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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle
Autoren: P. G. Wodehouse
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Mr. Beamish.«
    »Das haben Sie auch nötig. Was machen Sie denn überhaupt da?«
    »Es kam unten im ›Roten Huhn‹ zu einigen kleinen Unannehmlichkeiten, und ich wurde von Mr. Finch überfallen. Ich folgte ihm auf der Feuerleiter nach …«
    »Mr. Finch? Sie faseln, Garroway. Mr. Finch ist auf seiner Hochzeitsreise. Er hat seine Wohnung für die Zeit seiner Abwesenheit liebenswürdigerweise dieser Dame überlassen.«
    »Aber Mr. Beamish, ich habe doch eben noch mit ihm gesprochen. Wir saßen an einem Tisch.«
    »Lächerlich!«
    Das Kleid war aus Georges Blickfeld verschwunden, und er hörte, daß die Tür geöffnet wurde.
    »Was ist denn mit diesem Mann, Jimmy?«
    »Er scheint einen Arzt zu brauchen«, sagte Hamilton Beamish. »Er behauptet, er hätte eben George Finch gesehen.«
    »Aber George ist doch weit weg.«
    »Natürlich. Bist du fertig, mein Kind? Dann wollen wir also gehen. Sie brauchen etwas Niederschlagendes, Garroway. Kommen Sie in meine Wohnung hinunter, ich werde Ihnen etwas geben. Und wenn Sie es genommen haben, legen Sie sich ruhig aufs Sofa und ruhen Sie sich aus. Ich glaube, Sie müssen sich bei der Arbeit an Ihrem Gedicht das Gehirn überanstrengt haben. Wer hat Ihnen denn das Auge blau geschlagen?«
    »Das möchte ich auch wissen«, sagte Wachtmeister Garroway sehnsüchtig. »Das geschah während des Durcheinanders im ›Roten Huhn‹. Ich hatte gerade ein Tischtuch über dem Kopf und konnte deswegen nicht die Identität meines Angreifers agnoszieren.«
    »Ein Tischtuch?«
    »Jawohl, Mr. Beamish. Und während ich mich davon zu befreien suchte, schlug mir jemand mit einer Kaffeekanne ins Auge.«
    »Aha! Also, hoffentlich wird Ihnen das eine Lehre sein, daß Sie in Lokalen wie im ›Roten Huhn‹ nichts zu suchen haben. Sie können noch von Glück sagen, daß Sie so davongekommen sind. Na, kommen Sie, Garroway, wir wollen sehen, was wir für Sie tun können.«
4
    George blieb, wo er war. Da er nicht fliegen konnte, gab es für ihn nur zwei Möglichkeiten, von diesem Dach hinunterzukommen – entweder er stieg die Feuerleiter hinunter, was ihn wahrscheinlich in die Arme der Polizei geführt hätte – oder er machte den Versuch, sich über die Treppe hinunterzuschleichen, wobei er aller Wahrscheinlichkeit nach dem rachsüchtigen Garroway in die Hände laufen würde. Hamilton Beamish hatte allerdings dem Schutzmann empfohlen, er solle sich auf das Sofa legen, aber es war keineswegs sicher, daß dieser den Rat auch befolgte. George legte sich also zurecht und versuchte sich die Zeit mit Denken zu vertreiben.
    Er dachte an viele Dinge. Er dachte an seine Jugend in East Gilead und seine Mannesjahre in New York. Er dachte an Molly und seine große Liebe zu ihr; an Mrs. Waddington und ihre unangenehmen Charaktereigenschaften; an Hamilton Beamish und seine selbstverständliche Art, mit Polizisten umzugehen; an Wachtmeister Garroway und seinen Nachtknüppel; an Giuseppe und seine Kaffeekanne … an den Reverend Gudeon Voules und seine weißen Socken. Er dachte sogar an Sigsbee H. Waddington.
    Plötzlich hörte er, daß Schritte näher kamen. Er rollte sich in einen Ballen zusammen und stellte die Ohren auf wie ein Windspiel. Ja, Schritte. Und noch mehr, sie schienen direkt auf die Schlafveranda zuzukommen.
    Das einzige, was er von diesen Schritten hätte sagen können, war, daß sie für einen New Yorker Polizisten zu leicht klangen. Jetzt waren sie zur Tür gekommen. Ja, sie schienen tatsächlich in das Zimmer getreten zu sein.
    Mit dieser Vermutung hatte er recht. Es wurde hell. Und als er die Augen öffnete, sah er ein paar Knöchel in durchsichtiger Seide vor sich.
    In diesem Augenblick stürmte Mrs. Waddington, die eben die Feuerleiter erklommen hatte, über das Dach, legte ihr Ohr an das Schlüsselloch und lauschte gespannt.
5
    Eine kurze Weile konnte George Finch, während er diese letzte Heimsuchung betrachtete, nichts als Groll über die Einfalt des Schicksals empfinden, das nichts Neues zu seiner Qual erfinden konnte.
    Dann wich seine Empörung einer plötzlichen Erleichterung. Die Unterhaltung Hamilton Beamishs mit dem Polizisten hatte ihm klargemacht, daß die Besitzerin der Füße seine alte Freundin May Stubbs aus East Gilead gewesen war, und als er wieder Füße sah, nahm er selbstverständlich an, Miss Stubbs sei zurückgekommen, um sich etwas zu holen, was sie vergessen hatte, Puderquaste, Lippenstift oder etwas Ähnliches.
    Das änderte die Situation natürlich von Grund auf. Er
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