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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel
Autoren: Agatha Christie
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Jeremy?«
    »Wie meinst du?« Jeremy schrak zusammen.
    »Was es gibt, habe ich gefragt«, wiederholte seine Frau ungeduldig.
    »Was soll es geben, Frances?«
    »Mir wäre es lieber, du würdest mir’s erzählen, anstatt mich raten zu lassen«, kam umgehend die Antwort.
    »Nichts, Frances, es gibt nichts«, erklärte Jeremy wenig überzeugend.
    Frances ersparte sich die Antwort auf ihres Mannes letzte Bemerkung. Sie schob sie als nicht zur Kenntnis genommen beiseite und schaute Jeremy eindringlich an. Er erwiderte ihren Blick unsicher.
    Und für den Bruchteil einer Sekunde verflog die Stumpfheit in seinen Augen und machte einem erschr e ckenden Ausdruck abgrundtiefer Verzweiflung Platz. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber Frances gab sich keiner Täuschung hin.
    »Sag mir lieber, was dich bedrückt«, forderte sie ihren Mann auf, und ihre Stimme klang ruhig und sachlich wie immer, obwohl der plötzliche Wechsel in seinem Au s druck eben ihr beinahe einen Schrei entlockt hätte.
    Jeremy stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Du musst es schließlich doch erfahren, früher oder später«, meinte er.
    Und er fügte – zu Frances’ Erstaunen – hinzu:
    »Ich fürchte, du hast mit mir ein schlechtes Geschäft gemacht.«
    Frances fragte ohne lange Umschweife:
    »Was ist los? Geld?«
    Sie wusste selbst nicht, wieso ihr als Erstes diese Mö g lichkeit in den Sinn kam. Es lagen keinerlei Anzeichen finanzieller Schwierigkeiten vor. In der Kanzlei gab es mehr Arbeit, als der kleine Mitarbeiterstab bewältigen konnte. Doch Mangel an Arbeitskräften herrschte überall, und einige Angestellte aus Jeremys Büro waren sogar kürzlich aus der Armee entlassen worden und in ihre a l ten Stellungen zurückgekehrt. Eher wäre zu vermuten gewesen, es sei eine heimliche Krankheit, die Jeremy b e drückte. Er sah seit einigen Wochen schlecht aus, und die frische Farbe war aus seinen Wangen gewichen. Aber Frances ließ sich von ihrem Instinkt leiten, der auf fina n zielle Sorgen tippte, und allem Anschein nach hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Jeremy nickte.
    »Aha.«
    Frances blieb einen Augenblick stumm. Sie dachte nach. Ihr selbst lag wenig an Geld, aber das zu begreifen war Jeremy nicht möglich. Für ihn bedeutete Geld das Vorhandensein einer um ihn fest gefügten Welt mit S i cherheit und Zufluchtsmöglichkeiten, mit einem festen, angestammten Platz von eherner Unverrückbarkeit.
    Für Frances hingegen bedeutete Geld etwas, womit man spielte, das einem in den Schoß fiel, um sich damit zu vergnügen. Sie war in einer Umgebung finanzieller Unsicherheit aufgewachsen. Hatten die Rennpferde die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt, war alles in Hülle und Fülle vorhanden; dann wieder gab es Zeiten, wo die Händler sich weigerten, weiter auf Kredit zu liefern, und Lord Edward alle möglichen Tricks anwenden musste, um die Geldeintreiber von der Schwelle zu verscheuchen. Hatte man kein Geld, dann borgte man sich eben bei Bekannten was oder lebte ein Weilchen bei Verwandten oder verzog sich nach Europa.
    Doch ein Blick auf ihres Gatten Gesicht belehrte Fra n ces, dass es in der Welt Jeremys keinen dieser Auswege gab. Dort lebte man nicht auf Pump oder nistete sich ein Weilchen bei guten Freunden ein. Umgekehrt erwartete man auch nicht, um Geld angegangen zu werden oder Bekannte, die sich gerade in Nöten befanden, bei sich aufnehmen zu müssen.
    Frances hatte Mitleid mit Jeremy und konnte ein G e fühl der Schuld nicht ganz unterdrücken, weil ihr das alles überhaupt nicht nahe ging. Sie rettete sich ins Praktische.
    »Müssen wir alles hier verkaufen? Ist die Firma am E n de?«
    Jeremy Cloade zuckte zusammen, und zu spät kam es Frances zu Bewusstsein, dass sie schonungslos gespr o chen hatte.
    »Lass mich nicht länger im Dunkel tappen, Jeremy«, sagte sie etwas weicher. »Schenk mir reinen Wein ein.«
    Jeremy nahm sich zusammen.
    »Du weißt, dass vor zwei Jahren die Affäre mit dem jungen Williams uns ziemlich zu schaffen machte«, hub er weitschweifig an. »Dann kam die veränderte Situation im Fernen Osten dazu. Es war nicht so einfach, nach Sing a pore – «
    »Ach, Jeremy«, unterbrach sie ihn. »Spar dir die Erkl ä rungen, warum und wieso es so ist, das ist doch nicht wichtig. Du bist in eine Sackgasse geraten und kannst dich nicht daraus befreien, ja?«
    »Ich habe mich auf Gordon verlassen. Gordon hätte a l les in Ordnung gebracht.«
    Frances konnte einen leisen Seufzer der Ungeduld nicht
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