Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Autoren: Roland Krause
Vom Netzwerk:
Sorgen machen könnte. Ewiges Vaterdilemma. Die Sanne wird sich gleich mit ihrem enthaarten Philharmoniker ins Wiener Nachtleben stürzen. Der Flötenhansel gibt den Solisten, Eltern sind bestenfalls Background-Vocals, sofern sie ihren Einsatz nicht verpfuschen. Hauptsache, du akzeptierst deine Rolle.
    Der Hartinger hat ihm für alle Fälle eine falsch registrierte Simcard vom Discounter mitgegeben, falls er eine Nummer bräuchte zum Weitergeben. Kummernummer. Warum der Bursch so etwas besitzt, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht versucht er sich als Heiratsschwindler oder ruft in einsamen Nächten befriedigende Hotlines an. Praktisch ist es jedenfalls.
    Er schließt den Reißverschluss und greift nach der Jacke. Showtime. Auf geht’s. Raus in die Ferne aus dem Untergiesinger Lummerland. Hier zwischen Auer Mühlbach und Isarauen, zwischen Ömers Dönerbude und griechischen Biergartenlauben ist der Sandner zu Hause. Und das gerne – heute besonders.
    »Wir wollen in die Stadt marschieren, und drinnen unser Glück probieren«, hat Nestroy einst gedichtet. Ob man Glück mit Sandners Tätigkeit verbinden kann, ist zweifelhaft. Zumindest hat es selten schlimmer kommen können als am Anfang. Ausnahmen bestätigen die Regel, hat die Resi gemeint, als ihre ausblieb.
    Der Sandner marschiert los.
    M it der U-Bahn vom Kolumbusplatz aus macht er sich auf den Weg. Es bleiben ihm zwanzig Minuten, alles im Kopf zu sortieren. Ab Hauptbahnhof mustert er die Fahrgäste in der Hoffnung, ein Gespür zu bekommen, wer und was ihn im Harthofviertel erwartete. Ein Versuch, der Atmosphäre Kontur zu verleihen. Vergebliche Mühe. Nur, dass die Mehrzahl der Mitreisenden keine prallen Tüten mit modischen Fetzen vom hippen Klamotten-tandler nach Hause trägt, registriert er. Das erhöht ihren Sympathiewert, auch wenn das Loch im Geldbeutel die Ursache sein könnte. Herausgeputzt wie ein Pfingstochs bist du weder weiser noch freundlicher. Ochs bleibt Ochs zu allen Jahreszeiten.
    Ihm gegenüber sitzt ein junges Pärchen. Die beiden kleben aneinander, als wenn sie sofort verwelken müssten, falls sie wer trennt. Vielleicht ist es so. Der Sandner stellt sich vor, wie die Gesichter fahl und faltig werden und ihnen die Haare büschelweise ausfallen, sobald sie sich nicht mehr umhalsen. Aber es besteht keine Gefahr. Sie haben sich festgesaugt, wie zwei Neunaugen. Die Zukunft ist rosarot. Gemeinsam stehen sie auf, als auch der Sandner zur Waggontüre geht. Vor ihm zockeln sie, siamesischen Zwillingen gleich, Richtung Rolltreppe. Sogar die Jeansjacken und rotweißen Joggingtreter sind identisch.
    Die Dohle und der Schwan wählen einen Partner für ihr Leben. Der Münchner eher selten. Der Versuch zählt.
    Zum Harthof fährst du nicht zur Freizeitgestaltung, sondern aus Mangel an Alternative. Blühende Vorzeigegärten und protzige Gemäuer findest du anderswo. Beim Gang durch das Viertel siehst du, wo sie den Speck herausschneiden, aus dem sie keine zehn Kilometer weiter schicke Gürtel zusammennähen.
    Anders als in den Isarauen, wo die Leut in hautenger Funktionswäsche zu jeder Zeit sporteln und den Rassehund präsentieren, überlegst du dir hier jeden Schritt zwei Mal. Nichts umsonst machen – obwohl hier viel Zeit herumzuliegen scheint. Aber weil sie nutzlos ist, hebst du sie nicht auf. Die wird vertrieben oder einfach totgeschlagen.
    Wenn die Münchner Stadtteile Schuhwerk wären, könnte man Sneakers, Gesundheitslatschen, Pradasandalen, Lackstiefel, High Heels und vieles mehr entdecken. Für jeden etwas dabei, ganz nach Vorliebe oder Fetisch. Der Harthof kommt als betagter Wanderschuh daher. Das Leder ist runtergeritten und die Sohle abgelaufen. Ein fleißiger Schuster bringt dir das in Ordnung. Neue kannst du dir nicht so einfach zusammensparen. Tanzen kannst du mit den klobigen Tretern nicht, nur hatschen. Aber besser als barfuß über Schotter, und bewährt haben sie sich oft genug.
    Einfamilienhäuser und Kleingartenverein stemmen sich gegen die Baggerarmada, die vereint mit langhalsigen Krangetümen nach dem Land grapscht und einen Wohnklotz nach dem anderen in die Höhe stemmt. Längsstreifen sind aufgepinselt, das soll ja schlank machen. Warme Farben überall – gelb, ocker und orange leuchtet es, als würde die Originalsonne hier nicht hinreichen und du müsstest das Viertel alternativ bescheinen. Aber selbst wenn du ihnen »Happy Village« aus dem Boden stampfst, werden die Leut noch lange nicht grinsen wie die Legoköpfe.
    Es wimmelt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher