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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte
Autoren: Alexander Kent
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vielleicht auf der anderen Seite der Erdkugel, dann konnte er an dieses Zimmer denken. An die beiden Porträts nebeneinander, die zusammen auf den Horizont hinaussahen.
    »Ich komme gleich hinunter«, sagte er. »Der We in ist sicher schon warm.«
    Später, als er an seinem großen Schreibtisch saß und Briefe an Hafenbeamte und Schiffsausrüster schrieb, dachte er darüber nach, was dieses Haus alles erlebt hatte. Was würde damit geschehen, wenn er starb? Der einzige, der Anspruch auf das Erbe der Bolithos hatte, war sein junger Neffe, Adam Pascoe, Hughs illegitimer Sohn. Er tat zur Zeit unter Kapitän Thomas Herrick Dienst; aber Bolitho war entschlossen, dem Jungen so bald wie möglich die Besitzrechte an dem Haus zu sichern. Er biß die Zähne zusammen. Sosehr er seine Schwester Nancy liebte, aber es kam gar nicht in Frage, daß ihr Mann, Ratsherr in Falmouth und einer der größten Grundbesitzer der Grafschaft, das Haus in die Hände bekam.
    Ferguson trat ins Zimmer. »Entschuldigung, Sir«, sagte er stirnrunzelnd, »aber da ist ein Mann, der Sie unbedingt sprechen will. Er ist außerordentlich hartnäckig.«
    »Wer ist’s?«
    »Ich habe den Kerl noch nie gesehen. Ein Seemann, keine Frage, aber weder Offizier noch Gentleman, auch das ist keine Frage.«
    Bolitho lächelte. Es war schwierig, sich Ferguson als den Mann vorzustellen, den einst ein Preßkommando an Bord der
Phalarop
e

gebracht hatte, zusammen mit Allday übrigens. Zwei grundverschiedene Charaktere, wie es damals den Anschein hatte. Jedoch waren die beiden sehr gute Freunde geworden; und selbst als Ferguson seinen Arm verloren hatte, wollte er in Bolithos Diensten bleiben. So war er hier Verwalter geworden. Ebenso wie Allday ging er sofort in Abwehrstellung, wenn irgend etwas Unerwartetes oder Ungewöhnliches auf Bolitho zukam.
    »Lassen Sie ihn ein, Ferguson«, sagte er. »Er wird ja wohl nicht allzu gefährlich sein.«
    Ferguson führte den Besucher herein und schloß die Tür mit offensichtlichem Mißbehagen hinter ihm. Bestimmt wartet er direkt davor für alle Fälle, dachte Bolitho.
    »Was kann ich für Euch tun?«
    Der Mann war untersetzt und muskulös, tiefgebräunt und trug sein Haar in einem altmodischen Zopf. Er hatte einen Rock an, der ihm viel zu klein war, und Bolitho kam auf die Idee, daß er ihn nur trug, damit man nicht gleich sah, daß er Seemann war. Aber schon die we iten Hosen waren unverkennbar. Auch wenn er splitternackt gewesen wäre, hätte man gewußt, daß er Seemann war.
    »Entschuldigung, daß ich so frei bin, Sir.« Er klopfte grüßend mit der Faust an die Stirn; dabei flitzten seine Augen durch den Raum.
    »Mein Name ist Taylor, Steuermannsmaat auf der
Auriga
,

Sir.« Bolitho sah ihn ruhig und aufmerksam an. Er sprach mit einem leichten Nordengland-Tonfall und war offensichtlich nervös. Ein Deserteur, der auf Gnade hoffte, oder auf einem anderen Schiff untertauchen wollte? Es war gar nicht so ungewöhnlich, daß solche Leute wieder in die eine und einzige Welt zurückwollten, wo sie mit ein bißchen Glück Sicherheit finden konnten.
    Rasch fuhr Taylor fort: »Ich war bei Ihnen auf der
Sparrow
,

Sir. Damals im Jahr ‘79, in Westindien.« Gespannt blickte er Bolitho an.
    »Ich war Topsgast.«
    Langsam nickte Bolitho. »Natürlich, ich erinnere mich jetzt.« Auf der kleinen Korvette
Sparro
w
, seinem allerersten Kommando, als er dreiundzwanzig war, als das Leben noch Spaß machte und ihm die ganze Welt ein Tummelplatz für seinen grenzenlosen Ehrgeiz schien.
    »Wir hörten, Sie sind zurück, Sir.« Taylor redete sehr schnell. »Und weil ich Sie sozusagen kenne, haben sie mich gewählt, daß ich zu Ihnen geh’n soll.« Er lächelte bitter. »Hab erst gedacht, ich müßt ‘n Boot klauen oder zu Ihrem Schiff schwimmen. Aber Sie sind ja an Land, da war’s einfacher, sozusagen.« Unter Bolithos starrem Blick schlug er die Augen nieder.
    »Seid Ihr in Schwierigkeiten, Taylor?«
    Mit plötzlicher Abwehr im Blick schaute der Mann auf. »Hängt von Ihnen ab, Sir. Mich haben sie gewählt, daß ich mit Ihnen spreche, und weil ich weiß, daß Sie ‘n fairer und gerechter Käpt’n sind, Sir, hab ich mir gedacht, Sir, Sie würden mich vielleicht anhören…«
    Brüsk stand Bolitho auf und sah ihn fest an. »Wo liegt Euer Schiff?«
    Taylor deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Ostwärts an der Küste, Sir.« Etwas wie Stolz erhellte sein tief gebräuntes Gesicht.
    »Fregatte, sechsunddreißig Geschütze, Sir.«
    »Ah.«
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