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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik
Autoren: Ayn Rand
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„Nein, nie.“
    Rearden und Danneskjöld lösten seine Fesseln. Francisco hielt ihm eine Flasche Brandy an den Mund. Galt trank und stützte sich auf einem Ellbogen ab, sobald seine Arme frei waren. „Gib mir eine Zigarette“, sagte er.
    Francisco zog eine Packung Zigaretten mit dem Dollarzeichen aus der Tasche. Galts Hand zitterte ein wenig, als er eine an die Flamme des Feuerzeugs hielt, aber Franciscos Hand zitterte wesentlich stärker.
    Über die Flamme hinweg blickte Galt ihm in die Augen, lächelte und entgegnete auf Franciscos unausgesprochene Frage: „Ja, es war ziemlich übel, aber erträglich – und die Spannung, die sie verwendet haben, hinterlässt keine Schäden.“
    „Eines Tages werde ich sie aufspüren, wer immer sie waren …“, sagte Francisco, und seine flache, leblose, kaum hörbare Stimme sagte alles Weitere.
    „Dann wirst du sehen, dass von ihnen nichts mehr übrig ist, was noch getötet werden könnte.“
    Galt blickte in die Gesichter, die ihn umgaben. Er sah das Ausmaß der Erleichterung in ihren Augen und den rasenden Zorn in der Verbissenheit ihrer Züge. Er wusste, dass sie seine Folter jetzt noch einmal durchlebten.
    „Es ist vorbei“, sagte er. „Macht die Sache für euch nicht schlimmer, als sie für mich war.“
    Francisco wandte sein Gesicht ab. „Es ist nur, dass es dich getroffen hat …“, flüsterte er, „ausgerechnet dich … wenn es irgendein anderer gewesen wäre …“
    „Aber ich musste es sein, wenn sie einen letzten Versuch unternehmen wollten, und sie haben ihn unternommen, und“ – er fegte mit einer Handbewegung den Raum und die Bedeutung derer, die ihn eingerichtet hatten, in den Abgrund der Vergangenheit – „das war’s.“
    Francisco nickte, aber sein Gesicht war noch immer abgewandt. Die Heftigkeit, mit der seine Finger Galts Handgelenk einen Augenblick lang umklammerten, war seine Antwort.
    Galt setzte sich auf und erlangte allmählich wieder die Kontrolle über seine Muskeln. Er blickte zu Dagny auf, und im selben Augenblick streckte sie rasch ihren Arm aus, um ihm zu helfen. Er sah, wie sie mit den Tränen kämpfte und dennoch lächelte, hin- und hergerissen zwischen dem Bewusstsein, dass angesichts seines nackten Körpers und der Tatsache, dass er lebte, nichts anderes mehr von Bedeutung war – und dem Bewusstsein dessen, was er durchgemacht hatte. Er sah ihr in die Augen, hob die Hand und berührte mit den Fingerspitzen den Kragen ihres weißen Pullovers, um ihr anzudeuten, dass er ihn bemerkt hatte, und als Hinweis auf die einzigen Dinge, die von nun an noch Bedeutung haben sollten. Das leichte Beben ihrer Lippen, die sich zu einem Lächeln entspannten, zeigte ihm, dass sie verstanden hatte.
    Danneskjöld fand Galts Hemd, seine Hosen und seine übrige Kleidung, die in einem Winkel des Raums auf den Boden geworfen worden waren. „Glaubst du, dass du in der Lage bist zu gehen, John?“, fragte er.
    „Aber sicher.“
    Während Francisco und Rearden Galt beim Ankleiden halfen, begann Danneskjöld, den Folterapparat ruhig, systematisch und ohne erkennbare Gefühlsregung in Stücke zu schlagen.
    Galt war nicht ganz sicher auf den Beinen, konnte aber auf Franciscos Schulter gestützt stehen. Die ersten Schritte fielen ihm schwer, doch als sie die Tür erreicht hatten, war er wieder in der Lage, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Mit einem Arm stützte er sich auf Franciscos Schultern; mit dem anderen Arm umfasste er Dagnys Schultern, um sowohl sich selbst als auch sie zu stützen.
    Sie gingen wortlos den Hügel hinab, während die Dunkelheit der Bäume sie schützend umschloss, die sowohl den leblosen Mondschein abschirmten als auch den noch kälteren Schein, der aus den Fenstern des State Science Institutes fiel, das sie schon weit hinter sich gelassen hatten.
    Franciscos Flugzeug war am Rand einer Wiese jenseits des nächsten Hügels im Gebüsch versteckt. Ringsum gab es meilenweit keine Häuser, niemanden, der die Scheinwerfer des Flugzeugs hätte bemerken können, die plötzlich aufleuchteten und über das öde, vertrocknete Land hinwegschossen, oder das laute Knattern des Motors, der von Danneskjöld, der am Steuer saß, zum Leben erweckt wurde.
    Als sie die Tür hinter sich zuschlugen und die Räder unter ihren Füßen losrollten, lächelte Francisco zum ersten Mal.
    „Jetzt bietet sich mir die einmalige Gelegenheit, dir Befehle zu erteilen“, sagte er, als er Galt dabei half, sich auf einem Liegesitz auszustrecken. „Nun leg dich
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