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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman
Autoren: Aufbau
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Nina auf ein Gartenmäuerchen gesetzt und untersuchte vorsichtig das zerzauste und geschwärzte Fell. Minni nahm neben ihm Platz. Sie hatte – woher auch immer – eine Blumenschale mit Wasser dabei und eine Handvoll Mullbinden. »Habe ich den Sanitätern gemopst.« Sie lächelte Christian an. »Wollen wir uns mal die verwundete Heldin ansehen.«
    Minni tauchte ein wenig Mull in das Regenwasser und tupfte damit die Asche von dem Katzengesicht ab, woraufhin Nina nieste.
    »Na, das war doch schon was.« Dann untersuchte sie das mitgenommene Ohr und meinte: »Damit sollten Sie zum Tierarzt mit ihr gehen, Herr Braun. Das sieht nicht gut aus.«
    Nina hörte »Tierarzt« und machte sich in Christians Armen sofort völlig steif. Sie zappelte, stieß dabei mit den empfindlichen Pfoten an den Zaun und jammerte.
    »Nein, aber vielleicht geht es auch so, meinen Sie nicht? Sie hasst es, zum Tierarzt gebracht zu werden.« Christian strich Nina beruhigend über den Rücken. Minni hielt ihr die Wasserschale hin und tauchte die Pfoten hinein. Da die Abkühlung Erleichterung bot, ließ sich Nina das ruhig gefallen.
    »Ja, wahrscheinlich geht’s auch so. Bis auf das Ohr sind die Verbrennungen nicht so schlimm. Mal sehen, was ich für sie tun kann.«
    »Das wäre schrecklich lieb von Ihnen. Aber jetzt kann ich das kaum noch von Ihnen verlangen. Es ist fast zwei Uhr, und Sie müssen doch heute vermutlich wieder sehr früh zu ihrem Schichtdienst im Krankenhaus«, meinte Christian.
    »Das macht nichts, es wäre nicht die erste Nacht, die ich für einen Kranken durchgemacht habe. Kommen Sie, wir verarzten die Süße, und dann bekommt sie ein Häppchen Thunfisch mit einer kleinen Dosis Schmerzmittel.«
    Die Jungen saßen sehr schweigsam zusammen in dem roten Wagen, den Alf über die Landstraße in Richtung Nachbarort jagte. Lange Erfahrung mit aufsehenerregenden Verfolgungsjagden aus Fernsehen und Video hatten ihn gelehrt, in brenzlichen Situationen Höchstgeschwindigkeit fahren zu müssen. Dabei waren noch keine Verfolger mit Sirenengeheul und Blaulicht hinter ihm aufgetaucht.
    So waren die quietschenden Reifen, mit denen er jede Biegung nahm, deutlich in der stillen Nacht zu hören. Die schwarzen Schatten der Bäume huschten an ihnen vorbei, die Katzenaugen der Begrenzungspfähle am Straßenrand funkelten böse im Scheinwerferlicht zurück. Die weiße Mittellinie schwankte zwischen ihren Reifen, wenn sie in dieKurve gingen. Ein, zwei dunkle Silhouetten von alleinstehenden Bauernhäusern huschten vorbei, und über eine Straßenkreuzung rasten sie, ohne auf die Ampel oder nahende Fahrzeuge zu achten.
    Als sie das Hinweisschild auf den nächsten Ort von weitem aufleuchten sahen, wähnten sie sich fast in Sicherheit. Alf drosselte die Geschwindigkeit, und Dick seufzte erleichtert: »Gleich haben wir’s geschafft!«
    Doch die Hoffnung trog.
    Quer über der Kreuzung standen zwei Einsatzwagen der Polizei mit rotierendem Blaulicht. Eine rote Kelle wies zum Fahrbahnrand.
    Doch statt der Anweisung Folge zu leisten, verlor Alf die Nerven und trat aufs Gas. Der Wagen schoss vorwärts, schleuderte im Bemühen, das Polizeifahrzeug zu umgehen, überschlug sich mit lautem Kreischen von Metall auf Asphalt und landete im Acker. Die Beamten rannten hinzu und halfen den angeschlagenen Insassen aus den Trümmern ihres Autos.
    Die Jungen hatten das Glück gehabt, dass sie im ebenen Feld gelandet waren. Außer Prellungen, Schnittwunden und vielleicht ein paar gebrochenen Rippen hatten sie keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Schlimmer als die Schmerzen und die Wunden war die Demütigung, festgenommen zu werden.

Abschied
    Tiger und Anne hatten Nina hinterhergeschaut und beobachtet, wie sie entdeckt wurde und welche Reaktionen der Schlüssel auslöste. Dann erst sagte Anne mit Erleichterung inder Stimme: »Sie hat es geschafft. Das ist gut, nicht wahr, Tiger?«
    Tiger antwortete ihr nicht. Er hielt traumverloren Zwiesprache mit dem Mond, der jetzt hoch am Himmel stand, und rührte kein Härchen. »Tiger, was ist los? Bist du nicht stolz auf sie?«
    Endlich wandte er den Blick vom Mond ab und sah Anne an.
    »Ja, doch, wir können stolz auf uns sein.«
    Das kam so tonlos und traurig, dass Anne plötzlich Mitleid mit ihm empfand. Das Gefühl verwunderte sie, denn den ganzen Tag hatte er ihr gezeigt, was für er eine starke, raue Persönlichkeit war. Er war ein Kater, dem äußerer Schein und Heldentum gleichgültig war – also warum tat er ihr jetzt,
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