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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Eisenbahnbrücke gestoßen hatte ... er hat zwei Stunden
gebraucht, um das herauszubringen. Er hat mir auch Briefe gegeben, die er geschrieben hatte, darin stand dasselbe. Er war mit dem Mädchen zusammen gewesen, hatte sie aber nicht umgebracht. Es war ihm schrecklich peinlich, darüber reden zu müssen, aber ich habe ihn dazu gezwungen. Er ist nicht stark, mein Vater, er ist wie ein Vogel. Ein kranker Vogel, er tut mir so Leid ...« Sie unterbrach sich und schaute Moreno fragend an. Moreno gab ihr ein Zeichen weiterzureden.
    »Ich weinte, als ich dort wegging. Ich ging zur Jugendherberge, die war voll belegt, fast hätte ich kein Bett mehr bekommen, aber sie hatten dann doch noch eins. Ich wusste nicht so recht, was ich machen sollte, aber ich glaubte meinem Vater, wenn er sagte, dass er am Tod dieses Mädchens unschuldig war, und als ich mir die Sache eine Weile überlegt hatte, beschloss ich, ihre Mutter zu suchen ... falls die noch in Lejnice wohnte, und mit ihr darüber zu sprechen. Ihr vielleicht ein paar Fragen zu stellen und so. Das war im Grunde auch kein Problem. Ich war am Sonntag bei ihr, und sie war nicht gerade sympathisch, ein bisschen versoffen, glaube ich, sie hat mir sogar gezeigt, dass sie einen Revolver hatte, um sich zu verteidigen ... ich weiß gar nicht, wogegen sie sich verteidigen wollte. Sie hat mir ganz bestimmt nicht geglaubt, als ich sagte, mein Vater sei unschuldig verurteilt worden. Sie nannte ihn einen widerlichen Mörder und so und behauptete, er habe ihr Leben zerstört. Sie tat mir natürlich Leid, es muss doch entsetzlich sein, das einzige Kind auf diese grauenhafte Weise zu verlieren ...«
    Das Essen wurde serviert, aber Mikaela Lijphart schien keine Pause einlegen zu wollen, jetzt, wo sie in Gang war.
    »Als ich noch bei Frau Maas in dieser schrecklichen Wohnung saß, habe ich mir meine Gedanken darüber gemacht, wie ihre Tochter gestorben sein kann — mein Vater hatte ja nur gesagt, dass nicht er der Mörder war —, ja, und dann dachte ich, ich könnte doch versuchen, noch mit anderen zu sprechen, wo ich schon einmal gekommen war. Ich bereue so sehr, dass ich das gedacht habe, o verdammt, wie sehr ich das bereue!«

    »Du bist nie auf die Idee gekommen, Winnie könnte von der Brücke gesprungen sein?«, fragte Moreno.
    Mikaela Lijphart schüttelte den Kopf.
    »Zuerst schon, aber mein Vater glaubte das nicht, und Frau Maas wollte auch nichts davon hören.«
    »Na gut. Aber was hast du dann gemacht?«
    »Frau Maas hat mir ein paar Namen genannt. Alte Bekannte ihrer Tochter, hat sie gesagt, ich weiß eigentlich nicht, warum sie die rausgerückt hat. Sie hat mir vor allem erzählt, was für ein ekelhaftes Mörderbalg ich bin, dass ich mich schämen sollte, mich in der Öffentlichkeit zu zeigen und so.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Moreno. »Ich habe sie ebenfalls kennen gelernt.«
    »Wirklich?« Mikaela Lijphart machte für einen Moment ein schuldbewusstes Gesicht — als bereue sie, solche Ungelegenheiten bereitet zu haben. Moreno nickte ihr aufmunternd zu.
    »Auf jeden Fall«, sagte Mikaela deshalb, »bin ich zu einer Frau gegangen, die Vera Soundso hieß ...«
    »Sauger?«
    »Ja. Stimmt. Vera Sauger. Sie hatte Winnie Maas ziemlich gut gekannt und offenbar meinen Vater auch als Lehrer gehabt. Ich habe ihr erzählt, dass ich meinen Vater für unschuldig halte, und da ... ja, da ist sie irgendwie total verstummt. Ich hatte den Eindruck ... nein, ich weiß auch nicht ...«
    »Na?«, fragte Moreno.
    »Ich hatte das Gefühl, dass sie das schon die ganze Zeit gedacht hatte. Dass er nicht schuldig war. Nein, ich meine nicht, dass sie es sicher gewusst hat, sondern nur, dass ich in dem Moment den Eindruck hatte, als ich bei ihr war. Verstehst du?«
    Moreno sagte: »Das verstehe ich.«
    »Also, und diese Vera Sauger hat mir dann zwei weitere Namen genannt ... von Leuten, mit denen ich sprechen könnte. An einen kann ich mich nicht erinnern, und der andere war Tim Van Rippe. Himmel, ich wünschte so sehr, ich hätte diesen Namen nie gehört ...«

    »Ich verstehe«, sagte Moreno.
    Denn das tat sie jetzt. Endlich.
    »Wie ist es passiert?«, fragte sie.
    Mikaela Lijphart holte wieder tief Luft. Packte dann Messer und Gabel, legte sie aber wieder zurück auf den Tisch.
    »Es war so schrecklich«, sagte sie. »So grauenhaft, dass ich es nie vergessen werde ... nie, nie. Ich habe seither jede Nacht davon geträumt. Mehrmals jede Nacht, sowie ich einschlafe ... die
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