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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger
Autoren: Monika Feth
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Horrorszenarien aus. Luke nach einem Unfall in seinem Volvo eingeklemmt. Luke mit einem Messer im Bauch verblutend in einem Straßengraben. Luke im Koma auf einer Intensivstation. Luke tot in seiner Wohnung …
    Mühsam befreite ich mich von den düsteren Bildern und blickte mich um. Das Tohuwabohu von unserem Fest war verschwunden. Alles war blitzblank und aufgeräumt. Offenbar hatte irgendjemand nicht schlafen können und die Zeit sinnvoll genutzt.
    Ich hatte gerade das Glas an die Lippen gesetzt, als mein Handy mir eine SMS meldete.
    Vermisse dich auch. Holen Kuss nach. Tut mir leid. L.
    Also war er wach!
    Ich drückte seine Nummer.
    Hi, hier spricht Lukas Tadikken …
    Am liebsten hätte ich mein Handy gegen die Wand geschmettert, doch ich erinnerte mich rechtzeitig daran, dass ich es noch brauchte. Ich trank das Wasser, zog mich in mein Zimmer zurück, legte mich ins Bett und verschränkte die Arme unterm Kopf.
    Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und ich erkannte die Umrisse des Fensters und die Schatten der Möbel. Ich liebte mein Zimmer. Luke und ich hatten schon so oft hier gelegen, eng aneinandergekuschelt, und miteinander geflüstert.
    Obwohl …
    Meistens war ich es, die redete. Luke hörte lieber zu.
    Der feine Schmerz in meinem Innern machte sich wieder bemerkbar. Ich rollte mich auf die Seite und zog die Knie ans Kinn.
    Herzweh .
    Das Wort kam von irgendwo angeflogen und landete in meinem Kopf.
    Herzweh .
    War Liebe so?
    Ich nahm mir vor, mit Luke zu reden, doch bevor ich mir überlegen konnte, was ich ihm sagen wollte, schlief ich ein.

3
    Sie war sauer auf ihn, das spürte er an der Art, wie sie sprach, wie sie schwieg, an der Art, wie sie ihn ansah und wie sie seinem Blick auswich. Sie war der geradlinigste Mensch, dem er je begegnet war, und sie hatte nicht die Spur Talent, ihre Gefühle zu verbergen.
    Schon Merle hatte ihn mit einer äußerst knappen Begrüßung abblitzen lassen, als er Jette abholen wollte. Die andern waren nicht zu Hause gewesen, zum Glück, denn Luke fühlte sich in ihrer Anwesenheit nicht wohl. Sie ließen ihn spüren, dass er nur Jettes wegen willkommen war, und er wusste, dass sie ihn fallen lassen würden wie eine heiße Kartoffel, falls Jette sich jemals von ihm abwenden sollte.
    Das ganze Wochenende und den kompletten Montag hatte Luke mit seiner Migräne gekämpft. Albert, der am Sonntagabend von einem Wochenendtrip nach Amsterdam zurückgekehrt war, hatte sich nur auf Zehenspitzen in der Wohnung bewegt. Er hatte Luke mit Vitaminen vollgestopft und sich aufgeführt wie ein Übervater.
    »Willst du reden?«, hatte er gefragt, weil er vor Kurzem in einem Artikel gelesen hatte, Migräne sei häufig eine Reaktion auf ungelöste Probleme.
    »Zieh Leine«, hatte Luke gemurmelt und sich die Bettdecke über den Kopf gezogen.
    Doch Albert war geblieben. Er hatte die Kühlbeutel ausgetauscht, Tee gekocht und kleine Mahlzeiten zubereitet, die Luke dann doch nicht hatte anrühren können, weil sich ihm allein beim Gedanken daran der Magen umgedreht hatte.
    Sie kannten sich, seit Luke zum ersten Mal die Uni betreten hatte. Was als reine Zweckgemeinschaft begonnen hatte, war zu einer echten Freundschaft geworden. Nicht dass sie je darüber gesprochen hätten. Es war, wie es war. Sie hielten es nicht für nötig, deswegen Worte zu verlieren.
    Mit Rücksicht auf Lukes Zustand hatte Albert sogar seine geliebte Gitarre nicht angerührt, was Luke ihm besonders hoch anrechnete. Vielleicht, hatte er gedacht, war es endlich an der Zeit, seinen Freund mit Jette bekannt zu machen.
    Während Luke jetzt wieder darüber nachdachte, erzählte Jette ihm von dem Fest, das er versäumt hatte.
    »Alle waren da. Merles Tierschutzgruppe und die gesamte Crew aus dem Tierheim …«
    Luke wäre dem Fest wohl auch ohne seine Migräneattacke ferngeblieben, doch das brauchte Jette nicht zu wissen. Es hätte sie bloß verletzt.
    »… und stell dir vor: Frau Stein hat sogar Frau Sternberg und den Professor mitgebracht …«
    Luke kannte die Namen der meisten Menschen aus Jettes Umfeld, nicht jedoch jedes der dazugehörigen Gesichter. Vor Kurzem hatte er sie zum Sommerfest im St. Marien begleitet, sich dort aber so fehl am Platz gefühlt, dass er sich vorgenommen hatte, solche Events künftig wieder zu meiden. Doch auch das musste Jette nicht unbedingt erfahren.
    »… und wusstest du, dass ein paar von Mikes Freunden eine Rockband gegründet haben?«
    Nein. Das wusste er nicht, und es tat ihm leid,
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