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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Stone
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aber er hatte das Häftlingsgehabe der völligen Gleichgültigkeit bis zur Perfektion gemeistert: Im Gefängnis lernte man, mit den Wänden zu verschmelzen.
    Eldon griff in den gepolsterten Umschlag, den er mitgebracht hatte, und legte den Inhalt vor Boukman auf den Tisch. Drei 90er TDK-Kassetten – eine schwarz, eine grau und eine durchsichtig -, die Aufkleber mit Daten versehen. Boukman warf einen kurzen Blick darauf, sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
    »Glaubst du, ich wusste nicht, dass du unsere Gespräche aufgezeichnet hast? Zwei Kopien für dich«, Eldon zeigte auf die graue und die durchsichtige Kassette, »und eine für Pruitt McGreevy. Was genau hast du über deinen Anwalt gewusst?«
    Eldon wartete auf Boukmans Antwort. Sie kam nicht. Boukman lehnte sich wortlos in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Eldon fiel auf, dass er sein Hemd vollständig zugeknöpft hatte, bis zum Kragen und den Manschetten.
    »Ein Mann mit hochtrabenden liberalen Prinzipien«, fuhr Eldon fort. »Negride verteidigt er kostenlos, und er hat diese kleine Vorliebe für minderjährige Mädchen. Ein solcher Skandal, wenn er denn aufflöge, würde ihn die Karriere kosten. Er wollte seine Zulassung nicht verlieren. Das verstehst du sicherlich. Ist nicht persönlich gemeint.«
    Boukman erwiderte Eldons Blick, und zum ersten Mal seit vielen Jahren sahen sie einander bei vollem Tageslicht in die Augen. Eldon hatte fast vergessen, wie einzigartig diese braunen Augen waren, wie abgrundtief der Blick, leer wie die Augenhöhlen eines Totenschädels und erfüllt von der gleichen Dunkelheit. Augen, die vor der Zeit alt geworden waren, die die Fähigkeit verloren hatten, von irgendetwas, was das Leben ihnen zeigen konnte, überrascht zu sein, gleichgültig wie abstoßend, grausam oder schrecklich es sein mochte. Die meisten Kriminellen, selbst die härtesten Fälle, brauchten Jahre, um diese Unergründlichkeit zu perfektionieren, diese Kälte und Distanziertheit, doch keiner von denen konnte sich auch nur annähernd mit Boukman messen.
    »Und selbst mit den Aufnahmen hätte er dir nicht helfen können. Weil du nämlich nicht wegen der Drogen und den Entführungen und den Morden, diesen kranken Voodoo-Opferungen und dem ganzen Scheiß vor Gericht gestellt wirst. Das ist uns alles egal. Ihr bringt euch doch ständig gegenseitig um, jeden Tag. Das ist keine Story mehr wert.
    Aber einen Polizisten zu töten, das ist eine Story. Und dafür kriegen wir dich dran. Der Prozess wird eröffnet und ist im Grunde schon abgeschlossen. Zwei hochdekorierte Beamte haben gesehen, wie du den Mann erschossen hast. Deine Fingerabdrücke sind auf der Mordwaffe. Die ballistischen Spuren passen. Ende, aus. Der beste Anwalt der Welt kann dich da nicht mehr rausholen. Das ist dein Todesurteil. Du kommst auf den Stuhl.«
    Boukman lächelte sehr leicht, seine Mundwinkel kündeten von dem gleichen privaten Amüsement, das auch auf den Fotos in den Zeitungen und in der Verbrecherkartei zu erkennen war. Dann beugte er sich vor und sprach mit einer Stimme, die kaum lauter war als ein Flüstern. »Deine beiden hochdekorierten Beamten, Max Mingus und Joe Liston, waren hinter mir her, aber gekriegt haben sie mich nicht. Sie haben einen Taxifahrer gefasst, der einen Bullen erschossen hat. Wenn du nicht mehr gegen mich in der Hand hast als die beiden, kannst du die Stadt auch gleich den Kriminellen übergeben. Aber was rede ich da? Die Stadt ist ja schon in der Hand von Kriminellen.« Boukman legte den Kopf auf die Seite. »Weiß Mingus, dass er und ich im gleichen Team waren?«
    »Du stehst allein da, Boukman.« Eldon ignorierte die Häme, aber Solomons Dreistigkeit wurmte ihn. Warum hatten die beiden den Wichser nicht einfach in Lemon City um die Ecke gebracht? Warum hatten sie ihn nicht verbluten lassen? »Wir haben alles – deine ganzen Leute, dein ganzes Vermögen, dein ganzes Geld. Und deine haitianischen Connections? Die habe ich.«
    »Dann viel Spaß … solange es dauert. Denn nichts, was so gut ist, hält ewig.« Boukmans Augen funkelten vor Spott.
    Eldon schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf.
    »Was ich nicht begreife: In Opa Locka hast du gewusst, dass das Spiel aus war. Du hättest verschwinden können. Aus der Stadt, aus dem Land. Warum bist du geblieben? Warum bist du ausgerechnet nach Lemon City gegangen? Ausgerechnet.«
    »Ich kenne mein Schicksal.«
    »Evas Blödsinn schon wieder.« Eldon lachte.
    Boukmans Grinsen erstarb, als
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