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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
Autoren: Karl May
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begrüße ich sie bei meiner Heimkehr mit äquatorwarmem Händedruck, hänge auf Villa »Bärenfett« meine Hausglocke wieder ein und erkläre hiermit freundlichst, daß vom heutigen Tage an alle frankierten Sendungen wieder direktemang und gerne entgegennimmt
    Euer ostafrikanischer
    Hoppelfrank.
[Fußnoten]
    1 Der berühmte Westmann und frühere Forstgehilfe aus Moritzburg in Sachsen. (Siehe Jahrgang I. des Guten Kameraden »Der Sohn des Bärenjägers«, Jahrgang II. »Der Geist der Llano estakata«, siehe auch Buchausgabe: »Die Helden des Westens«, erschienen im Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft.)

Eine Seehundsjagd
    Ich heiße Fred Sommer, bin ein fleißiger Leser des »Guten Kameraden« und wohne in San Francisco, welches hier kurzweg Frisco genannt wird. Mein Oheim, Ben Sommer, welcher als armer Handlungsgehilfe herübergekommen war und es durch fleißige Arbeit und unbestechliche Ehrlichkeit zum reichen Großhändler und Schiffsreeder gebracht hatte, besaß keine Kinder und bat darum meine im lieben Deutschland wohnenden Eltern, mir, dem ältesten von fünf Geschwistern, die Erlaubnis zu erteilen, ihn zu besuchen und dann vielleicht für immer bei ihm zu bleiben. Nach langem Ueberlegen, Kämpfen und Zögern gingen Vater und Mutter schließlich in Rücksicht auf die mir gebotene Zukunft auf diesen Vorschlag ein; Vater brachte mich nach einem thränenreichen Abschiede von den geliebten Meinen auf das Schiff, und dann ging ich als vierzehnjähriger Knabe zu Wasser nach New York und auf der Pacificbahn nach Frisco, wo der Oheim mich mit ausgebreiteten Armen in Empfang nahm.
    Nachdem das Heimweh leidlich überwunden war, ging’s an die Arbeit, denn »Uncle Ben« war der sehr richtigen Ansicht, daß ich nicht nur etwas, sondern viel, sehr viel lernen müsse, um geschickt zu werden, einst sein Nachfolger zu sein. Ich erhielt nicht nur theoretischen Unterricht, sondern wurde vor allen Dingen auch in die Praxis meines spätern Berufes eingeführt.
     

    Der Oheim ritt weit ins Land hinein, um ganze Ernten und Herden für den Versandt aufzukaufen; er fuhr per Bahn nach den Minen, in die Diggins oder zu den Holzfällern ins Gebirge, um Geschäfte abzuschließen, bei denen es sich stets um bedeutende Summen handelte, und ich mußte ihn auf allen diesen Ausflügen und Reisen begleiten, »denn,« sagte er, »durch das Auge lernt man schneller als durchs Ohr, und nur was man selber sieht, kann man gesehen haben.« Nachdem ich mich in dieser Weise drei Jahre lang auf dem Lande umgesehen hatte, machte er mir zu meiner großen Freude eines Tages die Eröffnung:
     

    »Du weißt, daß ich jährlich einige Walfischfänger und Robbenschläger ausrüste, und sollst auch diese Seite meines Geschäftes praktisch kennen lernen. Eine so lange Zeit, wie ein Waljäger bis zu seiner Heimkehr braucht, mag ich dich jetzt nicht missen; aber ein Robbenschläger ist schon nach drei Monaten wieder da, und so magst du an Bord meines ›Sealskin‹ gehen. Er lichtet in nächster Woche die Anker, und bis dahin haben wir mehr als genug Zeit, deine Ausrüstung zu beschaffen.«
    Seehundsjagd! Robbenschlag! Ich war natürlich ganz begeistert und träumte eine Woche lang in jeder Nacht von Seebären und Seelöwen, mit denen ich im Kampfe lag. Kaum konnte ich den Tag der Abfahrt erwarten. Er kam; der Oheim brachte mich an Bord und empfahl mich der besondern Obhut des Kapitäns. Außerdem wurde mir der alte Bootsführer Harper als Lehrer und Beschützer beigegeben. Er hatte die Hälfte seines Lebens auf dem Wal-und Robbenfange zugebracht und war die geeignetste Person, mir durch Wort und That ein Führer zu sein.
    Während der letzten acht Tage hatte ich möglichst viel über den Seehund gelesen. Diese Bücher und Aufsätze behandelten die Robben vom naturgeschichtlichen oder auch vom rein geschäftlichen Standpunkte aus. Harper aber lehrte mich, sie noch von einer andern Seite zu betrachten. Er liebte die Robben, obgleich er viele Tausende von ihnen erschlagen hatte. Ganz besonders sprach er von ihren großen, schönen Augen, deren Ausdruck demjenigen des menschlichen Blickes gleicht. Er behauptete, daß jeder Hieb, den er nach einem Seehunde führte, zugleich ihn selbst im Innern getroffen habe.
    Um mir zunächst einige allgemeine Bemerkungen zu erlauben, so ist die Naturgeschichte der Robbe wohl jedem »guten Kameraden« so bekannt, daß ich über dieselbe schweigen kann. In den Büchern werden viele Gattungen und Arten aufgezählt,
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