie, »sei mir gut! Du bist ja der einzige Mensch auf der Welt, der mich lieb hat!« 
    Als der Wagen vor der Anstalt hielt, trennte sich Ilse lautschluchzend von ihrem Vater, und als sie denselben davonfahren sah, war es ihr zu Mute, als ob sie auf einer wüsten Insel allein zurückgelassen, elendiglich untergehen müsse. 
    * * * 

Noch eine Weile stand sie vor der verschlossenen Pforte, 
    sie konnte sich nicht entschließen, an der Klingel zu ziehen. Da wurde die Thür von selbst geöffnet und Fräulein Güssow stand in derselben. Sie hatte von einem
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