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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist
Autoren: Deon Meyer
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Dienstwagen, einen blauen Sierra, weil er Bereitschaftsdienst hatte. Auf dem Weg nach Hause hielt er bei dem Secondhand-Buchladen
     in der Koeberg Road. Billy Wolfaardt stand in der Tür.
    »Hi, Captain. Wie läuft’s mit den Morden?«
    »Immer gleich, Billy.«
    »Zwei Ben Bovas sind reingekommen. Aber ich glaube, die haben Sie schon.«
    Joubert ging zu den Science-Fiction-Büchern hinüber.
    »Und ein neuer William Gibson.«
    Joubert fuhr mit dem Finger über die Rücken der Bücher. Billy Wolfaardt wandte sich ab und ging zur Kasse an der Tür. Er wußte,
     daß der Captain kein großer Redner war.
    Joubert schaute die Bovas an, stellte sie zurück ins Regal, nahm den Gibson und zahlte dafür. Er verabschiedete sich und fuhr
     davon. Auf dem Nachhauseweg holte er sich Kentucky-Chicken.
    Jemand hatte einen Umschlag unter seiner Tür hindurchgeschoben. Er trug ihn zusammen mit dem Taschenbuch und dem Essen in
     die Küche.
    Der Umschlag war mit Zeichnungen von Blumen in blassen Pastellfarben verziert. Er legte die anderen Sachen hin, |35| holte ein Messer aus der Schublade und schlitzte den Umschlag auf. Darin lag ein einzelnes Blatt Papier mit demselben Blumenmuster,
     in der Mitte gefaltet. Es roch süß. Parfüm. Er faltete es auseinander. Die Handschrift gehörte unverkennbar einer Frau. Er
     las:
    Die hitzige Umarmung
    Meines tiefsten Verlangens
    Entfacht die Flamme
    Deines lodernden Feuers
     
    Schmeck mich, berühr mich, nimm mich
    Spieß mich auf wie einen Schmetterling
    Mein Liebster, du wirst sehen
    Mich lieben heißt mich sterben lassen.
    Keine Unterschrift. Das Parfüm war die Unterschrift. Er erkannte es.
    Joubert setzte sich an den Küchentisch. Warum tat sie ihm das an? Er brauchte nicht noch so eine Nacht wie die letzte.
    Er las es noch einmal. Die offenherzigen Verse ließen Bilder in seinem Geist erscheinen – Yvonne Stoffberg, ihr junger Körper
     nackt, unter ihm, Schweiß glitzerte auf den vollen, runden Brüsten …
    Er warf das Gedicht samt Umschlag in den Mülleimer und ging in sein Zimmer. Nicht noch so eine Nacht. Das würde er nicht durchhalten.
     Er warf seine Krawatte auf das Bett, ging das Taschenbuch holen und nahm es mit ins Wohnzimmer.
    Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Nach sieben mühsamen Seiten holte er das Gedicht aus dem Mülleimer und las es noch
     einmal. Er ärgerte sich über seine mangelnde Disziplin.
    |36| Sollte er sie anrufen? Nur um sich zu bedanken.
    Nein.
    Vielleicht ging ihr Vater an den Apparat, und er wollte nichts anfangen.
    Nur um sich zu bedanken.
    Er dachte, das Verlangen wäre in ihm abgestorben. Um dieselbe Zeit gestern hatte er noch geglaubt, das Verlangen wäre tot.
    Das Telefon klingelte. Joubert erschrak, stand auf, ging ins Schlafzimmer.
    »Joubert.«
    »Einsatzzentrale, Captain. Schüsse vor dem Holiday Inn in Newlands. Ein Toter, männlich, weiß.«
    »Bin schon unterwegs.«

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    |37| 5
    Der andere Kollege, der Mat Joubert noch nicht aufgegeben hatte, war Detective Sergeant Benny Griessel. Denn trotz allen zynischen
     Gehabes – Griessel verstand Jouberts Rückzug absolut. Er war überzeugt, daß ein Detective der Mordkommission in irgendeinem
     Bereich einknicken mußte, denn der Tod war sein ständiger Begleiter, war Brot und Butter für ihn.
    Etwas mehr als ein Jahr lang hatte Griessel zugeschaut, wie Joubert tiefer und tiefer im Treibsand der Depression versank
     und nicht fähig war, sich daraus zu befreien. Und Griessel hatte sich gesagt: besser das als die Flasche. Benny Griessel kannte
     sich aus mit Flaschen. Der Alkohol erlaubte es ihm, den Schatten des Todes zu vergessen, aber gleichzeitig flohen seine Frau
     und die zwei Kinder Hals über Kopf vor dem widerwärtigen, hartherzigen Trinker, der am Samstagabend ihr Leben zur Hölle machte.
     Und auch an vielen anderen Abenden der Woche.
    Nein, Mat Joubert war immer noch besser dran.
    Griessel war der erste am Tatort. Er war mittelgroß und hatte ein slawisches Gesicht, eine gebrochene Nase und verhältnismäßig
     lange schwarze Haare. Er trug einen zerknitterten blauen Anzug.
    Joubert drängelte sich durch die Zuschauermenge, bückte sich unter dem gelben Plastikband hindurch, mit dessen Hilfe |38| die Uniformierten den Tatort abgesperrt hatten, und ging hinüber zu Griessel, der am Rande des Parkplatzes mit einem jungen,
     blonden Mann redete. Die Polizisten hatten ein Tuch über die Leiche gebreitet. Es lag formlos im Schatten eines stahlblauen
     BMW.
    »Captain«,
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