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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel
Autoren: Agatha Christie
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sehr oft in den Zeitungen erwähnt. Er starb infolge eines Luftangriffs vor gut anderthalb Jahren. Es war ein schrecklicher Schlag für uns alle. Mein Mann ist ein jüngerer Bruder von Gordon. Er ist Arzt, Dr. Lionel Cloade…« Sie fuhr mit verhaltener Stimme fort. »Er hat natürlich keine Ahnung davon, dass ich Sie aufsuche. Er wäre sehr dagegen. Ärzte neigen im Allgemeinen zu einer mehr materialistischen Einstellung. Spiritismus scheint ihnen völlig wesensfremd zu sein. Sie vertrauen ihr Schicksal der Wissenschaft an. Aber was – frage ich – kann die Wissenschaft schon? Was ist die Wissenschaft überhaupt?«
    Auf diese Frage schien es für Hercule Poirot keine a n dere Antwort zu geben, als Mrs Cloade einen ausführl i chen Vortrag zu halten über das Leben und Wirken so großer Persönlichkeiten wie Pasteur, Lister, Koch, Ed i son und über die wohltuende Annehmlichkeit des elektr i schen Lichts wie hundert anderer nicht minder Epoche machender Erfindungen. Doch das war selbstverständlich nicht die Antwort, die Mrs Lionel Cloade zu hören wünschte. Genau betrachtet erheischte ihre Frage, wie so viele Fragen, überhaupt keine Antwort. Sie war rein rh e torisch.
    Hercule Poirot begnügte sich daher mit der nüchternen Erkundigung:
    »Und in welcher Angelegenheit suchen Sie meine Hilfe, Mrs Cloade?«
    »Glauben Sie an das Vorhandensein einer Geisterwelt, Monsieur Poirot?«
    »Ich bin ein guter Katholik«, erwiderte Poirot auswe i chend.
    Mrs Cloade tat den katholischen Glauben mit einem nachsichtigen Lächeln ab.
    »Blind!«, stellte sie fest. »Die Kirche ist blind, in Voru r teilen befangen und nicht imstande, die Schönheit jener Welt, die jenseits unseres Erdendaseins unser harrt, zu erkennen.«
    »Um zwölf Uhr habe ich eine wichtige Besprechung«, bemerkte Hercule Poirot.
    Mrs Cloade lehnte sich vor; sie hatte den Hinweis ve r standen.
    »Ich will zur Sache kommen. Wäre es Ihnen möglich, eine verschollene Person aufzuspüren, Monsieur Poirot?«
    Poirots Brauen schoben sich in die Höhe.
    »Vielleicht«, erwiderte er vorsichtig. »Nur kann die Pol i zei in solchen Fällen von weit größerer Hilfe sein als ich. Ihr steht der nötige Apparat zur Verfügung.«
    Mrs Cloade tat die Polizei mit dem gleichen nachsicht i gen Lächeln ab, das sie für die katholische Kirche übrig gehabt hatte.
    »Nein, Monsieur Poirot. Die Stimmen aus der Geiste r welt haben mich zu Ihnen geführt, nicht zur Polizei. H ö ren Sie gut zu. Ein paar Wochen vor seinem Tod hat mein Schwager geheiratet. Eine junge Witwe, eine gewisse Mrs Underhay. Der erste Mann dieser Mrs Underhay soll in Afrika gestorben sein. Schrecklich für die junge Frau, finden Sie nicht? Sie erhielt aus Afrika einen Bericht über den Tod ihres Mannes. Ein geheimnisvolles Land – Afr i ka.«
    »Ein geheimnisvoller Erdteil«, berichtigte Poirot sac h lich. »Welcher Teil Afrikas war – «
    »Zentralafrika«, fiel Mrs Cloade eifrig ein. »Wo die Voodoos und die Zombies – «
    »Die Zombies sind in Westindien beheimatet«, wandte Poirot ein, doch nahm Mrs Cloade hiervon keine Notiz.
    »– die schwarze Magie, seltsame Sitten und Gebräuche daheim sind«, fuhr sie mit dramatisch erhobener Stimme fort. »Ein von Geheimnissen umwobenes Land, in dem ein Mann untertauchen könnte, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.«
    »Möglich, möglich«, gab Poirot zu. »Aber das Gleiche trifft auch auf Piccadilly Circus zu.«
    Mrs Cloade tat Piccadilly als nicht zur Sache gehörig ab.
    »Zweimal haben wir in jüngster Zeit die Botschaft eines Geistes erhalten, der sich selbst Robert nennt. Nicht tot… Die Botschaft stürzte uns zunächst in schreckliche Verwirrung. Wir konnten uns an keinen Robert erinnern. Wir baten um einen helfenden Hinweis, und da wurden uns die Buchstaben R. U. übermittelt. Erzähle R. hieß es weiter. Wir sollen Robert berichten?, erkundigten wir uns. Nein, hieß es, ihr sollt von Robert berichten. Wir standen noch immer vor einem Rätsel. Was soll denn das U b e deuten? forschten wir. Und da vernahmen wir den Takt einer Melodie. Ta-ta-ta tatata, ta-ta-ta tatata. Verstehen Sie?«
    »Nein, ich verstehe kein Wort.«
    Mrs Cloade betrachtete ihn mitleidig.
    »Kennen Sie nicht das Kinderlied: Unter einem He u stock, unter einem Heustock… schläft ein kleiner Bub. Unter dem Heu stock… begreifen Sie nun? Unter dem Heu, das bedeutet doch ganz offensichtlich Underhay.«
    Poirot fand dies nicht ganz so offensichtlich, doch ve r zichtete er darauf,
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