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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick
Autoren: Georgette Heyer
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Stimme Joshuas – seine unverkennbar energische Stimme – mahnte sie aufzustehen; in diesem Augenblick erkannte sie, daß sie keineswegs in einem Traum lebte.
    In einem kleinen Raum neben der Wirtsstube stand das Frühstück bereit. Sir Nicholas war bereits unten, munter wie immer; plötzlich war sie schüchtern und wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie reichte ihm die Hand zum Kuß, um ihre Schüchternheit zu verbergen, und sagte: »Wie ich sehe, Sir Nicholas, tragt Ihr wirklich einen frischen Kragen, wie Joshua gestern abend versprochen hat; so habt Ihr Euer Gepäck doch nicht zurückgelassen.«
    Er hob die Hand. »Um Gottes willen, redet mir nicht mehr von meinem Gepäck!« sagte er in komischer Verzweiflung. »Seit gestern abend höre ich von diesem Schwachkopf hinter Euch kaum etwas anderes!«
    Sie blickte sich um und sah in Joshuas mißbilligendes Gesicht. Joshua zog einen Stuhl für sie zum Tisch und warf Sir Nicholas einen eisigen Blick zu. »Herr, Ihr habt leicht reden, ich aber nehme mir die Freiheit zu behaupten, daß es mehr als Verschwendungssucht ist, ein neues Taftwams und goldbestickte Strümpfe einfach wegzuwerfen, von den silbernen und den kaum getragenen Hosen ganz zu schweigen.«
    »Gib endlich Frieden, du Nörgler!« sagte Sir Nicholas und nahm Doña Dominica gegenüber Platz. Seine Augen lächelten sie an. »Ich glaube, meine Liebe, wir sind seit den Zeiten der Venture nicht mehr zusammen an einem Tisch gesessen.« Er zwinkerte ihr zu. »Erinnert Ihr Euch, daß Ihr aus meinen Händen keinen Wein annehmen wolltet?« Er nahm die Flasche zur Hand, die auf dem Tisch stand, und betrachtete sie skeptisch. »Wenn Ihr diesen hier nicht von mir nehmen wollt, könnte ich es Euch nicht verübeln«, bemerkte er. »Was ist das, Joshua?«
    »Eigentlich nicht zu trinken –« antwortete Joshua düster. »Ein elendes Getränk, Sir, aber was kann man schon machen?«
    Dominicas Zunge löste sich. Sie mußte Sir Nicholas berichten, wie ihr Don Diego Wein aus Alicante angeboten hatte. Und nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, war alle Schüchternheit von ihr gewichen.
    Die Pferde standen gesattelt bereit. Als Dominica mit Beauvallets Hilfe ihr Pferd bestieg, blickte sie spöttisch auf Joshua und sagte: »Du wirst ja jetzt sehen, Joshua, ob ich reiten kann oder nicht.«
    An diesem Tag zeigte sie, was sie konnte. Alle Furcht und alle Zweifel waren überwunden. Mit Sir Nicholas an ihrer Seite konnte sie nichts mehr erschrecken. Sie hatte gezweifelt, ob er jemals nach Madrid kommen würde, und er war gekommen, sie war sicher gewesen, daß er aus dem Gefängnis niemals werde fliehen können, und er war geflohen, und sie hatte gefürchtet, daß er die Abenteuer des gestrigen Tages nicht überstehen werde, und er hatte sie überstanden. Jetzt ritt er neben ihr, sicher und fröhlich wie immer. Sie würde niemals mehr daran zweifeln, daß er auch aus scheinbar hoffnungslosen Situationen einen Ausweg finden werde.
    Gefahr schien nicht mehr zu drohen. Joshua war zwar ständig auf der Hut, aber Sir Nicholas, der sie auf ihrem Weg über die Hügel anführte, war sorglos und fröhlich. Und sie war es auch.
    Der lange Ritt forderte ihr ganze Kraft, aber sie weigerte sich, ihre Ermüdung zuzugeben. Sie saß aufrecht im Sattel, lachte nur über die schlechten Straßen und dachte nicht an Rast. Sie verirrten sich, und sie trug es mit Gleichmut. Es war eben ein Teil ihres Abenteuers. Sir Nicholas würde den richtigen Weg zweifellos bald wieder finden. Ihr Pferd stolperte auf einem steinigen Pfad und warf sie beinahe ab – keine Sorge, es war alles in Ordnung. Die Sonne brannte auf sie herunter – was sollte es, sie war an das heiße Klima gewöhnt, und es würde ihr schon nicht schaden.
    Joshua war voll der Bewunderung. »Erlaubt mir«, sagte er, »aber die Señorita benimmt sich wie eine Engländerin!«
    »Das ist ein Lob, mein Kind«, lächelte Sir Nicholas.
    Sie nickte, lachte, und ihre Wangen röteten sich etwas.
    »Ich werde sehr bald eine sein, nicht wahr, Señor Pirat?« sagte sie und blickte ihn von der Seite an.
    Er nahm Ihre Hand in die seine. »Mein Liebes!«
    Wo die Straße aufhörte, mußten sie querfeldein reiten. Das hieß, daß sie einen großen Teil des Weges nur langsam zurücklegen konnten, da es zahlreiche Hindernisse zu überwinden gab, und daß sie den Plan, den Sir Nicholas bei sich trug, immer wieder studieren mußten. Die Schatten wurden länger, und sie waren von der Küste noch immer ziemlich
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