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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao
Autoren: Charlotte MacLeod
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daß der
Hausverwalter in irgend etwas verwickelt war, was auch nur den leisesten
Verdacht erwecken konnte, unredlich zu sein. Während er versuchte, von Max den
ungefähren Marktwert eines erstklassig erhaltenen echten Spiegels aus Bilbao zu
erfahren, fuhr der alte Lomax persönlich in seinem nach Fisch stinkenden
Kleinlaster vor. Wie sie bereits vermutet hatten, wußte er von nichts.
    »Kann mich nich’ erinnern, den
Spiegel je gesehen zu haben, Miz Kelling. Sieht ja ganz hübsch aus, wenn man so
Sachen mag. Aber wieso sind Sie denn überhaupt zur Vordertür rein? Ihre Familie
nimmt doch sonst immer den Seiteneingang.«
    »Ich weiß, aber meine
Handtasche ist total vollgestopft mit allem möglichen Krimskrams, und ich habe
diesen Schlüssel zuerst gefunden. Sonst hätte der Spiegel vielleicht den ganzen
Sommer hier gehangen, ohne daß er überhaupt bemerkt worden wäre. Diese Diele
hier ist so winzig und eng, daß keiner sie benutzt, es sei denn, es kommt
jemand an die Vordertür, der sich nicht auskennt. Aber Sie überprüfen doch
immer die Tür, nicht wahr, Mr. Lomax?«
    »Tu ich, un’ gestern hab’ ich’s
genauso gemacht wie immer. Hab’ keine Spur von ‘nem Einbruch gesehen, sonst
hätt’ ich’s doch sofort gemeldet. Sind Sie hier, um sich die Sache anzuschauen,
Max?«
    »Sie beide kennen sich?«
erkundigte sich Sergeant Jofferty überrascht.
    »Klar doch, Teufel auch. Das
is’ doch Isaac Bittersohns Junge aus Saugus. Den kenn’ ich schon, seit er noch
‘n kleiner Stöpsel war, kaum höher als ‘ne Flunder. Jawoll, das is’ der Junge,
der seiner Mutter ‘s Herz gebrochen hat.«
    Der Hausverwalter schüttelte
sein graues Haupt, wobei der lange Schirm der schmutzigen Schwertfischerkappe,
die er sommers wie winters trug, traurig von einer Seite zur anderen wippte.
    »Miz Bittersohn hat Stein und
Bein geschworen, daß aus Max nichts werden würd’, als er anfing mit seiner
komischen Arbeit, statt zu studieren un’ ‘n richtiger Doktor zu werden, wie
sie’s gern gehabt hätt’. Un’ dann is’ er hingegangen un’ hat ihr ‘s Gegenteil
bewiesen. War ‘ne schreckliche Enttäuschung für sie, kann ich euch sagen.«
    Lomax ließ sich so gut wie nie
zu einem Lächeln hinreißen, doch er schenkte Mrs. Bittersohns traurigem
Fehlschlag einen Blick, den man beinahe freundlich nennen konnte. »Joff, wenn
Max hier dir sagt, daß der Spiegel so wertvoll is’, daß ihn jemand klauen
würd’, dann isser auch gestohlen, darauf setz’ ich meinen letzten Dollar.
Darauf kannste dich verlassen.«
     
     

Kapitel
2
     
     
     
     
     
     
    L omax, dem es offenbar
unangenehm war, daß er sich zu einer persönlichen Stellungnahme hatte hinreißen
lassen, scharrte mit den Füßen, zog an seinen Hosenträgern und rückte seine
Kappe zurecht.
    »Kann ich noch irgendwas für
Sie tun, Miz Kelling? Wenn nich’, geh’ ich jetzt besser die Tomaten aufbinden.«
    »Noch eins, bevor Sie gehen,
Jed«, sagte Max. »Vergessen Sie bitte sofort, daß Sie den Spiegel gesehen
haben, ja?«
    »Aber warum denn?« protestierte
Sarah. »Wenn der Spiegel vielleicht aus einem der Häuser stammt, um die Mr.
Lomax sich kümmert —«
    »Werden sich die Besitzer
bestimmt fragen, warum er hier in diesem Haus hängt und nicht mehr bei ihnen«,
beendete Max ihren Satz.
    »Oh. Aber sie würden doch nie
im Leben —«
    Sarah zögerte. Einen Moment
lang hatte sie vergessen, daß Mr. Lomax in diesem Jahr nicht allein arbeitete.
Dem wenigen nach zu urteilen, das sie bisher von seinem Neffen gesehen hatte,
fragte sie sich, ob der gute Ruf der Familie Lomax in punkto Redlichkeit nicht
vielleicht Gefahr lief, ein wenig angekratzt zu werden. Doch Pete würde wohl
kaum gestohlene Beute hier verstecken, denn er wußte, daß Sarah das Haus früh
beziehen würde — oder vielleicht doch nicht?
    »Wie werd’ ich was sagen. Nix
als Holz.«
    Mit diesen sibyllinischen
Worten machte sich Lomax O-beinig auf den Weg zu seinen Tomatenpflanzen.
Jofferty quittierte den Empfang des Spiegels aus Bilbao auf einem Blatt seines
Notizbuchs und bat Max, das teure Stück so gut für ihn einzupacken, daß es
nicht kaputtgehen konnte. Einen derart kostbaren Spiegel zu zerbrechen würde
todsicher verdammt mehr als nur sieben Jahre Pech bringen, und er hatte auch so
bereits mehr als genug Kritik wegen der vielen Einbrüche einstecken müssen.
    »Sobald ich auf dem
Polizeirevier bin, gehe ich sofort die Listen mit den gestohlenen Gegenständen
durch«, versprach er. »Und
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