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Der Sommer auf Usedom

Der Sommer auf Usedom

Titel: Der Sommer auf Usedom
Autoren: Lena Johannson
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könnte ihr gefallen. »Ich gehe allerdings prinzipiell nicht mit fremden Männern etwas trinken. Und Sie haben mir Ihren Namen noch nicht verraten.«
    »Das machen Sie genau richtig. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Sehr gut.« Er nickte ernsthaft. »Also dann, vielleicht bis bald.« Er machte einen Schritt über den Baumstumpf hinweg und verschwand zwischen den Sträuchern.
    Jasmin sah ihm nach und musste schmunzeln. Ein wenig kamer ihr vor wie ein zerstreuter Professor, der nur eine Hälfte einer Frage anhörte und schon derart mit der Antwort beschäftigt war, dass er den Rest nicht mehr mitbekam. Und dann diese Ungeschicklichkeit, die eigentlich gar nicht zu seiner sportlichen Figur und den ansonsten geschmeidigen Bewegungen passen wollte. Von diesem Hügel, dem Streckelsberg, erzählte man sich, Störtebeker habe ein Seil über den Weg gespannt, an dem ein Glöckchen befestigt war. Kamen arglose Bürger den Pfad entlang, blieben sie an dem Seil hängen, betätigten ungewollt die Glocke und riefen damit den Freibeuter gewissermaßen zu sich, der sie ausraubte. Wenn dieser Tollpatsch damals gelebt hätte, wäre Störtebekers Plan vermutlich nie aufgegangen. Der hätte das Seil zerrissen, ohne es zu merken, oder den Piraten aus Versehen umgerissen.
    »Da bist du ja endlich. Ab unter die Dusche und dann hinein in den feinen Zwirn, wir haben eine Verabredung.« Gabi hatte sich bereits in Schale geworfen. Sie trug eine festliche schwarze Hose und ein weißes Leinenhemd.
    Jasmin war irritiert. »Habe ich irgendetwas vergessen?« Sie überlegte, ob sie am Vorabend darüber gesprochen hatten, dass sie heute ausgehen würden, aber ihr fiel nichts dergleichen ein. Und mehr als ein Glas Wein hatte sie nicht getrunken.
    »Nein, ist eine spontane Idee. Ein Kunde von mir, für den ich gerade einen Anbau plane, hat heute eine Veranstaltung. Ist doch gerade Musikfestival. Da richtet er jedes Jahr einen Abend mit musikalischen Neulingen aus, denen man eine große Karriere prophezeit. Ich habe in den letzten beiden Jahren teilgenommen. Die Musik war bisher nicht gerade spektakulär. Aber das Drumherum ist nett. Das Ganze findet nämlich in einer Käserei statt, in der es auch Wein gibt.« Sie zwinkerte Jasmin zu. »Sehr guten Wein!«
    »Wann müssen wir los?«
    »In einer Stunde. Ich bestelle uns ein Taxi, dann können wir uns einen richtig schönen Abend machen. Und morgen macheich frei. Du kannst dir aussuchen, was wir dann unternehmen.«
    »Wirklich? Ach, das ist toll, ich freue mich!«
    »Erst beeilen, dann freuen«, ordnete Gabi an.
    »Bin schon weg!« Eigentlich war Jasmin ein wenig enttäuscht, denn sie hatte ihrer Freundin ihr Bild präsentieren und von ihrem Tag erzählen wollen. Nach der eigenartigen Begegnung mit dem attraktiven Tölpel hatte sie zunächst ihre Skizze angefertigt und dann gemalt wie im Rausch. Die Acrylfarben hatten in der Sonne so sehr geleuchtet, dass sie selbst mit Sonnenbrille auf der Nase noch die Augen hatte zusammenkneifen müssen. Um ihre Arbeit nicht zu unterbrechen, hatte sie am Ende sogar das Wasser aus der Flasche zum Ausspülen der Pinsel verwendet, obwohl sie schrecklichen Durst hatte. Es kam nicht häufig vor, dass sie in der freien Natur malte. Noch nie war es ihr gelungen, ein Bild in einem Rutsch und ohne die vertraute Umgebung ihrer kleinen Malecke, die sie sich im Wohnzimmer ihrer Berliner Wohnung eingerichtet hatte, fertigzustellen. Und dann war sie auch noch restlos zufrieden mit dem Ergebnis! Sie konnte es selbst kaum glauben und war entsprechend euphorisch und aufgedreht. Gabi würde Augen machen! Jasmin legte den Kopf in den Nacken und ließ sich lauwarmes Wasser über das Gesicht und den Körper laufen. Sie lächelte vor sich hin. Das war wirklich ein perfekter Urlaubstag gewesen. Dass sie den nächsten mit ihrer Freundin zusammen verbringen würde, steigerte ihre Laune noch mehr.
    »Wie nett, dass Sie kommen konnten«, begrüßte Monsieur Fromage, wie er sich selbst nannte, Gabi. Die stellte Jasmin vor und zog eine Dokumentenmappe aus ihrer riesigen Umhängetasche.
    »Die neuen Pläne sind fertig. Ich dachte, es ist eine gute Gelegenheit, sie Ihnen gleich zu bringen.«
    Der Mann sah beinahe erschrocken auf die Unterlagen, die sie ihm reichte. »Ach je, ja, das ist nett …«
    »Ich wollte sie Ihnen nur schon geben, damit Sie sehen können, ob jetzt alles so ist, wie Sie es sich wünschen. Melden Siesich einfach, und wir machen einen Termin, um in Ruhe darüber zu
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