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Der Tag wird kommen

Der Tag wird kommen

Titel: Der Tag wird kommen
Autoren: Nina Vogt- stli
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Pose des starken Mannes zu bewundern.
    »Deine Tage sind gezählt.«
    Dann lässt er los und stößt mich gleichzeitig weg. Und jetzt weiß ich, dass mir nur eins bleibt: weitergehen, so schnell ich kann, ohne zu rennen. Mich irgendwohin verkrümeln, wo ich meine Ruhe habe. Und darüber nachdenken, wann sie mich verprügeln werden.
    Es ist erst halb sieben und Mum ist in ihrem Zimmer. Das passiert jetzt immer öfter. Was macht sie da eigentlich? Hat sie Geheimnisse vor mir? Sie tut immer so beschäftigt. Muss lesen. Telefoniert stundenlang. Geht abends aus.
    Es ist nicht normal für einen Fünfzehnjährigen, seine Mutter zu vermissen. Ich sollte lieber meine Freiheit genießen. Ich überlege, Dad anzurufen und ein neues Treffen zu verabreden, aber stattdessen zocke ich am PC. Die Zeit verfliegt, wenn ich spiele. Ich sitze stundenlang wie festgewachsen da. Als ich schließlich eine Pause machen muss, um zu pinkeln und mir was zu essen zu holen, bin ich so steif, dass ich fast nicht vom Stuhl hochkomme.
    Fera:
    Hallo, wie geht’s?
    Die ist ja ganz schön frech. Tut so, als wäre nichts passiert. Als hätte sie sich nicht einfach ausgeloggt, als ich eine Antwort wegen Andreas verlangt habe. Denkt sie, ich hätte das vergessen? Für wie blöd hält die mich eigentlich?
    Ich stelle mir vor, wie Sofus am Computer sitzt und Andreas zeigt, wie er mich getäuscht hat. Aber so richtig glauben kann ich das auch nicht, dass er jeden Abend am Computer mit mir rumblödelt, über Delfine und Nerdschulen. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das von ihm kommt. Ich will nicht, dass es von ihm kommt. Ich mag Fera. Sie scheint einsam zu sein. Wir lachen über dieselben Sachen. Ich weigere mich zu glauben, dass Sofus oder Andreas oder irgendein anderer sie erfinden könnte. Die schaffen es ja nicht mal, mich auf dem Schulhof auf intelligente Art fertigzumachen. Es muss was anderes dahinterstecken, und ich würde nur zu gern herausfinden, was.
    Hans Petter:
    Also, erzählst du mir nun, woher du Andreas kennst?
    Fera:
    Ich kenne Andreas nicht. Ich weiß kaum, wer das ist. Das ist die Wahrheit. Bitte glaub mir.
    Hans Petter:
    Aber dann musst du mir sagen, wo du von ihm gehört hast.
    Fera:
    Ich habe nur seinen Namen irgendwo gelesen. Zusammen mit deinem. Und da dachte ich, ihr wärt Freunde.
    Hans Petter:
    Das ist mir zu ungenau. Wo hast du unsere Namen gelesen?
    Fera:
    Ich weiß es nicht mehr. Ich habe im Internet gesucht. Wollte mehr über dich herausfinden. Du magst Andreas nicht, wie ich sehe.
    Hans Petter:
    Ich mag eigentlich niemanden.
In der Schule, meine ich.
    Fera:
    Und am wenigsten Andreas?
    Hans Petter:
    Das ist wohl eher eine Frage von Angst ums eigene Leben.
    Fera:
    Wie meinst du das? Bedroht er dich?
    Hans Petter:
    Er ist der Tyrann der Schule. Hast du darüber nichts gefunden, als du im Internet nach mir gesucht hast?
    Fera:
    Nein.
    Hans Petter:
    Warum bist du letztes Mal eigentlich so schnell verschwunden?
    Fera:
    Die Verbindung war unterbrochen. Wir haben hier ein paar Probleme mit der Energieversorgung. Gestern gab es ein schlimmes Erdbeben.
    Hans Petter:
    Ein Erdbeben?
    Fera:
    Ja, ganz im Ernst. Es war unheimlich. Das ganze Haus hat geschwankt. Die Gebäude haben alle eine solide Erdbebensicherung, aber es war trotzdem schrecklich zu spüren, wie die Erde wackelt.
    Hans Petter:
    So stark?
    Fera:
    Ja, es war ungewöhnlich heftig. Dabei liegt die Akademie nicht mal in einem typischen Erdbebengebiet.
    Hans Petter:
    Wo ist das denn? Von einem so heftigen Erdbeben hätte ich doch was mitkriegen müssen?
    Fera:
    Ach ja?
    Hans Petter:
    Ja, ich bin zwar nicht gerade ein Nachrichtenjunkie, aber ich verfolge im Internet, was so passiert.
    Fera:
    Es gab keine großen Schäden. Das war sicher keine weltbewegende Nachricht.
    Hans Petter:
    Möglich, aber eine Kurzmeldung wäre es doch wohl wert.
    Fera:
    Dann such mal schön.
    Hans Petter:
    Du willst mir nicht erzählen, wo du lebst?
    Fera:
    Man soll Fremden nicht verraten, wo man wohnt.
    Hans Petter:
    In welchem Land du lebst, kannst du mir ja zumindest sagen.
    Fera:
    Wenn du errätst, wo ich herkomme, sage ich es dir.
    Hans Petter:
    Solche Ratespiele nerven.
    Fera:
    Wenigstens bist du ehrlich.
    Hans Petter:
    Ja.
    Fera hat sich ausgeloggt.
    Eigentlich ganz gut, dass sie den Chat beendet hat, sonst hätte ich es getan. Das hier ist mir zu doof. Sie sagt einfach nicht, was das mit Andreas soll. Und dann dieses dreiste Märchen von wegen Erdbeben.
    Ich suche im Internet, finde
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