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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger
Autoren: Unbekannter Autor
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Stimme war kalt. »Das sind böse Gedanken. Das gefällt mir nicht, Charlie.« »Ich kann mich dagegen nicht wehren, Preacher. Ich liebe dich so«, sagte Charlie. Ihr Kopf sank herunter, sie weinte.
    »Nein«, sagte Preacher und hob ihr die Hände vom nassen Gesicht. »Du liebst Gott. Gott lebt in jedem von uns.«
    »Ich weiß«, sagte sie, immer noch schluchzend. »Aber ist es denn eine Sünde, wenn ich dich haben will?«
    »Nur, wenn es aus Egoismus geschieht«, sagte er.
    Sie setzte sich auf die Fersen zurück und sah auf den Boden. »Dann begehe ich eine Sünde«, sagte sie leise.
    Preacher stand auf. »Dann mußt du Gott bitten, daß er dir deine Sünden vergibt, Charlie.«
    »Wirst du mir vergeben?«
    »Ich kann keine Vergebung gewähren, das kann nur Gott«, sagte Preacher.
    Sie ergriff seine Hand und preßte ihre Lippen darauf. »Es tut mir so leid, Preacher. Sei bitte nicht böse.«
    Er hob sie auf und stellte sie auf die Füße. »So, nun geh aber schlafen. Es ist schon spät, und es gibt eine Menge zu tun morgen.«
    Als der Sergeant am Nachmittag in die Sackgasse einbog, stand die Schiebetür offen. Preacher saß hinter dem Schreibtisch und schrieb.
    »Hallo«, rief der Sergeant.
    Preacher sah auf. »Hallo, Chef.«
    »Störe ich?« fragte der Polizist.
    Preacher lächelte. »Nicht im geringsten.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich hereinkomme?«
    »Nein, nein. Bitte, kommen Sie nur.«
    Wuchtig schob sich der Polizist in den Wagen. »Was schreiben Sie denn da?« fragte er mit einem Blick auf Preachers Notizen.
    »Meine Predigt für morgen«, erwiderte Preacher.
    »Ich habe Sie gestern abend gehört. Sie können wirklich gut reden. In meiner Jugend hätte man gesagt, Sie haben eine silberne Zunge.«
    »Mit den Worten des Heilands zu sprechen ist leicht«, sagte Preacher und lächelte freundlich.
    Der Polizist nickte. »Haben Sie bei Ihrer Kollekte Erfolg?«
    »Oh, ja«, erwiderte Preacher. »Ich glaube, wenn wir heute abend nach Hause fahren, können wir beinahe siebenhundert Dollar mitnehmen.«
    »Ich dachte, Sie wollten auch morgen noch sammeln?« sagte der Sergeant erstaunt. »Am Sonntag ist doch am meisten los auf der Pier. Da kriegen Sie mehr als an jedem anderen Tag.«
    Preacher lächelte. »Da haben Sie recht. Aber es ist auch der Sabbat. >Gott ruhte am siebenten Tag.< Außerdem müssen wir zum Gottesdienst in die Gemeinde zurück.«
    »Aber wenn Sie schon einmal da sind«, sagte der Sergeant, »da ist es doch jammerschade, auf all das schöne Geld zu verzichten.«
    »Ach, so viel brauchen wir gar nicht, Sergeant. Unsere Bedürfnisse sind äußerst bescheiden. Vor allem sind wir hier, um Gottes Wort zu verbreiten.«
    Der Sergeant musterte ihn prüfend. Der Bursche meinte es offenbar ernst. Auch der Polizeileutnant in Los Altos, bei dem er sich heute morgen nach der Kommune erkundigt hatte, schien überzeugt, daß die Leute ordentlich und gesetzestreu seien. Sie hätten eine zwanzig Morgen große Farm weit draußen im Süden der Stadt, und auch die Frau des Leutnants habe dort schon Gemüse und Eier gekauft. Sie müßten wohl so etwas ähnliches wie die Zeugen Jehovas sein oder die Adventisten vom siebenten Tag. Sie verkauften ihre Produkte von Tür zu Tür, verteilten religiöse Broschüren, seien aber niemals aufdringlich, sondern wohlerzogen und friedlich. Soweit, so gut. Aber der Sergeant wußte auch, daß im Polizeipräsidium Informationen über eine große Lieferung Marihuana vorlagen, die angeblich in der Stadt eingetroffen sein sollte. Und die mußte ja von irgendwo kommen.
    »Sind Sie allein?« fragte er. »Wo sind denn die Mädchen?«
    »Die sind mit den Sammelbüchsen unterwegs.«
    »Jetzt weiß ich immer noch nicht genau, wo Sie eigentlich schlafen«, sagte der Polizist.
    »Gehen Sie ruhig mal rüber«, sagte Preacher. »Die Türe ist offen.«
    »Eigentlich wäre es mir lieber, wenn Sie es mir zeigten.«
    »Aber gern«, sagte Preacher. Er stand auf, und der Polizist folgte ihm über die Straße. Die Tür des Lagerhauses war offen.
    Im Innern lagen zehn ordentlich zusammengerollte Schlafsäk-ke auf dem sauberen Fußboden. Ansonsten war der kleine Raum leer. Der Sergeant blickte sich um. Nicht der leiseste Hauch von Hasch lag in der Luft. »Sehr hübsch«, sagte der Polizist. »Wie ich sehe, ist schon alles zum Aufbruch bereit.«
    Preacher nickte. Sie gingen zurück auf die Straße. Als Preacher die Tür wieder schloß, drehte der Sergeant sich um. »Sie haben eine Menge Geld gesammelt«,
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