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Der Sprung ins Jenseits

Der Sprung ins Jenseits

Titel: Der Sprung ins Jenseits
Autoren: Clark Darlton
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einer gehörigen Portion Skepsis.
    »Fast sollte man meinen, du seist daran noch mehr interessiert als ich. Wie heißt denn der Film?«
    »Den Titel habe ich leider vergessen, aber ich weiß eben, daß er in Ägypten spielt. Ich glaube, er behandelt den Bau der Pyramiden. Nun, wie ist es?«
    Ich klappte das Buch zu, in dem ich gelesen hatte.
    »Gehen wir.«
    Als wir vor dem hell erleuchteten Portal des Theaters standen, fiel mein Blick auf das grelle Plakat. Ich las die Überschrift und sprach sie halblaut vor mich hin: GRABMAL DER GÖTTER.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ein merkwürdiger Titel, findest du nicht?«
    Meine Frau hatte die Karten geholt und drückte sie mir in die Hand. Sie gab keine Antwort. Schweigend folgte ich ihr in den halbverdunkelten Saal, der nur halb besetzt war. Ich hatte mir die Programmfotos angesehen und festgestellt, daß der Film ein Thema behandelte, das mich ganz besonders interessierte. Es waren weniger die alten Kulturen selbst, die mich immer wieder faszinierten; es war vielmehr ihre Herkunft. Was wußte man schon über die blühenden Zivilisationen, die es einmal gegeben hatte, und die dann spurlos wieder verschwanden? Was wußte man schon davon, woher sie gekommen waren, in welchem dunklen Winkel der Vergangenheit sie entstanden? Nichts wußte man. Und dieser Film würde darauf auch keine Antwort geben.
    Ich ahnte noch nicht, daß er mich vor ein ganz anderes Problem stellen würde.
    Was den Film anging, so beruhigte mich die Tatsache, daß er an Ort und Stelle gedreht worden war. Ich würde also keine Kulissen sehen, sondern die echten Pyramiden. Eines Tages, wenn ich genügend Geld besaß, würde ich auch nach Ägypten fahren. Und nicht nur nach Ägypten.
    Das Beiprogramm konnte mich nicht besonders fesseln. Eine uninteressante Wochenschau und ein langweiliger Kulturfilm. Wenigstens das, was man so Kulturfilm nannte.
    Dann aber erschien der farbige Titel des Hauptfilms auf der breiten Leinwand. Man hatte ihn blutrot auf die zerbröckelten Stufen einer gewaltigen Pyramide projiziert. Im Hintergrund flimmerte die gelbe Wüste. Obwohl die Handlung recht banal war, starrte ich wie gebannt auf die Leinwand. Die Landschaftsaufnahmen waren großartig. In Tausenden von Jahren hatte sich dort nichts geändert. Aber die Handlung spielte ja in der Vergangenheit, viele Jahre vor Christi Geburt. In einem Steinbruch wurden schwere Quader aus einem Felsen gebrochen und von einem ungeheuren Menschenaufgebot durch die Wüste transportiert. Es geschah mit Hilfe von großen Holzrollen, so wie es auch in den Geschichtsbüchern zu lesen stand. Aufseher liefen hin und her und trieben die Menschenmassen an. Erbarmungslos schwangen sie ihre Peitschen, und auf den Rücken der erbarmungswürdigen Sklaven erschienen lebensecht blutig dicke Striemen.
    Es war ein sehr realistischer Film. Der Pharao, der die Pyramide bauen ließ, wurde von seinem Bruder ermordet. Ein prächtiger Trauerzug geleitete ihn zur letzten Ruhestätte, wo er durch die dunklen Gänge zur Königskammer gebracht wurde. Das war die ganze Handlung. Aber nicht sie war es, die die plötzliche Unruhe in mir auslöste. Es war etwas ganz anderes …
    Die Quader …
    Was war mit den Quadern?
    Ich wußte plötzlich, daß der Film nicht stimmte. Niemals hatten die alten Ägypter die Riesenquader mit Rollen und runden Stangen durch die Wüste transportiert. Niemals hatte man die Sklaven ausgepeitscht, weil sie die schweren Räder der Hebekräne nicht schnell genug bewegten.
    Ich fühlte plötzlich, wie mir der kalte Schweiß ausbrach. Ich begann zu frieren.
    Ich sah zu, wie das Grab geschlossen wurde. Aus meinem Unterbewußtsein stieg eine Erinnerung hoch. – Es war eine unklare Erinnerung. Sie sagte mir nur, daß ich diese Grabkammer kannte. Sie sagte mir, daß ich die Grabkammer schon gesehen hatte.
    Ich versuchte mir einzureden, daß ich diesen Film schon einmal gesehen hatte. Vielleicht in einer älteren Version, vor vielen Jahren. Es war die gleiche Handlung gewesen, aber die Pyramiden waren auf eine ganz andere Art errichtet worden. Wenn es mir doch wieder einfiele …!
    Aber dann wußte ich, daß ich diesen Film noch nie gesehen hatte. Und doch kannte ich den Inhalt. Vielleicht vom Geschichtsunterricht? Aber nein, da wurde der Bau der Pyramiden so geschildert wie in diesem Film. Der Regisseur hatte sich an die Geschichtsbücher gehalten.
    Ich wußte jedoch, daß die Geschichtsbücher und der Film nicht stimmten. Verwirrt und völlig ratlos
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