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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman
Autoren: Sabine Ebert
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Heiligen Land zurück ist! Oder rechnet er etwa längst damit, weil er sich keinerlei Täuschung über die Hinterhältigkeit und Gier seines Bruders hingibt?
    Als hätte Dietrich Claras Gedanken erraten, richtete er nun seinen Blick auf sie. »Erzählt uns, was in Freiberg und Meißen vorgefallen ist!«
    Sie fühlte sich ertappt und musste sich erst sammeln, um zu berichten, was sich seit Dietrichs Abreise zugetragen hatte: von dem Hin und Her auf dem Burgberg nach Markgraf Ottos Gefangennahme und Freilassung, von Albrechts merkwürdigem Betragen am Totenbett seines Vaters und davon, wie er völlig entfesselt vom Hoftag des Königs zurückkam, nachdem er mit der Mark Meißen belehnt worden war.
    »Er raubte dreitausend Mark Silber vom Altar des Klosters bei Nuzzin, warf meinem Mann Verrat vor und köpfte ihn eigenhändig vor dem versammelten Hofstaat«, berichtete Clara stockend. »Dann befahl er Lukas’ Hinrichtung. In diesem Augenblick trat meine Mutter vor und verfluchte ihn. Euer Bruder befahl, sie und meinen Stiefvater in den Kerker zu werfen und so lange zu foltern, bis sie widerrufen würde.«
    Claras Stimme erstickte, sie räusperte sich, um sich wieder in die Gewalt zu bekommen, aber es war ihr unmöglich; der Schmerz erstickte jedes Wort in ihr.
    Sie hat sich verändert, dachte Dietrich, während er die Augen nicht von Clara lassen konnte, obwohl eigentlich ihr Bericht all seine Aufmerksamkeit fesseln sollte. Natürlich … sie hat ein Kind geboren und ihren Mann verloren. Einen Mann, den sie offensichtlich zu lieben gelernt hatte.
    »Euer Gemahl war von großem Mut«, sagte Dietrich leise. »So kannte ich ihn schon, als er noch unter dem Befehl Eures Vaters diente.«
    Norbert, der Burgkommandant, sprang für Clara ein, die immer noch mit den Tränen kämpfte.
    »Dieser jungen Frau gelang es, aus Freiberg zu entkommen. Als sie mir Euren Ring zeigte, sorgte ich hier für ihre Aufnahme und ihren Schutz.«
    »Ich danke Euch dafür«, mischte sich Thomas ein, zwar ehrlich erleichtert, aber mit neu aufkommender Sorge. Die Art, wie dieser Norbert Clara ansah, machte ihn misstrauisch. War etwas zwischen den beiden?
    Der Kommandant nickte ihm knapp zu, dann fuhr er, zu Dietrich gewandt, fort: »Wie es heißt, hat der Fluch der Herrin Marthe großen Eindruck auf Euern Bruder gemacht. Kurz darauf nahm er einen Astrologen in seine Dienste, von dem er sich zu jedem seiner Schritte beraten lässt. Dieser Mann hat inzwischen mehr Einfluss auf ihn als alle seine sonstigen Ratgeber.«
    »Lässt sich dieser Astrologe kaufen? Weiß jemand, in wessen Interesse er meinen Bruder zu beeinflussen sucht?«, erkundigte sich Dietrich sofort.
    »Wir werden versuchen, das herauszufinden«, versicherte Norbert überrascht, der anscheinend ein solches Vorgehen noch nicht in Betracht gezogen hatte.
    Der Graf von Weißenfels stellte ein halbes Dutzend weiterer Fragen, dann entschied er: »Morgen werden wir prüfen, welche der Knappen wirklich schon das Zeug haben, in den Ritterstand erhoben zu werden. Bis die Boten mit frischen Nachrichten zurück sind, verstärken wir unsere Truppen. Verdoppelt die Wachen, alarmiert die Bewohner der umliegenden Orte!«
    Der Burgkommandant und der Verwalter nahmen die Befehle mit einem knappen Nicken entgegen.
    »Da wir noch nicht wissen, wann die Männer meines Bruders kommen und wie viele es sein werden, sollten wir uns damit beeilen, ihnen einen gebührenden Empfang vorzubereiten«, sagte Dietrich mit einem harten Lächeln und erhob sich. »Doch jetzt lasst uns hinuntergehen. Es ist bald Nacht. Alles andere soll warten bis morgen früh.«
    Auf dem Weg in die Halle wich Thomas nicht von Claras Seite. Er legte ihr tröstend den rechten Arm um die Schultern, während seine linke Hand den Griff seines Schwertes umklammerte.
    Niemals hätte er gedacht, dass ihre Ehe mit Reinhard einen solch schrecklichen Ausgang nehmen würde. Also hatte er ihm unrecht getan. Und mit maßlosem Zorn erfüllte Thomas, was er gerade über das Schicksal seiner Mutter und seines Stiefvaters erfahren musste.
    Sollen sie nur kommen!, dachte er. Dann kann ich endlich für meinen Vater Rache nehmen!
    Clara an seiner Seite schien seine düsteren Gedanken zu spüren. Und es schmerzte sie.
     
    Unten in der Halle warteten die gesamte Burgmannschaft und das Gesinde auf den zurückgekehrten Herrn. Als Dietrich und seine Begleiter die Treppe herunterkamen, knieten sie vor dem Grafen nieder.
    Statt sich an die hohe Tafel zu setzen, blieb
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