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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman
Autoren: H kan Nesser
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sagte sie. »Es reicht. Ich mach’s. Ach, verdammt, du weißt so gut wie ich, dass Lampe-Leermann so ungefähr das Widerlichste ist, was je in handgenähten Schuhen und mit Siegelring unterwegs war... Abgesehen davon stinkt er auch noch die ganze Zeit nach altem Knoblauch... merk dir, dass ich von altem Knoblauch rede, gegen frischen habe ich nichts. Aber ich mach’s, du brauchst dich nicht noch mehr anzustrengen. Verdammt und zugenäht. Wann?«
    Reinhart ging zum Fenster und kratzte über dem Blumentopf seine Pfeife aus.

    »Ich habe Vrommel gesagt, dass du wahrscheinlich morgen auftauchst.«
    Moreno starrte ihn an.
    »Hast du einen Termin gemacht, ohne mich zu fragen?«
    »Wahrscheinlich habe ich gesagt«, beschwichtigte sie Reinhart. »Ich habe gesagt, dass du wahrscheinlich morgen kommst. Was, zum Teufel, ist denn los mit dir? Spielen wir nicht mehr auf derselben Seite, oder was ist?«
    Moreno seufzte.
    »Na gut«, sagte sie. »Verzeihung. Ich wollte ohnehin morgen früh fahren, so große Umstände macht es also nicht. Wirklich nicht.«
    »Gut«, sagte Reinhart. »Ich rufe Vrommel an und sage Bescheid. Um welche Uhrzeit?«
    Sie dachte nach.
    »Um eins. Sag, dass ich um ein Uhr komme und dass sie Lampe-Leermann zum Mittagessen nichts mit Knoblauch geben dürfen.«
    »Auch nichts mit frischem?«, fragte Reinhart.
    Sie gab keine Antwort. Als sie schon in der Tür stand, erinnerte er sie an den Ernst der Lage.
    »Und sorg dafür, dass dieser Arsch jeden verdammten Namen ausspuckt, den er in der Birne hat. Ihr kriegt beide einen Bonus für jeden Scheißverbrecher, den wir einsperren können.«
    »Ist doch klar«, sagte Moreno. »Der Herr Kommissar fluchen zu viel. Aber eine hübsche Farbe haben deine Schuhe... macht einen einwandfrei jugendlichen Eindruck.«
    Noch ehe Reinhart etwas dazu sagen konnte, war sie schon verschwunden.

4
    Als sie zu Hause unter der Dusche stand, ging ihr auf, dass es sich um ein Omen handelte.
    Was denn sonst? Wie hätte sie die Sache sonst deuten sollen? Franz Lampe-Leermann tauchte einfach auf und vermasselte ihren Urlaub, zwei Stunden, bevor der losging. Das war doch absolut unwahrscheinlich. Oder völlig klar, das kam auf den Standpunkt an. Seit Mitte April hatte er sich der Polizei entziehen können — nach einem reichlich blödsinnigen Banküberfall, der am Gründonnerstag in Linzhuizen passiert war, hatten sie die Fahndung intensiviert —, und dann ging dieser Vollidiot ausgerechnet jetzt in die Falle. Und dann auch noch in Lejnice!
    Lejnice! Einer kleinen unscheinbaren Hafenstadt mit vielleicht zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend Einwohnern. Und einigen zusätzlichen tausend im Sommer. Und nicht mehr als zehn Kilometer von ihrem eigenen geplanten Aufenthaltsort während der beiden nächsten Wochen gelegen.
    Port Hagen. Ein noch kleineres Kaff, aber Käffer hatten auch ihr Gutes, und in diesem lag Mikael Baus Sommerhaus.
    Mikael Bau, dachte sie. Mein Nachbar und zufälliger Partner.
    Zufällig?, dachte sie dann. Partner? Das klang doch bescheuert. Aber alles andere klang noch schlimmer. Oder jedenfalls falsch.
    Verlobter? Liebhaber? Freund!
    Konnte eine mit zweiunddreißig denn noch einen Freund haben?
    Vielleicht ganz einfach mein Typ, überlegte sie. Sie kniff die Augen zusammen und rieb sich Jojoba-Shampoo in die Haare. Sie hatte über zwei Jahre ohne Typen gelebt — seit sie sich von Claus Badher getrennt hatte. Und besonders toll waren diese Jahre nicht gewesen. Nicht für sie selber und nicht für ihre Umgebung. Sie war die Letzte, die das bestritten hätte.
    Es waren keine Jahre, die sie zurückhaben wollte, auch wenn sie in dieser Zeit einiges gelernt hatte. Vielleicht war das der richtige Standpunkt. Und sie wollte auch die Jahre mit Claus nicht zurückhaben. Das noch weniger, nie im Leben.
    Insgesamt sieben vergeudete Jahre, summierte sie. Fünf mit Claus, zwei allein. Sammelte sie hier langsam genug für ein vergeudetes Leben an? Lief das hier gerade vor ihren Augen ab?
    Who knows?, dachte sie. Life is what happens when we’re busy making other plans. Sie massierte sich noch eine Weile die Kopfhaut und spülte dann aus.
    Was aus ihrer Beziehung zu Mikael Bau werden sollte, ließ sich jedenfalls noch nicht sagen. Sie hatte zumindest keine Lust dazu, im Moment nicht. Im Winter hatte sie so nach und nach seine Bekanntschaft gemacht. Er hatte sie zum Essen eingeladen, nachdem seine Freundin ihn verlassen hatte — Mitte Dezember war das gewesen, während dieser
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