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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar
Autoren: Colin Dexter
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falls es Sie interessiert: Ich habe mein zuckriges Frühstück mit großem Genuß verspeist, so was wird mir ja nicht oft geboten.«
    Der Ober brachte die Getränke und ließ sich von Julian Storrs die Rechnung abzeichnen.
    »Ich will ganz ehrlich sein«, fuhr Angela Storrs fort. »Julian hat mir gerade gesagt, warum Sie hier sind. Alles andere hatte er mir vorher schon gestanden: Die lächerliche Affäre mit dieser Rachel, die Sache mit dem schmierigen Owens …«
    »Haßten Sie ihn so sehr, daß Sie ihn hätten umbringen können?«
    »Ich schon«, fuhr Storrs heftig dazwischen. »In der Hölle soll er schmoren!«
    »Als es um die Kandidatur für das Amt des Master ging …« – Morse sah von einem zum anderen – »… haben Sie gemeinsame Sache gemacht?«
    »Ja«, bestätigte Julian Storrs. »Ich habe Angela sofort reinen Wein über meine Krankheit eingeschenkt, und wir kamen überein, sie zu verschweigen.« Er wirkte plötzlich sehr erschöpft. »Ich habe es mir so sehr gewünscht. Mehr als alles andere auf der Welt, nicht wahr, Angela?«
    Sie lächelte und legte behutsam ihre Hand über die seine. »Aber ich ja auch, Julian.«
    Morse goß seinen Whisky herunter und lechzte nach einem zweiten.
    »Ich muß Ihnen eine sehr direkte Frage stellen, Mrs. Storrs, die Sie mir hoffentlich nicht verübeln werden. Direkte Fragen gehören leider zu meinem Beruf. Was würden Sie antworten, wenn ich Ihnen sagte, daß Sie am letzten Samstag nicht mit Ihrem eigenen, sondern mit einem anderen Mann geschlafen haben?«
    Sie lächelte wieder, und sekundenlang sah man anstelle der scharfen Züge das weiche Gesicht einer viel jüngeren Frau.
    »Ich würde antworten: Hoffentlich war er gut im Bett …«
    »Aber Sie würden es abstreiten?«
    »Bei einem derart kindischen Vorwurf erübrigt sich eigentlich jedes Wort.«
    Morse wandte sich an Storrs. »Was würden Sie antworten, wenn ich Ihnen sagte, daß Sie am letzten Samstag nicht mit Ihrer eigenen, sondern mit einer anderen Frau geschlafen haben?«
    »Ich würde wohl antworten: Hoffentlich war sie gut im Bett …«
    »Aber Sie würden es ebenfalls abstreiten?«
    »Natürlich.«
    »Möchten Sie sonst noch etwas überprüfen?« fragte Angela Storrs.
    »Nur eins noch, weil ich mir da meiner Sache nicht ganz sicher bin.« Morse holte tief Luft und stieß sie geräuschvoll wieder aus. »Sie sagen, daß Sie am späten Samstag nachmittag mit Ihrem Mann in seinem BMW hergekommen sind, hier übernachtet haben und dann am nächsten Morgen nach Oxford zurückgefahren sind. Trifft das zu, Mrs. Storrs?«
    »Nicht ganz. Wir sind über Cirencester und Burford gefahren. In Burford haben wir eine Kleinigkeit gegessen und waren in zwei oder drei Antiquitätengeschäften. Ich hätte mir beinah einen silbernen Toastständer gekauft, aber Julian fand ihn überteuert.«
    »Ja, dann ist es wohl Zeit, daß wir Ihnen noch etwas mitteilen«, sagte Morse langsam. »Finden Sie nicht auch, Sergeant Lewis?«
     

65
     
    »Ist das eine Frage?«
    (Aus einer Aufnahmeprüfung für Oxford)
    »Wenn ja, könnte das eine Antwort sein.«
    (Antwort eines Kandidaten)
     
    Bis auf ihre kleine Gruppe und die beiden Männer, die immer noch über ihrem Kaffee saßen, war der große Salon jetzt leer.
    »Noch eine Runde?« fragte Morse.
    »Nicht für mich«, sagte Angela Storrs.
    »Danke, mir reicht es«, sagte Julian Storrs.
    »Ich hab noch was drin«, sagte Lewis.
    Morse tastete nach der Zigarettenschachtel und wäre um ein Haar schwach geworden. Eine Weile sah er aus dem Fenster. Es regnete jetzt in Strömen; hin und wieder sah man einen Gast, Kopf und Gesicht unter einem der bunten Schirme verborgen, zum Dower House hinüberhasten. Wie einfach es bei Regen ist, unter einer Tarnkappe zu verschwinden!
    Fast zögernd rückte Morse mit seiner vorletzten Enthüllung heraus.
    »Am letzten Samstag hat eine Ihnen wohl beiden bekannte Person hier übernachtet. Sie – ja, es war eine Frau – hat im Haupthaus gewohnt, in Zimmer fünfzehn. Es handelt sich um Dawn Charles, die Sprechstundenhilfe der Harvey Clinic in der Banbury Road.«
    Storrs wandte sich an seine Frau. »Na so was! Hast du das gewußt, Liebling?«
    »Alberne Frage! Ich kenne die Frau überhaupt nicht.«
    Morse ließ nicht locker. »Trotzdem ist es ein eigenartiger Zufall, finden Sie nicht?«
    »Natürlich«, gab Angela Storrs zurück. »Zufälle sind ihrer Definition nach immer eigenartig. Aber das Leben steckt voll von ihnen.«
    (Lewis lächelte vor sich hin. Wie oft
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