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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition)
Autoren: Lisa Ballantyne
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hat mich ein paar Mal gehauen, und das tat weh – vielleicht war es nicht seine Absicht –, und deshalb schubste ich ihn weg.«
    »Ich verstehe. Du hast Ben geschubst. Was hast du gerade gemacht, als der Mann mit dem Hund rief, du solltest aufhören? Hast du Ben geschlagen?«
    »Nein.« Sebastian bekam ein gequältes Gesicht.
    »Sergeant, das wird jetzt langsam sehr ermüdend«, sagte Daniel. »Ich denke, Sie werden feststellen, dass er diese Fragen bereits beantwortet hat. Können wir fortfahren?«
    Sebastian seufzte schwer, und Daniel fing seinen Blick auf und zwinkerte ihm zu. Der Junge lächelte breit und versuchte zurückzuzwinkern, kniff dabei aber beide Augen zu.
    »Ich kann das nicht, guck mal«, sagte er mit fest geschlossenen Augen. »Ich muss es üben.«
    »Lass das jetzt bitte«, sagte der Sergeant. »Seid ihr nach eurer Rauferei zum Abenteuerspielplatz gegangen?«
    Sebastian grinste mit fest geschlossenen Augen, und der Sergeant warf Daniel einen verzweifelten Blick zu. Daniel räusperte sich und berührte Sebastian sanft am Arm.
    »Ich weiß, es ist hart, aber noch ein bisschen, okay, Seb?«
    »Tut dir die Hand weh?«
    »Nicht mehr, danke, es wird besser.«
    »Hat sie geblutet?«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »War sie blut überströmt?» Wieder waren die minzgrünen Augen weit geöffnet.
    Daniel spürte überrascht, dass sein Herz schneller schlug. Er schüttelte den Kopf, straffte die Schultern und beobachtete, wie die Polizeibeamten sich die Lippen befeuchteten, während sie den Jungen musterten.
    »Was geschah, als ihr auf dem Abenteuerspielplatz angekommen wart?«
    »Wir sind hochgeklettert und haben an den Autoreifen gespielt, dann hab ich gesagt, ich wollte nach Hause, weil ich Hunger hatte.«
    »Ich habe hier ein Foto von dem Spielplatz. Wo seid ihr geklettert?«
    »Ich möchte zu meiner Mum», sagte Sebastian.
    »Nur noch ein bisschen, Sebastian. Wir haben deine Mum gebeten, draußen zu warten, und du kannst sie sehen, sobald du uns erzählt hast, was passiert ist», sagte der Sergeant.
    Daniel verstand, was es hieß, ein Junge in Sebastians Alter zu sein und seine Mutter nicht sehen zu dürfen – die Verzweiflung, die er über die erzwungene Entfernung zwischen ihnen empfunden hatte. Er stellte sich vor, auch Sebastian fühlte das.
    »Wenn du kannst, zeige mir, wo ihr geklettert seid«, sagte der Sergeant.
    »Ich weiß nicht«, wimmerte Sebastian. »Ich will zu meiner Mum …«
    Daniel atmete aus und legte seine Handfläche sanft auf den Tisch. »Offensichtlich möchte mein Mandant, dass seine Mutter wieder hereingerufen wird.«
    »Sie hat eingewilligt, nach draußen zu gehen, damit wir ohne sie mit ihm sprechen können.«
    »Er hat das Recht, seine Mutter hier bei sich zu haben, wenn er das möchte. Wenn sie nicht hereinkommt, wird er keine weiteren Fragen beantworten.«
    Die Vernehmung wurde unterbrochen, während ein Beamter Sebastians Mutter holen ging. Daniel verließ den Raum, um auf die Toilette zu gehen, und der Sergeant kam im Korridor auf ihn zu. »Hören Sie, mein Lieber, ich weiß, dass Sie Ihre Pflicht zu tun haben, aber wir beide wissen, was hier auf dem Spiel steht. Ich will Ihnen nicht sagen, was Ihre Aufgabe ist. Ich weiß, Sie möchten ihn im besten Licht darstellen – von der besten Seite das zeigen, was immer er getan hat –, aber der Kleine will die Wahrheit sagen. Er ist ein kleiner Junge, der die Wahrheit darüber sagen möchte, was er getan hat – und Sie müssen ihn das sagen lassen. Er hat es getan; er muss bloß noch sagen, dass er’s getan hat. Sie haben den kleinen zerschmetterten Leichnam nicht leibhaftig gesehen, ich aber. Sie mussten sie ja nicht trösten, die …«
    »Darf ich Sie unterbrechen? Holen Sie seine Mum rein, dann können wir mit der Vernehmung weitermachen. Wenn es bedeutet, dass es länger dauert, dann wird es eben länger dauern.«
    »Der Hauptkommissar hat uns gerade noch mal zwölf Stunden zugestanden.«
    Daniel nickte und steckte die Hände in die Taschen.
    »Damit haben wir Zeit bis Dienstagmorgen vier Uhr, aber wir ersuchen auch das Amtsgericht um mehr Zeit. Wir haben alle Zeit der Welt , lassen Sie sich das gesagt sein.«
    Daniel betrat das Vernehmungszimmer und schlug in seinem Notizblock eine neue Seite auf. Aus der Ecke des Raums starrte sie das Auge der Kamera an.
    »Sie schicken deine Mum gleich wieder rein.«
    »Haben Sie die Leute angemeckert? Ich denke, Sie sind ein guter Anwalt.«
    »Du hast ein Recht, deine Mum zu sehen, wenn du
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