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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber sie spürte nicht einmal Wärme … Irgend etwas stimmte nicht, dachte Charity. Und nicht nur mit diesem Schiff. Vielleicht überhaupt nicht mit diesem Schiff. Vielleicht … mit ihnen. Sie wirbelte auf dem Absatz herum, zerrte Gurk einfach mit sich und lief über den schrägen Boden auf die Tür zu. Plötzlich hatte sie das sichere Gefühl, daß sie den Gleiter möglichst schnell verlassen sollten. Stone und auch Skudder folgten ihr, ohne daß es einer weiteren Aufforderung bedurft hätte, nur Kias blieb an seinem zerstörten Steuerpult stehen. Der Blick seiner riesigen Facettenaugen huschte unstet über die zerborstenen Skalen und Monitore, und obwohl sie bis zu diesem Moment geglaubt hatte, daß das nicht einmal möglich sei, glaubte sie so etwas wie Panik darin zu erkennen. Kias zitterte. Was um alles in der Welt sah der Jared, das sie nicht sahen?! »Kias!« schrie sie. »Komm endlich!« Der Jared reagierte nicht. Charity war sogar sicher, daß er es nicht einmal getan hätte, hätte er ihre Stimme gehört. Stone stürzte an ihr vorbei und verschwand hinter der Biegung des abschüssigen Ganges, und Skudder packte ihre Schulter und versuchte sie mit sich zu zerren. Eine Sekunde lang war Charity unschlüssig, was sie tun sollte. Sie war nahe daran, kehrtzumachen und zu Kias zurückzulaufen, um ihn mit Gewalt aus dem Steuerraum zu zerren. Dann begriff sie, wie aberwitzig dieser Gedanke war. Kias war viel stärker als sie. Sie fuhr herum und beeilte sich, Skudder zu folgen. Etwas geschah, als sie lautlos den Gang hinunterstürzten. Die Wände vor ihnen verformten sich und begannen Blasen zu werfen, aber wie vorhin im Steuerraum spürte sie nicht die geringste Wärme. Das Licht wechselte von Gelb zu Blau und dann zu einer Farbe, für die sie nicht einmal ein Wort hatte, und für einen winzigen, zeitlosen Moment war es ihr, als zögen Schwaden aus wesenlosem, grauem Nichts durch den Gang vor ihnen, ein Bild, das gleichermaßen seltsam wie furchteinflößend war. Und das sie kannte! Sie hatte dieses sinnverdrehende wogende Etwas schon einmal gesehen, als … Auch diesmal schien irgend etwas den Gedanken abzuschneiden, ehe sie ihn zu Ende denken konnte, und auch diesmal blieb ihr keine Zeit, über das nachzudenken, was hinter ihrer Stirn vorging. Es wurde schlimmer. Das Schiff zitterte nicht mehr, es tobte. Dreimal mußte sich Charity an den Wänden abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und zu stürzen, und beim letzten Mal versank ihre Hand direkt vor ihren ungläubig aufgerissenen Augen bis über das Gelenk in dem scheinbar massiven Stahl des Gleiters. Sie spürte keinerlei Widerstand, sondern ein körperloses Saugen und Ziehen, als würde sie in einen unsichtbaren Abgrund hineingezerrt. Im letzten Moment erst riß sie sich zurück, fand ihre Balance wieder und torkelte weiter. Ihre Augen begannen ihr eine andere Welt vorzugaukeln als ihre Sinne – sie hatte weiter das Gefühl, den Gang hinunter zu laufen, aber ihr Gleichgewichtssinn behauptete, daß sie sich aufwärts bewegte; jeder Schritt kostete sie mehr Kraft als der vorhergehende, und ihr eigener Körper schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Ein bitterer, unangenehmer Geschmack lag in der Luft, und in ihren Ohren war furchtbares Rauschen, das sie im ersten Moment für ein Geräusch hielt, bis ihr klar wurde, daß sie es nur fühlte. Dicht hinter Skudder raste sie den Gang entlang – und blieb abrupt stehen. Wo waren French und seine Leute? Sie war mehr als nur verwirrt. Rings um sie herum brach vielleicht das Universum in Stücke, aber wie hatte sie Stark und French und die andern Orbit-Geborenen einfach vergessen können! Hilflos sah sie sich um und registrierte, daß auch Skudder stehengeblieben war und fast verzweifelt zu ihr zurückblickte. Der Gang hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem schmucklosen Metallkorridor, durch den sie heraufgekommen waren. Die Wände waren auf unbeschreibliche Weise verformt worden, und ihre Augen gaukelten ihr Dinge vor, von denen sie gar nicht wissen wollte, ob sie Realität oder bloße Einbildung waren. Aber sie konnte zumindest erkennen, daß sie sich unmittelbar vor der Abzweigung zur Ladebucht des Schiffes befand. Vielleicht hatte Stark seine Familie dorthin gebracht, als das Chaos begann. Sie gestikulierte Skudder zu und versetzte Gurk einen Stoß, der ihn in die Arme des Indianers taumeln ließ. Dann fuhr sie herum und rannte in den abzweigenden Gang hinein, um zu dem Laderaum zu
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