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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel
Autoren: David Halperin
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die Mädchen nur mit mir befreundet waren. Heute nicht mehr. »All the music of life seems to be«, sang Jeff, hielt Rosas Hand und blickte in den eisigen, wolkenlosen Himmel auf, während sie mir einen Blick zuwarf, mit spitzen Lippen, skeptisch. »Like a bell that is ringing for me …«
     
    Die Mikrofilme befanden sich im Zeitschriftenraum der Bibliothek, im Erdgeschoss, etwas unterhalb der Straße. Mit viel Gelächter und Berührung zeigte Jeff Rosa, wie man sie auf die Spule zog. Nun waren wir also zu dritt, nicht mehr zu zweit wie in den letzten Wochen. Stundenlang saßen wir an den Mikrofilm-Lesegeräten, schrieben unsere Karteikarten voll mit UFO-Sichtungen aus den Archiven obskurer Tageszeitungen im ganzen Land. Leuchtende Scheiben bei Nacht. Silbrig bei Tag, funkelnd in der Sonne, wenn sie zwischen Wolken flogen. Eierförmige UFOs, zigarrenförmige UFOs, UFOs in schillerndem Rot, in allen Farben des Regenbogens.
    Nur Muster waren keine zu erkennen. Man musste daran glauben, dass sie kommen würden. Mit verkrampfter Hand und müden Augen sah ich zu Rosa und Jeff hinüber. Die beiden saßen vor ihrem Lesegerät, schrieben nicht, lasen nicht, hielten nur Händchen im grünen Licht des Bildschirms. Jeff legte seine Hand auf Rosas. Dann legte sie ihre Hand auf seine, dann er seine auf ihre … Im nächsten Moment fingen sie an zu kichern, und ich versuchte, sie nicht zu beobachten, während ich darauf hoffte, dass eine Bibliothekarin, irgendeine
ältliche Fregatte, herüberkäme, um sie daran zu erinnern, dass sie sich in einer Bibliothek befanden, an einem ernsten, feierlichen Ort der Stille.
    Schließlich wandte ich mich wieder meinem eigenen Gerät zu. Ich drehte an der Kurbel, und Seiten längst zerfallener Zeitungen huschten unter meiner Nase hindurch. Wenn ich anhielt, sah ich die Druckerschwärze unter mir, und sie sah so real aus, dass es schien, als könnte ich das Papier anfassen.
    Doch da war kein Papier. Da war nur der Bildschirm. Wenn ich meine Hand dicht darüberhielt, erschien die Druckerschwärze sowohl auf meinem Handrücken als auch auf dem dahinterliegenden Bildschirm. Dann wirkte meine Hand gespenstisch, nicht direkt unsichtbar, aber durchscheinend, als wären meine Haut und Knochen irreal. Real waren nur die Buchstaben und die Worte lang vergessener Geschichten, leuchtend auf meiner Haut.

KAPITEL 4
    Irgendwo in Chicago soll es angeblich ein Wohnhaus geben, in dem der Fahrstuhl ganz normal im Kellergeschoss anhält. Aber er fährt auch weiter abwärts, abwärts, abwärts, in ein viel tiefer liegendes Stockwerk, wenn man den »Abwärts«-Knopf auf eine ganz bestimmte Art und Weise drückt …
    Und in einem kleinen Ort in Pennsylvania lebt ein Metallarbeiter namens Richard S. Shaver. Er empfängt über seinen Schweißbrenner – oder vielleicht auch über seine Erinnerungen  – Nachrichten aus dem Inneren der Erde. Es gibt auf unserem Planeten Wesen namens »Dero«, Überlebende einer
alten Rasse von Weltraumreisenden, die auf der Erde zurückgelassen wurden, als das Sonnenlicht für sie schädlich wurde. Die Strahlen der Sonne machten die Dero verrückt. Und durch ihren Wahnsinn wurden sie böse. Sie leben in der Unterwelt, in einem System aus verborgenen Höhlen. Die UFOs sind ihre geheimen Flugmaschinen. Sie sind die Teufel aus den alten Mythen.
    »Seit undenklichen Zeiten, so erklärte man Shaver, hatten die Dero ihre Höllen in der Unterwelt, und daran hat sich nichts geändert. Ihr Christen an der Erdoberfläche liegt gar nicht so falsch mit eurer Vorstellung von der Hölle, nur dass man nicht stirbt, um dorthin zu gelangen, sondern sich wünscht, der Tod möge einen erlösen, wenn man dort ankommt. Schon immer gab es Höllen auf der Erde, und das ist eine davon.«
    Völliger Schwachsinn, habe ich schon immer gedacht. Daran konnte doch nur einer glauben, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.
     
    Nach dem Mittagessen ließ ich Jeff und Rosa im Zeitschriftenraum zurück und nahm den Fahrstuhl zum Archiv Seltener Bücher im zweiten Stock. »Folge dem Mond« – und um das tun zu können, musste ich jüdische Kalender finden, denn das jüdische Jahr ist an den Mondphasen ausgerichtet. Man hatte mir gesagt, sie befänden sich im Archiv Seltener Bücher.
    Ich war allein im Fahrstuhl und drückte den Knopf mit der »2«. Sobald sich die Türen schlossen, fing ich an, schnell und wahllos auf die Knöpfe einzudrücken. Ich weiß nicht mehr,
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