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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit
Autoren: Garth Nix
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doch war!
    „Du kannst auch gern verhungern“, bellte sie. Tal sah wieder den alten Hass in ihren Augen. Doch dann schaute sie schnell weg und begann, aufgewärmte Stücke Selski-Fleisch zu essen.
    Als sie vielleicht die Hälfte gegessen hatte, wurde Tals Hunger stärker als seine Bedenken. Er griff vorsichtig nach dem Topf. Ohne ein Wort zu sagen gab ihm Milla den Löffel.
    Dieser Vorgang war bezeichnend für die Stimmung der nächsten sieben Tage – zumindest dachte Tal, dass es sieben Tage waren. Im Schloss konnte er die Zeit an seinem Sonnenstein ablesen, aber das war nur eine Stundeneinteilung. Manchmal verlor er jedes Zeitgefühl.
    Doch die Tage waren sowieso alle gleich. Sie marschierten und marschierten und marschierten. Manchmal auf eisigen Anhöhen, dann wieder in Tälern und manchmal in der Ebene. Milla sagte kaum etwas, es sei denn, um Tal Anweisungen zu geben. Alle paar Stunden machten sie eine Pause, um etwas zu essen, sich abwechselnd auszuruhen oder um die Toilette zu erledigen.
    Vor allem die Pausen waren in der Kälte und der Dunkelheit gefährlich. Da sie nur eine Laterne hatten, musste Tal seinen Sonnenstein benutzen, wenn er ein wenig abseits ging, um seine Notdurft zu verrichten – er wollte ja nicht, dass ihm seine wertvollsten Teile abfroren. Er hatte keine Ahnung, wie Milla das anstellte. Höchstwahrscheinlich hatten die Eiscarls ihre eigenen Methoden dafür.
    Einmal kehrte Tal von eben einer solchen Exkursion zurück, als Milla auf ihn zugelaufen kam. Ihre Mottenlaterne hatte sie so abgedunkelt, dass das Licht nur genau vor ihr schien.
    „Versteck dein Licht!“, befahl sie ihm. Sie zog ihn am Arm auf den Boden.
    Tal konzentrierte sich schnell auf seinen Sonnenstein, dämpfte sein Licht und steckte ihn wieder unter seinen Fellmantel.
    „Was ist denn?“, flüsterte er.
    „Merwin“, flüsterte Milla zurück. „Ein großes. Es war auf unserer Fährte, doch ich habe ihm Selski-Fleisch hingeworfen, um es wegzulocken. Wir müssen so schnell wie möglich und mit so wenig wie möglich Licht von hier wegkommen.“
    Tal erinnerte sich daran, wie Milla ihm auf dem Schiff von den Merwin erzählt hatte. Es schien ihm, als lag das schon Jahre zurück.
    „Halt dich an meinem Gürtel fest“, murmelte Milla. Tal griff danach und sie gingen langsam davon. Milla drehte an einem Griff am Boden der Mottenlaterne und dunkelte sie damit weiter ab. Tal konnte jetzt fast gar nichts mehr sehen, doch irgendwie machte es ihm weniger aus als noch vor ein paar Tagen. Er begann sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Und, so musste er zugeben, er gewöhnte sich an Milla. Sie schien die Sache mit dem Blutritual ernst zu nehmen und wollte ihn wohl wirklich sicher zum Schloss bringen. Das war ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu ein paar Tagen zuvor, als sie ihn noch umbringen wollte. Trotzdem war sie nicht mehr als eine Nachfahrin eines geflohenen Untervolks oder etwas Ähnlichem.
    Plötzlich hielt Milla inne und Tal lief beinahe in sie hinein. Sie blieben schweigend in der Nacht stehen. Sie hörten einander atmen, hörten das kalte Keuchen unter ihren Masken, ganz gleich, wie leise sie auch zu sein versuchten.
    Tal spürte, dass Milla etwas Bestimmtes ansah, doch es war zu dunkel und er konnte nicht erkennen, in welche Richtung sie blickte. Er schaute sich selbst vorsichtig nach etwas um, was da in der Dunkelheit stehen konnte.
    Plötzlich erkannte er etwas, doch es dauerte eine Sekunde, bis er sich daran erinnerte, was es wohl sein konnte. Ein langes, schmales Licht von überraschender Helligkeit. Es schien sich von selbst zu bewegen und wogte sanft von Seite zu Seite.
    Das Horn eines Merwin.

 
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
     
     
     
    Das leuchtende Horn war dreimal so lang wie Tal groß war. Es kam langsam näher und näher. Tal spürte, wie Milla ihr Messer zog. Die Speere waren mit dem Schlitten verloren gegangen.
    Ein kurzes Stück geschärften Knochens schien nicht gerade die richtige Waffe gegen eine solche Bestie zu sein; eine Bestie, die Tal und Milla zusammen auf ihr Horn spießen konnte und dann noch genügend Platz darauf hatte.
    So langsam und unauffällig wie möglich griff Tal in seinen Mantel und begann seinen Sonnenstein hervorzuholen.
    Er hatte den Stein fast herausgeholt, als das Merwin endlich entdeckt hatte, wo sie waren. Ein schrecklicher, gellender Schrei durchschnitt die Luft und das leuchtende Horn schoss plötzlich nach vorn.
    Milla rief etwas und stieß Tal zu Seite. Sie lief
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