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Der Splitter Im Auge Gottes

Der Splitter Im Auge Gottes

Titel: Der Splitter Im Auge Gottes
Autoren: Larry Niven & Jerry Pournelle
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Regierungsbeamte aus dem Lager geholt, und niemand sah sie je wieder; an ihrer Stelle wurden mehr und mehr gewöhnliche Kriminelle ins Lager gebracht. Irgendwie fanden Adam und Annie sie in dem Durcheinander, und außerdem waren die übrigen Bewohner ihres Zelts Bürger des Imperiums und nicht Verbrecher. So hatte sie die ersten Tage überlebt, dann Wochen, schließlich Monate in der endlosen schwarzen Nacht unter dem Langston-Feld der Stadt.
    Anfangs war alles für sie ein Abenteuer gewesen, beängstigend, unangenehm, aber mehr nicht. Dann waren die Rationen gekürzt worden, wieder und immer wieder, und die Gefangenen begannen zu verhungern. Gegen Ende konnte von Ordnung nicht mehr die Rede sein, selbst die primitivsten sanitären Vorsichtsmaßnahmen wurden nicht mehr eingehalten. Ausgemergelte Leichen lagen tagelang bei den Toren aufgestapelt, bis sie abgeholt wurden. Das Abenteuer war zu einem nicht enden wollenden Alptraum geworden. Sallys Name war am Tor angeschlagen: Das Komitee für Volkssicherheit suchte sie. Die übrigen Lagerinsassen schworen, Sally Fowler sei tot, und da die Wachen nur selten ins Lagerinnere vordrangen, wurde ihr erspart, was immer den anderen Angehörigen prominenter Familien widerfahren war.
    Als die Umstände immer schlimmer wurden, kam Sally eine Art innere Kraft zu Hilfe. Sie versuchte, den anderen in ihrem Zelt ein Vorbild zu sein. Die Leute sahen sie als ihre Anführerin an, und Adam war ihr erster Minister. Wenn sie weinte, hatten alle Angst.
    Deshalb konnte Sally, ein Mädchen von zweiundzwanzig Standardjahren mit zerzaustem, dunklem Haar, schmutzigen, zerrissenen Kleidern und rauen Händen, sich nicht einmal in einer Ecke zusammenkauern und weinen. Sie musste den Alptraum klaglos ertragen.
    In jene Hölle waren Gerüchte vorgedrungen, dass kaiserliche Kriegsschiffe den Himmel über der dunklen Kuppel beherrschten – und Gerüchte, dass die Gefangenen niedergemetzelt werden sollten, bevor die Schiffe durchbrechen konnten. Sie hatte gelächelt und so getan, als glaube sie nicht, dass das je geschehen könnte. So getan?
    Ein Alptraum war nicht wirklich.
    Dann hatte die Infanterie das Lager gestürmt, angeführt von einem großen, blutbesudelten Mann von höfischem Betragen, der einen Arm in einer Schlinge trug.
    Damit hatte der Alptraum geendet, und Sally wartete darauf, aufzuwachen. Man hatte sie gebadet, ihr zu essen gegeben, sie mit Kleidern versorgt – warum wachte sie nicht auf? Sie fühlte sich in einem Nichts aus Watte gefangen.
    Jetzt drückte die Beschleunigung sie schwer in ihren Sitz. Die Schatten in der Kabine waren scharfrandig und schwarz. Die Rekruten von New Chicago drängten sich an die Fenster, aufgeregt tuschelnd. Anscheinend waren sie jetzt im Weltraum. Adam und Annie ließen sie jedoch nicht aus den Augen. Die beiden waren ziemlich dick gewesen, als sie in New Chicago landeten. Jetzt wirkten ihre Gesichter faltig und schlaff. Sally wusste, sie hatten ihr zuviel von ihren eigenen Rationen zugesteckt. Trotzdem schienen sie alles besser überstanden zu haben als sie selber.
    Ich wünschte, ich könnte weinen, dachte sie. Ich sollte weinen. Um Dorothy. Ich habe immer darauf gewartet, dass sie mir sagen würden, Dorothy sei gefunden worden.
    Nichts. Sie war in dem Alptraum verschwunden.
    Eine Lautsprecherstimme sagte, etwas, das sie nicht verstand, weil sie gar nicht hinhören wollte.
    Dann hob sich das Gesicht von ihr, und sie schwebte.
    Sie schwebte.
    Sollte sie wirklich davonkommen dürfen?
    Abrupt wandte sie sich zum Fenster. New Chicago schimmerte wie irgendeine erdähnliche Welt in den verschiedensten Blautönen, marmoriert mit weißen Wolkenstreifen, ein immer kleiner werdender Ball. Sie starrte hinaus auf die schrumpfende Welt, das Gesicht in den Händen verborgen. Niemand sollte ihre wilde Grimasse sehen. In diesem Augenblick hätte sie New Chicago bis aufs Urgestein verbrennen lassen mögen, wäre es in ihrer Macht gestanden.
     
    Nach der Inspektion hielt Rod auf dem Hangardeck die religiöse Andacht ab. Sie waren kaum mit der letzten Hymne fertig, als der wachhabende Kadett meldete, dass die Passagiere an Bord kämen. Blaine beobachtete, wie die Mannschaft an die Arbeit zurückeilte. Es würde keine dienstfreien Sonntage geben, solange sein Schiff nicht wieder gefechtstüchtig war, ganz egal, was die Flottentradition für Sonntage im Orbit bestimmen mochte. Während die Männer vorbeigingen, hielt Blaine Augen und Ohren offen nach Anzeichen von
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