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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Katrin Burseg
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auf der Leinwand nach.
    Der Weg schien überschaubar. Sie sah, dass sie von Tönning aus mit einem Schiff bis nach Amsterdam reisen könnte. Und dann? Würde sie sich in der gewaltigen Stadt zurechtfinden? Würde sie ein Schiff finden, dass sie mit nach Persien nähme? Und wie sollte sie die Passage bezahlen?
    Doch die Ungewissheit schreckte sie nicht.
    Farid, Farid, Farid.
    Nur das Ankommen zählte. Der Weg und das Ziel, ihn zu finden. Ihn endlich ganz zu finden, um ihm ihre Liebe gestehen zu können. Um Farid doch noch alles erklären zu können und das Schweigen endlich zu brechen. Um Rantzaus Wüten und den Schrecken endlich zu begreifen und in Worte fassen zu können.
    Das Wort könnte sie befreien.
    Ja, das wäre ihr Weg.
    Noch einmal blickte sie auf das Wunderwerk, an dessen Werden sie so lange hatte teilhaben können.
    Sie sah die Welt. Und aus dem Dunkel des Globussaals schälten sich die klaren Umrisse einer neuen Zeit.

    Als sie wieder in den Globus einstieg, begannen die Tränen zu fließen. Sie rannen ihr über das Gesicht. Ein stilles, warmes, salziges Rinnsal zunächst, dann ein mächtiger Strom, den sie nicht mehr zurückhalten konnte. Ihr Körper erbebte unter dem Weinen, das Kugelgewölbe verstärkte ihr Schluchzen, warf es als vielfaches Echo zurück.
    Bösch erwachte. Benommen sah er sie an. Durch den Schleier der Tränen konnte sie sehen, dass er nicht verstand.
    Wie sollte er auch verstehen?
    »Sophie, was ist mit dir?«
    Gleich würde sie ihm sagen müssen, dass sie ihn verlassen müsste. Dass sie nicht mit ihm nach Dresden ziehen konnte.
    Wie um Verzeihung bittend legte sie den Kopf auf seine Brust.

ACHT
    Es war die wohl bitterste Stunde seines Lebens.
    Herzog Friedrich lehnte sich gegen das Polster seiner Kutsche. Er war allein. Da war nur der Hund. Hechelnd saß die treue Holsteiner Bracke zu seinen Füßen. Sein Favorit – Allard. Er hatte alle seine Lieblingshunde so genannt. Dies war Allard der Fünfte.
    Die Herzogin und die jüngeren Kinder befanden sich bereits seit einigen Wochen in der Festung Tönning. Musik und Gelächter waren mit ihnen aus Gottorf verschwunden. Nun verließ auch er den Stammsitz seiner Väter und folgte ihnen in die Kriegsverbannung. Und im Gefolge reisten die Wachen und Diener, sein Kanzler Kielmann und Hofmathematicus Olearius. Schloss und Gärten waren den Truppen des Feindes ausgeliefert.
    War er auf der Flucht?
    Friedrich III . sah hinaus auf die vorbeifliegende Landschaft. Flaches Land, wenige Bäume nur, vom Westwind zerzaust. Darüber die tiefen Wolken, die über die Westsee gekommen waren. Sie würden Regen bringen. Fröstelnd schlug er die Arme übereinander.
    Kanzler Kielmann hatte darauf gedrängt, endlich zu gehen. »Auch von Tönning aus können wir das Land regieren«, hatte er gesagt. »Und wenn sich die Fronten klären, kehren wir zurück.«
    Der Herzog schüttelte den Kopf. Er sah, dass Allard seinen Bewegungen aufmerksam folgte. Er tätschelte seinen Kopf, die hochgestellten, weichen Ohren und nickte ihm beruhigend zu. Ich werde nicht mehr zurückkehren, dachte er. Nie mehr. Als sie an diesem Morgen von der Schlossinsel gerollt waren, war sein Herz gebrochen.
    Alles, was nun noch kommen mochte, war die Regentschaft des Niedergangs. Er würde die Zeit im Gebet und mit Nachdenken verbringen. Er musste innehalten – viel mehr ließe sein schwaches Herz auch nicht zu. Er würde Abschied nehmen. Den Krieg jedenfalls müssten die anderen gewinnen.
    »Dabei ließ sich doch alles gut an«, hörte er sich plötzlich sagen. Die Worte drängten hinaus, als hätten sie sich viel zu lange hinter seiner hohen Stirn und unter der Perücke gestaut. Und es tat gut, der dröhnenden Stille etwas entgegenzusetzen.
    Wieder hob Allard aufmerksam den Kopf. Der Hund sah ihn mit durchdringendem Blick an. Seine Augen schienen tief in seine Seele schauen zu können.
    Ermuntert fuhr Friedrich fort zu sprechen. »Nach der dänischen Kriegserklärung und dem schwedischen Einmarsch in die Herzogtümer konnten wir im September 1657 sogar ein weiteres, geheimes Bündnis mit den Schweden schließen. Das Haus Gottorf war noch stärker als jemals zuvor.«
    Man hatte gegenseitige militärische Beistandsverpflichtungen vereinbart. Der Schwerpunkt des Abkommens hatte jedoch auf den politischen Zielen des Gottorfer Hauses gelegen. Kanzler Kielmann hatte vor allem eine Aufhebung der gemeinsamen Regierung mit Dänemark, die Auflösung des Lehnsverhältnisses und die Vereinigung der
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