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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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doch zwecklos, daß wir darüber sprechen, Mama", meinte das Mädchen. „Wenn es um Papa geht, kannst du einfach nicht objektiv sein. Er ist dein Idol. Was er auch tat... du fandest für ihn eine Entschuldigung!"
    „Ja, und das tue ich auch heute noch!" erklärte Mrs. Rodrigez. „Als ich ihn kennenlernte, war ich ein Niemand, ein Mädchen, das gezwungen gewesen wäre, in die Fabrik oder auf die Straße zu gehen. Arturo gab mir alles, was ich habe: Geld und Liebe. Soll ich dafür nicht dankbar sein?"
    „Er hat dich betrogen", sagte Janet hart.
    Mrs. Rodrigez machte eine abwehrende Handbewegung. „Er war ein Mann, ein richtiger Mann. Eines Tages wirst auch du heiraten und erkennen, daß es schwierig, ja sogar unmöglich ist, einen Mann zu halten. Sie brauchen gelegentlich einen Flirt, eine Selbstbestätigung."
    „Willst du etwa behaupten, Mabel Reley sei nur ein Flirt gewesen?"
    Mrs. Rodrigez hielt ein kleines, tränenfeuchtes Batisttüchlein in den Händen, an dem sie unruhig zu zupfen begann. „Das verstehst du nicht!"
    „Du hast darunter gelitten. Warum gibst du es nicht zu? Jetzt kannst du es doch sagen!"
    „Wie kannst du nur so sprechen, flüsterte Mrs. Rodrigez, der plötzlich wieder Tränen in die Augen traten. „Dein Vater ist nur wenige Stunden tot, und du. . . du . . ." Ein heftiges Schluchzen unterbrach den begonnenen Satz.
    Janet stand auf. Sie ging zu einem Tischchen, auf dem ein Kästchen mit Zigaretten stand. „Haben die Herren der Polizei schon mit dir gesprochen?" fragte sie und vermied es, der Mutter in die Augen zu blicken.
    Mrs. Rodrigez tupfte sich die Tränen ab. „Natürlich, aber nur ganz kurz. Ich soll morgen zu diesem Mr. Flappan ins Office kommen. Ich finde, das ist eine ziemliche Zumutung! Meinst du, ich sollte mir das bieten lassen? Ich werde vorher mit Dr. Finn, unserem Anwalt, darüber sprechen."
    Janet nahm sich eine Zigarette aus dem Kästchen. Sie steckte sie in Brand und fragte dann: „Wer ist es gewesen, Mama?"
    Mrs. Rodrigez ließ die Hand mit dem Tüchlein sinken und starrte die Tochter verständnislos an. „Wie bitte?"
    „Ich habe gefragt, wer es getan hat! Wer hat Papa getötet?"
    „Ja, woher soll ich das denn wissen?"
    „Was hast du der Polizei geantwortet, als sie diese Frage an dich richtete?"
    „Das gleiche, was ich dir sage. Ich weiß es nicht!"
    „Du hast keine Vermutung?"
    Mrs. Rodrigez atmete heftig. „Es war ein Mörder, ein gemeiner Mörder. Ich bin bereit, den letzten Cent unseres Vermögens zu opfern, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen!"
    „Die Polizei wird ihn finden."
    „Die Polizei!" sagte Mrs. Rodrigez verächtlich. „Die wird gar nichts erreichen."
    „Aus dir spricht Papa", meinte Janet. „Der hat auch immer auf die Polizei geschimpft. Seltsam, wieviel du von ihm angenommen hast."
    „Darauf bin ich stolz. Er war mein Mann, mein Lehrherr."
    „Laß das lieber niemand hören", erklärte Janet und nahm wieder Platz.
    „Ich spreche nur von den menschlichen Dingen", sagte Mrs. Rodrigez. „Arturo war nicht nur klug, er war weise. Von ihm konnte man viel lernen, besonders über die Menschen. Es wäre gut gewesen, wenn du häufiger seinen Rat angenommen hättest!"
    „Papa wäre noch am Leben, wenn er meinen Rat befolgt hätte", konterte Janet.
    „Du bist ein undankbares Geschöpf!" schimpfte Mrs. Rodrigez. „Wie gut, daß Arturo nicht hören kann, daß du ihm in diesen dunkelsten Stunden den Rücken kehrst."
    „Er ist tot, Mama", sagte Janet. Ihre Stimme war müde und flach. „Ich werde ihm niemals vergessen, was er versucht hat, für mich zu sein. Aber ich kann nicht dafür, daß mein Blick schärfer ist als deiner. Er hat mir stets viel Geld gegeben; was ist daran so wunderbar? Er besaß es im Überfluß. Wenn er Zeit für mich hatte, versuchte er sogar zu beweisen, daß er mich gern hatte, aber leider passierte es selten, daß er soviel Zeit fand", schloß sie bitter.
    „Er war ein vielbeschäftigter Mann."
    „Für Mabel Reley hatte er stets Zeit."
    „Das war etwas anderes."
    „Ich glaube, im Grunde deines Herzens weißt du genau, wie bitter Unrecht Papa dir tat. Du hast bloß nicht den Mut, es einzugestehen."
    Es klopfte. Mrs. Rodrigez straffte sich und rief: „Herein!" Die Tür öffnete sich und Mr. Hoogan betrat den Raum.
    Charles Hoogan war ein großer, schlanker Bursche mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Er hatte ein männliches, etwas hartes Gesicht mit dunklen Augen und dunklem Haar. Sein Kinn verriet
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