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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig
Autoren: Katja Hirschel
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in Stimmung, mich mit dir zu befassen – da hast abba mal Glück. Und jetzt nimmst deine Spezis und schleichst di! Host mi!?«
    Nervös blickte sich der Junge nach seinen Freunden um, aber die waren während der Rede des Kommissars schon zurückgewichen.
    »Ich …, ich …«
    »Holt euren Ball und dann ab damit! Passt halt das nächste Mal auf, wohin ihr schießt.«
    Kopfschüttelnd beobachtete Maus, wie die Kinder über die kaum befahrene Straße trotteten, den vermeintlichen Anführer hinter ihnen nicht mehr beachtend.
    »Hallo! Hallo, Sie da!«
    Er hatte gar nicht bemerkt, dass eine Frau neben ihn getreten war. Vermutlich lag sie schon die ganze Zeit neugierig auf der Lauer. Zumindest schien sie der Typ dafür zu sein.
    »Was gibt’s!?«
    »Sie sind also von der Polizei! Das trifft sich ja gut.«
    Nervös strich sie sich über ihren geblümten Haushaltskittel. Maus schätzte sie auf Mitte sechzig. Die Haare waren auf Lockenwicklern und die ganze Kreation bedeckte ein durchsichtiges gelbgrünes Kopftuch, das nicht unbedingt vorteilhaft war. Wissende und vor allem neugierige Äugelein blitzten hinter einer dicken Brille, als sie fortfuhr: »Na, Sie ham’s ja gesehen. Diese Burschen sind frech und vorlaut. Da sollte man mal mit harter Hand durchgreifen!«
    »Schon klar und soeben geschehen!«
    Sie schnaubte missbilligend.
    »Das reicht nicht! Da muss man noch härter durchgreifen. Ich sag’s Ihnen, die tanzen den Eltern auf der Nase rum. Und was kommt dabei heraus?«
    Maus dachte nicht daran, darauf etwas zu erwidern.
    »Da ist ganz viel im Argen hier in unserer Nachbarschaft. Keine Moral, keine Vorbilder, alles verkommt hier immer mehr! Dort drüben der Türke mit seiner ganzen Sippe. Man weiß gar nicht, wie man die Namen aussprechen soll. Sehen Sie nur, die bauen in ihrem Vorgarten Zwiebeln an. Was für eine Schande! Und daneben die Schmitts. Er ist seit Jahren arbeitslos und trinkt den ganzen Tag. Na, den Sohn haben Sie ja grade kennengelernt. Sie – also Frau Schmitt arbeitet wenigstens, um die Familie – fünf Kinder haben die – durchzubringen. Im Supermarkt, glaub ich, wie die Blum. Die wohnt gleich hier nebenan. Auch so ein Beispiel. Der sind schon drei Männer weggelaufen. Man weiß gar nicht, wer eigentlich der Vater von ihrer Brut ist. Kein Wunder also, dass der Sohn ein brutaler Mensch und die Tochter ein stadtbekanntes Flittchen ist. Die sollten Sie mal sehen! Wie die immer rumläuft!«
    Jetzt hatte sie Maus ungeteilte Aufmerksamkeit, jedoch ließ er sich nichts anmerken und fragte mit besonders gelangweiltem Ton: »Ach, und wie läuft sie denn so rum?«
    »Na, eben nicht gerade bedeckt. Aber gestern war sie mal wieder besonders komisch angezogen. Da schau ich doch noch mal abends nach meinem Katerchen – dem Mohrli. Sie müssen wissen, der strawanzt gerne in der Gegend rum, wie Katzen eben so sind. Dabei ist er so ein Lieber und Verschmuster.«
    Das war Folter! Das Letzte, was Maus interessierte, waren die Gewohnheiten des Katers Mohrli.
    »Wie ist Ihr Name, bitte?«
    Irritiert blickte die Frau ihn an.
    »Aber es ist doch nur eine Katze. Und ich bin sicher, dass er nix angestellt hat.«
    »Das meine ich doch nicht! Es geht um Ihre gestrige Beobachtung von Fräulein Blum!«
    »Wieso das denn? Hat sie was ausgefressen?«
    Die Neugier nahm ihr fast den Atem, weshalb sie nur noch hauchen konnte: »Ich hab’s ja geahnt!«
    »Was? Was haben Sie geahnt?«
    Am liebsten hätte Maus sie jetzt geschüttelt. Aber das war nicht nötig, denn die Frau begann gleich weiterzuplappern.
    »Na, dieses ganze spät-aus-dem-Haus-Gehen, wenn die Mutter schläft. Und dann hatte sie gestern dieses komische Kostüm an. So ein Cape, wissen Sie? Und ein paarmal hat sie sich umgedreht, als ob sie Angst hätte, dass ihr jemand folgt. Und dann hat sie da vorne an der Ecke gewartet. Und dann ist ein großes Auto gekommen und hat sie mitgenommen.«
    »Ein Auto? Was für ein Auto?«
    »Hm, ich weiß nicht genau. So ein großes halt, wie sie gerade so modern sind.«
    »Meinen Sie vielleicht einen Jeep?«
    Jetzt strahlte sie ihn an.
    »Ja genau, ›Tschiep‹ heißen die wohl. Na ja, sie wurde übrigens nicht zum ersten Mal um diese nachtschlafende Zeit abgeholt.«
    »Tatsächlich? Wissen Sie, wer am Steuer saß?«
    »Nein, tut mir leid! Aber das geht mich ja auch wohl nix an, oder?«
    Vorwurfsvoll, da er es gewagt hatte, sie als eine neugierige Nachbarin zu sehen, zogen sich ihre Augenbrauen hoch. Für Maus war jedoch klar,
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