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Der Schuß im Nachtklub

Der Schuß im Nachtklub

Titel: Der Schuß im Nachtklub
Autoren: Carter Brown
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Al?«
    »Ich…«
    »Sie brauchen es mir nicht zu sagen.«
Sie lächelte mich strahlend an. »Ich sehe es Ihnen ja an, weil Sie so verlegen
sind, und nun haben Sie schon das viertemal auf meine
Beine gesehen, seitdem ich mich hingesetzt habe. Ich habe auch einen besonderen
Namen für das Kleid. Ich nenne es: Erfolg. Würden Sie mich gern küssen,
Al?«
    Ich erstickte fast an einem
Lungenzug und zerdrückte das Ende meiner Zigarette in der Schale.
    »Vater wäre entzückt, zu sehen,
was Sie da tun«, sagte sie. »Diese Schale ist Wedgwood, achtzehntes
Jahrhundert. Und Sie sind der erste, der eine praktische Verwendung für sie
gefunden hat.«
    »Was nun Ihren Bruder
anbelangt«, versuchte ich erneut, »können Sie mir da nicht sagen, warum...?«
    »Wegen Talbot brauchen Sie sich
keine Sorgen zu machen«, sagte sie. »Der stört uns nicht. Das übrige Personal
ist in der Küche, und die liegt ganz hinten im Haus. Sie können mich also ruhig
in Ihre Arme nehmen, Al, wenn Sie möchten. Ein Polizeibeamter hat sich noch nie
mit mir eingelassen. Eigentlich ein ziemlich aufregender Gedanke. Selbstverständlich
müssen Sie diskret sein. Sie dürfen mich küssen und mich umarmen und ein
bißchen mit mir schmusen, aber nicht mehr. Ich brauche etwas Zeit, um mir
darüber klarzuwerden, ob mir weitergehende Avancen Ihrerseits gefallen würden.«
    Ich stand rasch vom Sofa auf
und flüchtete hinter den gegenüberstehenden Sessel. Dort fühlte ich mich ein
wenig sicherer, wenn auch nur ein wenig.
    »Bitte, hören Sie«, flehte ich,
»ich möchte nichts weiter, als Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Wollen Sie mich denn nicht in
Ihre Arme nehmen?« Ihre violetten Augen wurden noch größer. »Finden Sie mich
nicht anziehend? Wäre es Ihnen lieber, ich würde damit anfangen, Sie zu umarmen
und Sie zu küssen?«
    »Es wäre mir lieber, Sie würden
genau dort sitzen bleiben, wo Sie sitzen, und einmal den Mund halten«, fauchte
ich.
    Sie verzog schmollend ihre
Unterlippe. »Nun werden Sie aber unhöflich und brüllen mich an, Al. Haben Sie
denn für Brünette nichts übrig?«
    »Ich finde Sie sehr schön«,
sagte ich. »Ich schätze Brünette, die so schön sind wie Sie. Und ich würde Sie
gern in meine Arme nehmen und Sie küssen — aber das ist ein dienstlicher Besuch
in einer dienstlichen Angelegenheit. Ich bin Kriminalbeamter und werde für die
Zeit, die ich im Dienst bin, bezahlt. Noch etwas unklar?«
    »Ich sehe jedenfalls, daß Sie
ein stark ausgeprägtes Pflichtbewußtsein haben, Al«,
sagte sie. »Ich möchte auch kein Durcheinander in Ihre Wertmaßstäbe bringen —
das könnte sonst zu allen möglichen ärgerlichen Komplexen und zusätzlichen
Neurosen führen. Stellen Sie also zunächst Ihre Fragen, und wenn Sie damit
fertig sind, können wir uns ja dann umarmen und küssen.«
    Sie lehnte sich gegen die
Kissen auf dem Sofa zurück und schlug ihre Beine wieder übereinander.
    »Also los!« sagte sie.
    »Haben Sie eine Ahnung, warum
Ihr Bruder ermordet wurde?« fragte ich langsam, während es mir schwerfiel,
wieder zu Atem zu kommen. »Ich weiß, daß diese Fragen für Sie schmerzlich sind,
aber Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß...«
    »Schmerzlich?« lachte sie
höflich. »Ich fürchte, Al, Sie sind sich nicht im klaren .
Ich habe meinen Bruder von dem Augenblick an gehaßt ,
an dem ich kriechen, und schon lange, bevor ich reden konnte. Er war grausam
und gemein. Sie wissen doch, wie manche kleine Jungen Fliegen die Flügel
ausreißen?«
    »Ja«, sagte ich, »aber...«
    »John gehörte zu den Typen, die
es vorziehen, den Jungen, die den Fliegen die Flügel ausreißen, die Arme
auszureißen«, fuhr sie fort. »Auf diese Weise ließ sich sozusagen ein doppelter
Effekt erreichen.«
    »Na, ja«, sagte ich, »in
gewisser Weise ist es für mich natürlich leichter, Ihnen Fragen zu stellen,
wenn Sie nicht über den Tod Ihres Bruders trauern.«
    »Ich trauere nicht, ich
feiere«, sagte sie. »Wenn ich den Alkohol nicht aufgegeben hätte, wäre ich
jetzt schon betrunken. Alkohol ist ja, wie Sie wissen, Al, eine schwächere Art
Rauschgift. Auch er wird zur Gewohnheit, und ich bin gern von allen
Gewohnheiten und Verdrängungskomplexen frei.«
    »Ausgezeichnet für Sie«,
murmelte ich.
    »Aus dem gleichen Grunde rauche
ich auch nicht.«
    »Aber gegen stürmische
Umarmungen und Küsse haben Sie nichts einzuwenden — solange sie sich in Grenzen
halten?«
    »Das hat mit Gewohnheiten
nichts zu tun.« Sie lächelte. »Das hat
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