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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Stone
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einen für den Wachmann, der einen Mund voll Schmeißfliegen geschluckt hatte, und einen für den Toten, an dem just diese Fliegen sich gütlich getan hatten, bis der Wachmann sie gestört hatte.

2
     
    »Wer sagt, dass es Mord war?«, fragte Detective Sergeant Max Mingus seinen Partner Joe Liston, als sie in Joes grünem 75er Buick Cabrio vor dem Eingang des Primate Park vorfuhren.
    »Keiner«, antwortete Joe.
    »Und was machen wir dann hier?«
    »Unseren Job «, sagte Joe. Sie waren gerade auf dem Weg zur Zentrale der Miami Task Force gewesen, als der Funkspruch eingegangen war. Primate Park lag auf ihrem Weg. Max hatte nichts mitbekommen, weil er tief und fest geschlafen hatte, die Wange an die Seitenscheibe geklebt. Joe hatte ihm alles Wichtige erzählt. »Wir halten einfach die Stellung, bis die richtigen Leute eintrudeln. Was wartet schon Dringendes auf uns? Ein Berg Akten und ein übler Kater. Hast du es eilig damit?«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Max. Sie hatten beide noch mit den Nachwirkungen der Wahlfeier am Vorabend im Evening Coconut zu kämpfen. Das Coco – wie sie es nannten – war eine Bar in der Innenstadt, ganz in der Nähe ihrer Zentrale und zugleich im Herzen des Büroviertels von Miami gelegen. Polizisten in Zivil trafen auf die Anzugträger aus den umliegenden Banken, Kanzleien, Verlagen, Marketingagenturen und Immobilienunternehmen. Die Anzugträger luden die Polizisten auf ein Getränk ein, um Geschichten von der Front zu hören, und lauschten den Erzählungen von Schießereien, Serienmördern und grausamen Verstümmelungen, ehrfürchtig und mit großen Augen wie geistesgestörte Kinder. Zahllose Affären hatten dort ihren Anfang genommen: Überarbeitete, ausgelaugte Führungskräfte, die neben ihrem Beruf kein Leben mehr hatten, fanden Seelenverwandte in den überarbeiteten, ausgelaugten Polizisten, die ebenfalls neben ihrem Beruf kein Leben mehr hatten – oder neben ihrer Berufung, wie viele ihre Arbeit nannten, weil die Bezahlung für die Gefahren, denen sie sich aussetzten, bestenfalls ein schlechter Witz war. Darüber hinaus war die Bar der ideale Ort, um den einen oder anderen Nebenjob an Land zu ziehen, von einfachen Wachdiensten bis zu Beratungstätigkeiten und privaten Ermittlungen. Max und Joe waren nicht oft dort, und wenn, dann nur zum Trinken. Sie hatten keine Lust, Wildfremden von ihrer Arbeit zu erzählen, und strahlten gemeinsam so viel Feindseligkeit aus, dass die Zivilisten einen großen Bogen um sie machten.
    Der Jubel über Reagans Sieg, der auf den vier Bildschirmen der Kneipe verkündet worden war, war ebenso ohrenbetäubend gewesen wie der Chor der Beleidigungen und Buhrufe, die Richtung Fernseher geschleudert wurden, als Carter auftrat, um mit Tränen in den Augen seine Niederlage einzugestehen. Joe hatte sich extrem unwohl gefühlt. Zeit seines Lebens war er Demokrat gewesen, er mochte und bewunderte Jimmy Carter. Er hielt ihn für ehrlich und anständig, und vor allem für einen Mann mit Prinzipien. Doch alle anderen Polizisten der Stadt hassten ihn für das Mariel-Boatlift -Fiasko. Ihm war es zu verdanken, behaupteten sie, dass das Leben in Miami für Polizisten zum Albtraum geworden war.
    Vom 15. April bis zum 31. Oktober hatte Fidel Castro 125 000 Menschen in mehreren Flottillen leckgeschlagener Boote von Kuba in die USA geschickt. Viele waren Dissidenten mit ihren Familien, aber Castro hatte zugleich die Gelegenheit ergriffen, um, wie er es ausdrückte, »Kubas Toiletten über Amerika zu entleeren«. Er hatte die Straßen seines Landes von allen Pennbrüdern, Bettlern, Prostituierten und Krüppeln gesäubert, die Gefängnisse und Psychiatrien von den übelsten und gewalttätigsten Insassen befreit und sie alle nach Amerika versandt. Die Kriminalitätsrate in Miami war in jenen sechs Monaten explodiert. Die Zahl der Morde, der bewaffneten Raubüberfälle, Einbrüche und Vergewaltigungen schnellte in die Höhe, und die Polizei bekam es nicht in den Griff. Sie war schon vorher unterbesetzt und unterfinanziert gewesen und wurde von der neuen Verbrechenswelle völlig unvorbereitet überrannt. Plötzlich hatten sie es mit einer neuen Spezies des Kriminellen zu tun, die ihnen noch nie zuvor begegnet war: Arme aus der Dritten Welt, getrieben vom Neid auf die Erste Welt, die nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hatten und gedankenlos und ohne Reue Gewalt anwendeten.
    Noch dazu war Miami am 17. Mai von den schlimmsten Rassenunruhen seit Watts zerrissen worden.
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