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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker
Autoren: Tania Carver
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wo er nicht länger dachte, dass Rani in ihr wohnte, die Frau, die er liebte, konnte er mit ihr machen, was er wollte.
    Und es gab viel, was er mit ihr machen wollte. Sie würde kein leichtes, kein schnelles Ende haben. Er würde jede Sekunde auskosten. Die letzten Tage waren voller Wut und Unsicherheit gewesen, und jetzt bot sich endlich die Gelegenheit, ein bisschen Spaß zu haben.
    Er zog sein Messer, hielt es aber verdeckt. Er wollte nicht, dass sie die rasiermesserscharfe Klinge aufblitzen sah. Sie sollte sie erst sehen, wenn es zu spät war.
    Während er sich immer weiter an sie heranschlich, überlegte er, von welcher Seite er kommen sollte. Vielleicht von hinten, wo der Generator stand? Ja. So wäre die Überraschung für sie am größten. Und der Schreck.
    Vorwärts, immer weiter vorwärts.
    Gesichter tanzten vor seinen Augen. Frauen. Seine Mutter. Seine Schwester. Alles Huren. Jede Frau, der er in seinem Leben begegnet war. Eine Hure.
    Rani.
    Die Schlange wand sich aufgeregt.
    Rani ganz besonders. Wie sie ihm ausgewichen war, ihn verspottet hatte. Zurückgewiesen. Das hatte ihn wütend gemacht. Hatte all die Gefühle von früher wieder an die Oberfläche gebracht. Huren, alles Huren.
    Also hatte er sie sich genommen. Sie hatte sich gewehrt, hatte versucht, ihn wegzustoßen, aber natürlich hatte es nichts genützt. Er war viel stärker als sie. Sein Hunger, sie zu besitzen, war größer gewesen als ihr Wunsch, ihm zu entkommen.
    Er hatte sie sich genommen. Auf jede nur erdenkliche Weise.
    Danach hatte er geweint, hatte sich schuldig gefühlt, sich für seine Tat gehasst. Dann war die Wut gekommen. Auf sie, weil sie ihn dazu getrieben hatte. Auf sich selbst, weil er sich dafür hasste.
    Und dann das Feuer.
    Die Wiedergeburt.
    Er lächelte. Näher. Fast hatte er sie erreicht …
    Er bewegte sich vorsichtig um die Ecke der Kiste. Geduckt, lautlos wie ein Panther. Ein geschmeidiges, gnadenloses Raubtier.
    Jetzt war sie genau vor ihm. Sie lag ausgestreckt am Boden und spähte vorn um die Ecke der Kiste herum. Weil sie damit rechnete, dass er von vorn kam.
    Fast hätte er laut gelacht. Er hatte eine Überraschung für sie …
    Er schlich ganz dicht an sie heran, das Messer gezückt, den Arm ausgestreckt …
    Und blieb stehen. Irgendetwas stimmte nicht.
    Die Frau am Boden, sie war …
    »Du Schwein!«
    Ein scharfer Schmerz an seinem Hinterkopf. Seine Knie gaben nach, seine Hände fuhren instinktiv dorthin, wo der Schmerz herkam. Er fiel auf den Boden und ließ dabei das Messer fallen.
    »Du verdammtes Schwein!«
    Wieder ein Schmerz, diesmal viel stärker. Er spürte, wie sein Schädel brach, hörte in seinem Kopf, wie er aufriss.
    Es gelang ihm, sich umzudrehen. Hinter ihm stand die Frau von der Galerie, die früher Rani gewesen war. In den Händen hielt sie einen der Betonsteine, die er vor die Kisten geschoben hatte.
    Sie hatte ihn hereingelegt.
    Die Hure hatte ihn hereingelegt. Ihn .
    Wut kochte in ihm hoch. Mit einem Schrei versuchte er sich aufzurichten.
    Erneut ließ sie den Stein auf ihn heruntersausen, diesmal traf sie ihn im Gesicht. Er spürte, wie Knochen brachen und etwas Warmes in seine Augen lief.
    Panisch versuchte er, es wegzuwischen. Er blinzelte. Öffnete die Augen gerade lange genug, um zu sehen, was sie als Nächstes vorhatte.
    Sie hatte die zwei Kabel aus dem Wasserbecken in der Hand. Sie waren mit dem Generator verbunden, die feuchten blanken Drahtenden sprühten zischend Funken. Sie hielt sie an der Isolierung und schob sie ihm entgegen.
    »Kratz ab! Kratz ab, du verdammtes Schwein!«
    Sie hielt ihm die Kabelenden an die Brust, und der Strom schoss durch seinen Körper.
    Er konnte nicht mehr weg, konnte nicht mehr die Hände heben, um sie abzuwehren, um die Drähte wegzuschlagen. Der Strom war zu stark.
    Sie hielt die Kabel weiter gegen seine Brust gedrückt, die Funken sprühte und sich aufbäumte. Sein Körper zuckte und schüttelte sich.
    Er sah in ihr Gesicht. Sah eine feixende Rani. Nicht wie sie ihm in den fremden Körpern erschienen war, sondern so, wie sie ursprünglich ausgesehen hatte. Grinsend sah sie ihm beim Sterben zu. Rachselig und glücklich.
    Er streckte die Hand nach ihr aus, aber es war zu spät. Sie war fort.
    Und dann war auch er fort.
    109 »Also!«, rief Wade. »Ihr kennt eure Positionen!«
    Mickey sah zu, wie das bewaffnete Sonderkommando das Gebäude umstellte. Anni und er waren der Einheit sofort hinterhergefahren. Wades Team hatte nicht einmal Zeit gehabt, nach
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