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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller
Autoren: Mark Allen Smith
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vollständig mit weißem Linoleum beschichtet, und Dutzende versenkter Strahler in Decken und Wänden tauchten sämtliche Flächen in grelles Licht. An zwei gegenüberliegenden Wänden waren etwa einen halben Meter unterhalb der Decke mehrere kleine Videokameras installiert.
    Nach einiger Zeit spielte dieser Anblick den Augen des Klienten einen Streich, und die Winkel des Raumes lösten sich allmählich auf, bis Geiger in der Luft zu schweben schien – eine schwarze erstarrte Gestalt in einer Szenerie aus strahlendem Alabaster.
    Mitten im Raum saß Matthew Gant auf einem alten Friseursessel aus rotem Leder und blitzendem Chrom. Über seine Hüften, seine Brust, seine Fußknöchel und seine Handgelenke liefen metallverstärkte Gurte, auf denen helle Sterne tanzten, wenn er sich bewegte. Sein Gesicht war aschfahl; nur auf den Wangen sah man rote Flecken. Seine Brust war frei, seine Füße nackt.
    Eine halbe Stunde lang hatte Geiger ihn schweigend angestarrt. Alle zehn Minuten hatte er sich aufgerichtet und war einmal den Raum abgegangen. Er hinkte leicht, hatte das Hinken jedoch in seine Körpermechanik integriert, sodass es nicht als Gebrechlichkeit erschien; bei ihm wirkte es ganz natürlich. Matthews Blick folgte argwöhnisch jeder seiner Bewegungen.
    Geiger stieß den Sessel an und drehte ihn langsam immer wieder nach links um seine Achse. Dann verließ er den Raum. Das Licht erlosch wieder. Tonaufnahmen wurden abgespielt, eine Reihe von Akustik-Vignetten, jede ein paar Minuten lang. Der Klient hörte einen Verkehrsstau mit Hupkonzert und Reifenkreischen; eine Frau, die unmelodisch summte; das Klimpern einer einzelnen Saite auf einer verstimmten Gitarre; ein Telefon, das ununterbrochen klingelte, plötzlich verstummte und dann wieder zu klingeln begann, und schließlich nervöses, von Hüsteln unterbrochenes Lachen.
    Zu Anfang hatte Matthew immer wieder gebrüllt: »Was soll die Scheiße?«, doch irgendwann war er verstummt. Der Klient wusste jetzt, warum: Als die Aufzeichnung der Geräusche zur Hälfte vorüber war, hatte er sich die Stöpsel in die Ohren gedrückt, sonst hätte er den Verstand verloren.
    Das Licht ging wieder an, und Geiger kehrte in den Raum zurück. Er hielt die Hände hinter dem Rücken und stellte sich neben Matthew, der ihn mit unverhohlener Wut anstarrte.
    Der Klient nahm die Ohrenstöpsel heraus, um mithören zu können.
    »Matthew …«, sagte Geiger. »Schließ die Augen.«
    Matthews Gesicht wurde noch wütender, aber er gehorchte.
    »Stell dir vor, du bist in einen leeren Brunnenschacht gefallen. Dort unten ist es stockdunkel. Du kannst die Hand vor Augen nicht sehen. Dein eigenes Atmen ist das einzige Geräusch, was du hörst. Du hast Schmerzen am ganzen Leib. Vielleicht hast du dir ein Bein gebrochen, oder einen Arm.«
    Geiger blieb ein paar Sekunden still, als wollte ersicherstellen, dass Matthew in der Schwärze seines Gefängnisses seinen eigenen Atem hörte.
    »Die Schmerzen sind so schlimm, dass hinter deinen Augen ein Feuerwerk abbrennt. Du schmeckst Blut im Mund. Du streckst die Hände aus und tastest um dich. Die Wände sind kalt und feucht und glatt. Kein Spalt, keine Vertiefung, wo du Halt finden könntest. Kannst du dich dort unten sehen, Matthew? Am Grunde dieses Brunnens?«
    Dem Klienten im Nebenraum lief ein Schauder über den Rücken. Selbst er sah Matthew dort unten.
    »Du versuchst, Ruhe zu bewahren. Du fängst an, um Hilfe zu rufen. Du sagst dir: ›Jemand muss mich doch hören.‹ Aber nach einer Weile begreifst du, dass du wahrscheinlich dort unten sterben musst. Und als dir dieser Gedanke kommt, beginnt etwas in dir zu sterben. Nicht im Fleisch, sondern in der Seele. Weißt du, was ich meine, Matthew?«
    »Wie oft soll ich es denn noch sagen, Mann! Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen!«
    »Matthew … ich habe gesagt, dass dir das Reden nicht gestattet ist. Nicke nur, oder schüttle den Kopf. Erinnerst du dich, dass ich es dir gesagt habe?«
    Matthew starrte ihm in die kalten, reglosen Augen und nickte. Geiger griff hinter sich und nahm ein kabelloses Mikrofon und einen Kopfhörer, den er Matthew über die Ohren stülpte.
    »Ein Sennheiser 650«, sagte er. »Mir ist Sennheiser lieber als AKG. Die Wiedergabe ist strukturierter. Mach die Augen zu, Matthew.«
    Matthew gehorchte. Mit einem rasselnden Seufzer hielt er den Atem an. Die Augäpfel zuckten nervös unter den Lidern hin und her.
    Geiger hob das Mikrofon und schlenderte durch den Raum, während er
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