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Der schwarze Schwan von Scheckenstein

Der schwarze Schwan von Scheckenstein

Titel: Der schwarze Schwan von Scheckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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findet tatsächlich statt“, schlug Mücke vor. „Wir könnten Mauersäge bitten, sie anzuregen.“
„Dann müssen wir auch hin!“ schloß Hans-Jürgen. „Das ginge. Wenn da einige fehlen, fällt es nicht weiter auf.“
    „Die Versammlung muß stattfinden!“ bekräftigte Strehlau. „Damit wir schön Zeit haben.“
    Hans-Jürgen zerriß den Entwurf. Die Sache mußte zuerst in der Folterkammer besprochen werden.
    Während der Teepause gluckten die Mini-Ritter in einer Ecke zusammen und schauten sehr wichtig in die Gegend. „Die planen was! Ich seh’s“, sagte Andi.
    Witzbold Klaus nickte. „Sie haben ihr Streichgesicht aufgesetzt.“
    Nach wie vor trugen die Ritter Schlafanzug. Bächles Essenzen waren hartnäckig.
    An einem der Fenster stand Dampfwalze und schaute hinunter auf die Klamottengirlanden, dann hinauf zum Himmel. Eine Regenwolke hatte genau über der Burg geparkt. „Ich glaub, morgen können wir uns wieder anziehen!“ sagte er laut.
    Selten wurde Regen mit mehr Wohlwollen aufgenommen. So lustig die Ritter die Pyjama-Idee gestern noch gefunden hatten, so lästig war ihnen die Schlabberbekleidung mittlerweile geworden. Sie vermißten feste Gürtel und vor allem ihre Taschen.
    Stephans Blick in die graue Wolke löste einen anderen Gedanken aus: Hoffentlich regnet es nicht die ganze Nacht!
    Während der Arbeitsstunde goß es einmal kräftig und tröpfelte dann leise weiter – ein Wetter, das manchen von nächtlichen Unternehmen abhalten mochte, bei dem sich aber unter der Fahrradpelerine gut rudern ließ, zumal, wenn einen Beatrix mit heißer Bouillon erwartete.
    Frisch gestärkt mit Tabletten in Schaumstoff, einer dicken Suppe, in die Wursträdchen eingelagert waren, machte sich Stephan am Türschloß der Telefonzelle mit dem Schraubenzieher zu schaffen, als sei es locker. Doch Beatrix rief nicht an.

    Es klappte also!
    Beruhigt begab er sich in die Folterkammer, wo der Ritterrat die Streichidee weiterentwickelte. Auch Strehlau war dabei. Er sollte Mauersäge, wie Graf Schreckenstein wegen seiner scharfgeschwungenen, schmalen Nase genannt wurde, für die Bürgerversammlung begeistern. Bei dem Musterschüler würde der Burgherr nicht gleich an einen Streich denken.
    „Gut“, meinte Ottokar. „Strehlau gewinn Mauersäge für die Idee, und der wiederum Bürgermeister Kress. Aber mit welchem Inhalt? Es muß ein Anliegen von öffentlichem Interesse sein.“
    Die Hände im Nacken gefaltet, lag Dampfwalze auf der Streckbank und sagte, als handle es sich um das Naheliegendste: „Furchtbar einfach – Naturschutz am Kappellsee!“
    „Ach du rote Rosa!“ staunte Mücke.
    Genauer wollte es Andi wissen. „Wie kommst du denn da drauf?“
    „Heut nacht auf Wache hab ich ‘n Auto gehört. Auf dem Feldweg vorm Großen Schilf“, berichtete der Muskelprotz. „Stephan ist vor Schreck gleich ins Wasser gefallen.“
    „Falsch! Vor Angst natürlich!“ alberte der und lenkte mit einem Vorschlag von sich ab: „Ich hab dasselbe gedacht, wie Dampfwalze: Wenn das Große Schilf ein Vogelschutzgebiet war, könnt man den Weg sperren.“
    „Sehr gut!“ lobte der vorsichtige Dieter.
    Andi schnippte mit den Fingern. „Ich hab gewußt, es passiert noch was!“
    „Und was ist passiert?“ wollte Ottokar wissen. „Ist das Auto gekommen oder weggefahren?“
    „Keine Ahnung“, antwortete Dampfwalze. „Es hat kein Licht gehabt, und dann war’s auch wieder still.“
    Vorwurfsvoll sah Hans-Jürgen die beiden an. „Seid ihr der Sache nicht nachgegangen?“
    Stephan schaltete schneller: „Na, hör mal“, gab er im gleichen, vorwurfsvollen Ton zurück, „wir können doch unseren Posten nicht verlassen, weil da einer rumkurvt.“
    Diesmal war Dampfwalze auf Stephans Seite. Er nickte zufrieden.
    Die Idee mit dem Naturschutz wurde einstimmig angenommen; das Auto interessierte keinen mehr. Seit es in Wampoldsreute den Campingplatz gab, kam es vor, daß sich ein Urlauber verfuhr.
    „Morgen geh ich zu Mauersäge!“ verkündete Strehlau, stolz, mit dieser Aufgabe betraut worden zu sein.
    „Wenn alles klappt, verfaßt Kress den Aufruf selber!“ freute sich Mücke. „Und wir brauchen uns nicht zu plagen, sein merkwürdiges Amtsdeutsch nachzuahmen.“
    Die Sitzung war beendet. Zufrieden stiegen sie die steile Treppe zum Kreuzgewölbe hinauf. Im Burghof tröpfelte es zwischen den Klamottengirlanden wie durch eine Jalousie.
    Klaus kicherte. „Jetzt weiß ich, was es bedeutet, wenn’s im Wetterbericht heißt:
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