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Der Teratologe (German Edition)

Der Teratologe (German Edition)

Titel: Der Teratologe (German Edition)
Autoren: Wrath James White , Edward Lee
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erscheinen wird?«
    »Wer weiß …« Die Antwort schien in der Luft zu hängen.
    Sie befanden sich in einer Pattsituation. Bryant wusste bereits, was er zu tun hatte, also dachte er nicht großartig darüber nach. Er tat es einfach.
    Er wirbelte herum, um Michaels die kleinstmögliche Angriffsfläche zu bieten, und verspürte kurzzeitig Angst, von einer Kugel getroffen zu werden. Der Engländer zuckte zusammen und gab tatsächlich einen Schuss ab. Dann:
    Schnapp!
    Klick!
    … flog ihm das Projektil aus dem schallgedämpften Lauf entgegen. Bryant war dermaßen mit Adrenalin vollgepumpt, dass er den Schmerz nicht spürte. Die Kugel erwischte ihn am rechten Arm, aber mit seiner Linken rang er Michaels wie ein Wrestler im Klammergriff zu Boden. Die Waffe flog dem Engländer aus der Hand. Als sie auf dem Boden landete, schnappte Bryant – bei dem inzwischen das Gefühl in den angeschossenen Arm zurückgekehrt war – sie sich. Jetzt zielte er mit der Pistole auf Michaels’ Gesicht.
    »Nennen Sie mir einen guten Grund«, knurrte Bryant, während er hastig die Taschen des Briten abtastete. Da war nichts, keine Keycard, kein Schlüsselring, gar nichts. »Jeder Ausgang im Haus ist von innen abgeschlossen. Wo sind die Schlüssel?«
    Michaels lachte triumphierend. »Das Öffnen funktioniert per Stimmerkennung. Das System spricht lediglich auf Farrington und mich an. Sieht ganz so aus, als müssten Sie mich mitnehmen, was?«
    »Sie sind mir eine zu große Nervensäge«, entgegnete Bryant. »Und wissen Sie was? Ich kann Ihr Gesicht wirklich nicht ausstehen.«
    Schnapp!
    Klick!
    Bryant jagte eine Kugel mitten in Michaels’ Brust.
    Ich werde Farrington dazu bringen, die Tür zu öffnen, beschloss er. Nachdem ich dem Wichser die Kniescheibe zerschossen habe.
    Er wollte gerade den Raum verlassen, als er fühlte, wie jemand an seinem Hosenaufschlag zerrte. Es war Michaels, der immer noch lebte, wenngleich seine Bewegungen zunehmend kraftloser wirkten. Blut sprudelte aus der Schusswunde, die seine Hauptschlagader perforiert hatte.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Journalist.
    Michaels konnte nicht mit seiner Stimme antworten. Sein Arm hob sich langsam, sein Zeigefinger streckte sich. Der Engländer zeigte auf den Monitor, der das Zimmer von Sato Masaaki kontrollierte.
    Bryant starrte fassungslos auf das Bild.
    Es sah aus, als wäre Masaakis Zimmer mit Licht geflutet.

(XVI)
    Bryant trampelte förmlich über den Diener hinweg, als er aus dem Kontrollraum stürzte und den Flur hinunterrannte. Das Licht war schon von Weitem zu erkennen. Es fraß sich durch die Ritzen des Türbogens, schwärzte und versengte dabei den Anstrich der gegenüberliegenden Wand. Als Bryant näher kam, explodierte ein ohrenbetäubender Schrei in seinem Trommelfell und jagte ein rasselndes Schlottern durch seine Wirbelsäule.
    Jemand in diesem Zimmer schien unbeschreibliche Qualen zu erleiden. Der Geruch von verbrannten Haaren und Fleisch wehte heraus, toste in Bryants Nasenflügeln und ließ einen Würgereiz in ihm aufsteigen. Der Journalist stoppte direkt vor der Tür und lehnte sich an die Wand, um gegen seine Angst und unbändige Übelkeit anzukämpfen. Er lauschte den schrillen Schmerzensschreien, hielt eine Hand in das glühende Licht, das aus dem Türbogen hervorstrahlte, und verspürte eine massive Hitze, unter der sich seine Haut zusammenzog und die Schweißporen weiteten. Dankenswerterweise verbrannte er sich nicht.
    »Dem Himmel sei Dank für Melanin«, dachte er und bereitete sich innerlich darauf vor, die Tür mit einem Schwung aufzureißen und das Magazin seiner Pistole in Farrington zu entleeren.
    Bryant hatte noch nie jemanden getötet. Im Alter von sechs Jahren waren seine Eltern mit ihm von Oakland nach Santa Cruz in Kalifornien umgezogen, um ihn aus einer von Gewalt und Tod dominierten Nachbarschaft herauszuholen. Jetzt kauerte er hier mit einer geladenen Waffe in einem Korridor und stand kurz davor, einen Wahnsinnigen zu ermorden, um ihn daran zu hindern, sich zu einer Gottheit aufzuschwingen. Und wenn dieses Licht den Ursprung hatte, den er befürchtete, würde er diesen Mann direkt vor den Augen des Allmächtigen umbringen.
    »Das passiert jetzt nicht wirklich. Das ist nicht wahr.« Bryant schüttelte den Kopf und kicherte hysterisch, als er auf die Pistole in seiner Hand blickte.
    »Was zum Teufel mache ich hier?« Gestern noch hatte er nicht einmal an Gott geglaubt. Jetzt stand er kurz davor, ihm von Angesicht zu Angesicht zu
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